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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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Hilfe. »Ich versichere Ihnen, Johann, wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie gekommen sind, und wissen es sehr zu schätzen. Und ich gebe Ihnen darüber hinaus mein Wort, dass Sie jederzeit wieder unbehelligt gehen können, wann immer Sie möchten.«
    »Danke«, antwortete der Angesprochene leise, »das … das ist sehr freundlich von Ihnen allen.« Er blickte unsicher in die Runde. »Wollen Sie fragen oder soll ich einfach …«
    »Wie weit wissen Sie denn Bescheid über die Situation?«, wollte Paul wissen.
    »Eddy, ich meine Herr Bogner, hat mich auf der Fahrt hierher eingeweiht«, antwortete Johann zögernd, bedacht, nichts Falsches zu sagen. »Wenn das stimmt, was er mir erzählt hat, dann ist das eine unglaubliche Sauerei, Entschuldigung …«
    »Wir sind alle deiner Meinung, Johann«, beruhigte ihn Berner, »und deswegen sind wir hier. Wir brauchen alle Informationen, die wir bekommen können, und Eddy sagte, du bist der Beste.«
    Der Mann nickte geschmeichelt. »Na ja, das will ich nicht sagen … Sprengmittel sind meine Leidenschaft seit früher Kindheit. Ich hab alles in die Luft gejagt, was ich zwischen die Finger bekommen konnte. Von den Kochtöpfen meiner Mutter bis zu Autotanks und Abfalleimern an den Straßenecken, nichts war vor mir sicher. Nebenher habe ich alles an Büchern und Zeitschriften, wissenschaftlichen Werken und Berichten chemischer Labors gelesen, was man in den städtischen Büchereien so bekommen kann. Wir waren arm und …« Er zuckte mit den Schultern. »Dann kam das Internet und seitdem ist es einfacher, Informationen zu bekommen.«
    Valerie lehnte sich vor. »Es geht um Depots von Senfgasgranaten aus dem Ersten Weltkrieg. Ich weiß, dass man nach dem Beginn des Gaskrieges 1915 versuchte, die an die Truppen verteilten Gasmasken zu umgehen, und eine andere Art von Giftgas entwickelte. So entstand Senfgas.«
    Johann nickte eifrig. »Man sagt auch Yperit und ›Gelbkreuzstoff‹ dazu, weil die Granaten mit einem gelben Kreuz gekennzeichnet waren.«
    Paul machte sich eifrig Notizen und der schmächtige Mann kam in Fahrt.
    »Senfgas, oder Dichlordiethylsulfid, ist ein sogenanntes Hautreizoder Kontaktgift, eine sehr toxische, aber auch relativ leicht herzustellende Substanz, die über die Atemwege und über die Haut aufgenommen wird. Es ist ziemlich universell einsetzbar, sowohl in flüssigem als auch in gasförmigem Zustand. Es kann aus Flugzeugen über bestimmten Gebieten versprüht werden, als Bomben abgeworfen oder in Granaten verschossen werden. Für ein Zellgift hält es ziemlich viel aus«, meinte Johann und legte endlich seine Mütze auf den Tisch. »Es riecht wie Knoblauch, Senf oder Kren«, fuhr der Experte fort, »Senfgas gehört chemisch gesehen zu den halogenierten Thioethern.«
    Eddy verschränkte die Hände über seinem ausladenden Bauch und betrachtete seinen Mitarbeiter zufrieden. Berner hob überrascht die Augenbrauen.
    »Senfgas ist gut fettlöslich und dringt darum innerhalb von Minuten über die Haut in den Organismus ein. Es ist allerdings erst nach einer Latenzzeit von mehreren Stunden durch Hautrötungen und Blasenbildungen zu diagnostizieren«, dozierte Johann weiter und blühte sichtlich auf. »Die Hauptwirkung des Senfgases besteht in einer Schädigung der DNA, wodurch es zu einer Hemmung der Zellteilung kommt. Die daraus folgenden Schäden sind die genannten schweren Entzündungen und schwer heilenden Wunden auf der Haut, die wie Verbrennungen mit großen Blasen aussehen. Großflächig betroffene Gliedmaßen beim Menschen müssen meistens amputiert werden. Später kommt es zu Schädigungen der oberen Atemwege und der Lunge, des Nervensystems sowie des Kreislaufsystems. Atmet man die Dämpfe ein, so werden die Bronchien zerstört, es kommt zum Lungenödem und weiter zu Leber- und Nierenschädigung. Ein Spritzer Senfgas im Auge genügt, um zu erblinden und das Auge zu zerstören.«
    Johann sah die entsetzten Gesichter der Gruppe am Tisch.
    »Das ist leider noch nicht alles«, fuhr er fort. »Das Opfer merkt in der Regel die Vergiftung nicht, die Symptome können erst Tage später auftreten. Aufgrund der Hemmung der weißen Blutkörperchen enden ansonsten eher harmlose Infektionen in schweren Erkrankungen. Die Explosionen würden wahrscheinlich das komplette Gesundheitssystem des Landes blockieren, und zwar auf eine lange Zeit, da die betroffenen Patienten monatelang intensivmedizinisch betreut werden müssen, danach unter Umständen jahrzehntelang ambulant. Neben

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