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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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hätten ja Glück haben können. Ich weiß nicht, wen ich noch fragen könnte, du warst der einzige Anwesende, den ich kenne«, meinte Georg enttäuscht.
    »Na ja, ich habe schon noch jemanden erkannt, aus reinem Zufall, weil er einen so charakteristischen Gang hat und ich lange mit ihm in einer Studentenverbindung war …«, gab Meitner zu. »Du kennst ihn sicher auch. Breitenecker vom Institut für Theaterwissenschaften.«
    »Der Breitenecker?«, rief Georg erstaunt aus.
    »Ja, ich bin sicher, er war auch dort. Die Frage ist nur, ob er es zugeben wird.« Meitner lachte. »Nicht alle gehen damit so locker um wie wir.«
    Als Georg die Nummer des Instituts in der Hofburg gewählt hatte, war zuerst Trudi am Apparat und er verlor eine gute Minute mit Smalltalk, bevor sie ihn mit Professor Breitenecker verband.
    »Kollege Sina, wie schön, Sie zu hören!«, tönte die begeisterte Stimme an Sinas Ohr. »Kann ich Ihnen noch etwas zur Geschichte unseres Instituts mitteilen? Sie wissen, ich helfe immer gerne weiter, vor allem so renommierten Kollegen und Absolventen unseres Studienfaches.«
    Georg musste innerlich lachen bei dem Gedanken, wie schnell die Hilfsbereitschaft Breiteneckers verebben würde, wenn das Gespräch auf das Thema Gallitzinberg käme.
    »Es geht heute um etwas ganz anderes«, bereitete Sina das Gespräch vor. »Ich habe gehört, dass wir beide vor einigen Tagen auf der gleichen Veranstaltung in einer herrschaftlichen Villa am Gallitzinberg waren. Ist das möglich?«
    Das Schweigen in der Leitung war Antwort genug. Breitenecker rang offenbar um Worte und um seine Contenance.
    »Ich denke, es ist besser, ich lege jetzt auf«, murmelte Breitenecker.
    »O nein, das werden Sie nicht«, forderte Sina. »Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Kollege«, fuhr Georg fort. »Es liegt mir nichts ferner, als über gewisse sexuelle Vorlieben anderer zu urteilen. Ich bin weder Ankläger noch Richter, mehr noch, es geht mich überhaupt nichts an. Aber hier geht es um mehr als eine gewöhnliche kleine Orgie. Hier geht es um politische Interessen, um Bestechung, um Erpressung und um einen Staatsstreich. Genau darum brauche ich Ihre Hilfe.«
    Breitenecker atmete schwer und konnte sich noch immer nicht dazu entschließen, etwas zu sagen. Aber immerhin blieb er am Apparat.
    »Ich meine es todernst«, sagte Georg und wunderte sich über seine Ruhe. »Sie haben sicherlich die Meldung von der Ermordung des Bundeskanzlers gehört. Nun wird der Bundespräsident unter Druck gesetzt und ich vermute stark, dass es sich um dieselben Leute handelt, die uns am Gallitzinberg für sich gewinnen wollten. Sie können doch keinen Massenmord gutheißen, in wessen Namen auch immer!«
    Breitenecker versuchte ein paar Worte zu formulieren, aber es kam nur ein unverständliches Gurgeln durch die Leitung.
    »Ich möchte wissen, ob Sie an diesem Abend irgendetwas gehört haben, das Ihnen seltsam vorkam, das …«
    Breitenecker unterbrach ihn hastig, fast atemlos. »Ich war ja anfangs begeistert von der Idee … dem Konzept … und der historischen Dimension … Sie dürfen mich nicht falsch verstehen …« Er stotterte, verschluckte in der Eile ganze Sätze. »Diese Abende … ich hielt das alles für eine harmlose Spielerei … es wurden immer mehr … man fühlte sich inmitten von Freunden, die einem stets helfen würden, was immer auch passiert. Es war alles so … verlockend.« Seine Stimme versagte.
    »Mir geht es nicht um Ihre Motivation«, setzte Georg nach, »ich brauche konkrete Hinweise auf bevorstehende Explosionen in der Wiener Innenstadt. Und ich brauche sie jetzt! Es sollen Senfgasgranaten gezündet werden, in dicht besiedeltem Gebiet.«
    Breitenecker keuchte auf. »Sie sind zu weit gegangen, einfach zu weit … all diese Morde, diese Unruhen und Demonstrationen … zu viel Blut, zu viel Blut an unseren Händen.«
    Georg stützte den Kopf in seine Hand und wartete. Alle im Raum sahen ihn gespannt an.
    »Ich … ich werde Ihnen sagen, was ich gehört habe. Sie haben von einem Erstschlag gesprochen, von einem Exempel, das sie statuieren wollen.« Breitenecker hatte sich gefangen und redete immer schneller. »Sie sprachen von einer Nadel Josephs, die zu einem Dorn im Fleisch der Regierung werden sollte, einem Fanal und einem Beweis für ihre Stärke und Entschlossenheit und es sollte die Initialzündung in einer ganzen Kette von Exempeln sein … Der erste Schritt auf dem Weg zur Sonne …« Dann brach er ab. »Sonst weiß ich

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