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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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fragend an, und als der Kommissar nickte, reichte er ihm das Sturmgewehr und ging zu den Männern in den Tarnanzügen. Mit einem starken Griff der gesunden Hand stellte er den Soldaten auf die Füße und schubste ihn vor sich her, bis er vor Berner stand. Es war ein blonder Mann mit kurzen Haaren, einem kantigen Gesicht und wachen Augen, die nun sehnsüchtig die Zigarette in Berners Mund fixierten.
    »Kann ich auch eine haben?«, fragte er. Franz zog eine weitere Filterlose aus seiner Packung, zündete sie an und steckte sie mit den Worten »Smoking kills, aber von Tarnanzügen haben sie nichts gesagt, Herr Offiziersstellvertreter« dem Soldaten zwischen die Lippen. Nach den ersten gierigen Zügen nickte ihm der blonde Mann dankbar zu und musterte dann Berner. »Sind Sie tatsächlich von der Polizei?«
    Seufzend zog Berner seinen Ausweis aus der Tasche und hielt ihn dem Soldaten vor die Nase. »Es wird zwar langsam dunkel, aber Sie sollten das Dienstsiegel erkennen können«, brummte er.
    Der Unteroffizier überlegte kurz. »Was machen Sie dann hier auf diesem Friedhof?«, fragte er lauernd.
    »Eine Katastrophe verhindern«, antwortete Franz ärgerlich anstelle des Kommissars, »bei der Sie genauso draufgegangen wären wie Tausende andere auch. Oder glauben Sie, dass Sie gegen Senfgas immun sind?«
    Der Soldat fuhr zurück. »Senfgas? Wieso …?«, stotterte er und die Zigarette fiel ihm vor Schreck aus dem Mund.
    Berner beugte sich vor, hob sie auf und begann zu erzählen.
    Der alte Güterzugwaggon, der mitten im Tunnel auf den Gleisen stand, hatte etwas Gespenstisches an sich. Es war ein Niederbordwagen für den Transport großer, sperriger Güter, lange vor der Zeit der Container. Seine Speichenräder und das Zeichen der Österreichischen Südbahn auf den fast schwarzen Holzresten wiesen ihn als ein Eisenbahn-Relikt der Monarchie aus, das nie mehr irgendwohin fahren würde. Seine Räder waren lange schon an den Schienen festgerostet, aber der Rahmen schien noch immer stabil genug, um die fünf Lagen Senfgasgranaten zu tragen, die fein säuberlich auf der Ladefläche aufgestapelt worden waren. Die gelben Kreuze leuchteten wie frisch lackiert im Schein der Handscheinwerfer.
    »Nicht näher kommen!«
    Johann stand mit dem Rücken zu ihnen und breitete die Arme aus. »Die haben Bewegungssensoren rund um den Waggon installiert und sie mit der Bombe gekoppelt. Deshalb habe ich auf Sie gewartet, Chef. Das hier können Sie besser als ich.«
    »Wir sind nur kurz aufgehalten worden«, gab Eddy zurück, war aber bereits gedanklich bei den Sensoren, die um den Waggon verteilt waren und deren rote Dioden wie Glühwürmchen in der Dunkelheit leuchteten.
    »Wie spät?«, fragte Eddy, während er den Lichtkegel seiner Taschenlampe rasch über die Gehäuse der Sensoren gleiten ließ.
    »Sieben Minuten vor neun und, Chef, ich habe eine schlechte Nachricht.« Johann klang ganz und gar nicht glücklich. »Ich kann die Leuchtziffern des Zünders von hier aus sehen. Sie haben die Bombe nicht auf zehn, sondern auf eine Stunde früher eingestellt. Wir haben noch knapp sechs Minuten.«
    Eddy stieß die Luft aus wie ein Nilpferd, das aus dem Wasser auftauchte. »Keine Zeit für Finessen. Major Goldmann?«
    Mit einem Schritt stand Valerie neben ihm.
    »Sehen Sie die schwarze Autobatterie im Eck da drüben?«, fragte Eddy und deutete auf einen Akku, der rund fünfundzwanzig Meter entfernt an der Mauer des Tunnels stand und bei dem alle Drähte der Sensoren zusammenliefen. »Das alte Problem der Stromversorgung«, murmelte er. »Wir brauchen einen gezielten Schuss. Kein Strom, keine Sensoren, kein Alarm. Wenn möglich der Pluspol rechts oben.«
    Valerie hatte schon ihre Pistole in der Hand, lehnte sich an die Mauer und atmete aus. Alle Lichtkegel vereinten sich auf der Batterie. Dann krachte der Schuss in dem Tunnel wie ein Donnerschlag, die Batterie explodierte und alle Dioden erloschen.
    Johann verlor keine Sekunde und stürzte zu dem elektronischen Zünder, der zwischen der zweiten und dritten Lage der Granaten direkt an einem Paket Sprengstoff angebracht war. Die grünen Leuchtziffern zeigten die Zahl 219 und zählten jede Sekunde eine Stelle herunter.
    »Niemand bewegt sich und Finger weg von dem Zünder!« Die Stimme kam schneidend aus dem Dunkel und alle fuhren herum. Ein Mann trat in den Lichtkreis der Lampen, eine kurze Maschinenpistole in der einen und eine starke Taschenlampe in der anderen.
    »Spector«, flüsterte Valerie

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