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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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entsetzt.
    »Lassen Sie den Mann arbeiten!«, bat Paul eindringlich, »sonst fliegt hier alles in die Luft!«
    »Das soll es doch auch, Herr Wagner«, antwortete der Agent mit einem abwesenden Blick, »das soll es doch auch.« Seine Waffe schwenkte langsam im Halbkreis und blieb schließlich auf Johann gerichtet. »Sagen wir, dass eine osteuropäische Macht jedes nur erdenkliche Interesse daran hat, dass der Regierungswechsel in Österreich endlich Wirklichkeit wird. Und ich, Yftach Spector, bin geschickt worden, um es geschehen zu lassen.« Er sah sie der Reihe nach an. »Nennen Sie es einen historischen Moment. Ich werde den Lauf der Geschichte verändern.«
    »Sie werden es aber nicht mehr erleben, weil Sie, wir, alle hier, in wenigen Minuten tot sein werden«, stieß Georg hervor.
    »Aber Herr Professor«, lächelte Spector herablassend, »sprengen sich nicht jeden Tag Selbstmordattentäter für einen mehr oder minder guten Zweck in die Luft? Wer hat in seinem Leben schon die Gelegenheit, Geschichte zu schreiben? Wünschen wir uns das nicht alle ganz tief in unserer Seele?« Er schwieg und betrachtete die aufgeschichteten Senfgasgranaten, dann lachte er plötzlich auf. Sein irres Gelächter verhallte in der Weite des Tunnels.
    Die grünen Zahlen auf dem Display des Zünders sprangen in den zweistelligen Bereich.
    »Du kannst deine Seele dem Teufel verkaufen, aber er wird sie nicht haben wollen.« Die Stimme hinter Spector war ruhig, tief und gefasst. Berner drückte dem Agenten mit Nachdruck seine Pistole in den Nacken. »Du wirst ihn dafür schon bezahlen müssen, Judas, mit deinen dreißig Silberlingen.« Der Kommissar klang gefährlich leise und entschlossen. »Johann, mach weiter!«
    Dann geschah alles wie im Zeitraffer. Als Valerie sah, dass Spector unmerklich seine Maschinenpistole hob, lag die Smith & Wesson bereits in ihrer Hand. Ihre beiden Schüsse trafen den israelischen Agenten in die Brust und schleuderten ihn gegen Berner. Mit letzter Kraft drückte Spector auf den Abzug und der Feuerstoß aus seiner Maschinenpistole raste nur wenige Zentimeter an Johanns Kopf vorbei, traf das Holz des Güterwaggons, den Metallrahmen, und einige der Geschosse prallten singend an den Senfgasgranaten ab, um als Querschläger in der Ziegelwand des Tunnels zu enden.
    Johann hatte die Luft angehalten und sich nicht bewegt, aber jetzt riss er mit beiden Händen das Sprengstoffpaket zwischen den Granaten heraus, drückte es an sich, schnappte einen Handscheinwerfer und sprintete los, den Waggon entlang, in die Dunkelheit und immer weiter.
    Alle standen wie erstarrt und sahen dem schmächtigen Mann nach, dessen Lampe wie ein Irrlicht in der Röhre des Tunnels tanzte und schnell kleiner wurde.
    Dann war es still und niemand wagte zu atmen. Als der Feuerball der Detonation kam, war er kleiner als erwartet, aber die darauffolgende Druckwelle rauschte wie eine massive Wand aus Luft, Staub und Lärm durch den Tunnel und fegte sie alle von den Beinen.
    Tschak jaulte laut auf und stürmte in Panik los. Als Georg sich benommen aufraffte, nach ihm rief und dem kleinen Hund hinterherschaute, traten neun bis an die Zähne bewaffnete Soldaten in Tarnanzügen, ihre Sturmgewehre im Anschlag, in den Lichtkreis der Handscheinwerfer. Ihr Gesichtsausdruck war grimmig und entschlossen. Georg sah die Handgranaten an ihrem Gürtel, sank zurück und schloss erschöpft die Augen. Jetzt ist alles vorbei, dachte er resignierend, aber wir haben es wenigstens versucht.
    Berner war mit dem Hinterkopf hart gegen das Granitpflaster geprallt, als der Körper des israelischen Agenten nach Valeries Schüssen auf ihn gestürzt war. Dann war die Druckwelle über ihn hinweggefegt, gerade als er sich wieder aufrichten wollte, hatte ihn erneut zurück auf den kalten Boden gedrückt und ihm den Atem geraubt. Jetzt endlich spürte er, wie das Gewicht Spectors auf seiner Brust leichter wurde und wie etwas Nasses immer wieder über sein Gesicht fuhr. Eine helfende Hand zog den toten Körper beiseite, und als Berner die Augen öffnete, blickte er in das besorgte Gesicht von Burghardt, der neben ihm kniete, und in die Augen von Tschak, der ihm die Wangen leckte.
    »Willkommen in der Hölle, Burgi«, ächzte der Kommissar und hielt sich den Kopf, »ich bin froh, dich hier zu sehen, glaub mir.« Dann schob er vorsichtig Tschak weg und streichelte ihn kurz.
    »Aber die Soldaten … ich dachte, du wolltest …« Burghardt schaute fassungslos auf die schwer bewaffneten

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