Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
Vom Netzwerk:
Aber das musste Valerie auf später verschieben. Ständig schlugen Kugeln in den Baumstamm ein, der ihr als Deckung diente.
    Da zischte es plötzlich, eine Flammenspur zog über den Friedhof und eine dumpfe Explosion erschütterte den Wald. Einer der Bäume über den Angreifern knickte um wie ein Streichholz und krachte direkt vor den Soldaten auf den Boden. In das Rauschen der Blätter ertönte Berners wütende Stimme durch ein Megafon.
    »Hier spricht die Polizei. Lassen Sie sofort die Waffen fallen und kommen Sie mit erhobenen Händen heraus. Ich möchte dem Warnschuss keinen gezielten folgen lassen, aber glauben Sie mir, ich hätte keine Bedenken, es doch noch zu tun. Sie haben fünf Sekunden, um sich zu ergeben.«
    Raketenwerfer, grinste Goldmann. Eddy, dieser Teufelskerl, hatte doch tatsächlich einen aufgetrieben. Sie hatte ihn als letzten Punkt auf die Wunschliste geschrieben und war sich dabei ziemlich albern vorgekommen.
    Als die Soldaten nach einigen Augenblicken mit erhobenen Händen aus ihren Verstecken kamen, waren Georg, Paul, Walter und Manfred bereits hinter ihnen und sammelten die Waffen ein. Minuten später lagen die Männer in den Tarnanzügen gefesselt nebeneinander, aufgereiht zwischen den Gräbern, und Berner versuchte eine Abholaktion zu organisieren.
    »Was soll ich mit neun Soldaten machen?«, zeterte Burghardt am anderen Ende der Leitung. »Wie stellst du dir das vor, Bernhard?«
    »Ach was, nimm sie wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt fest«, erwiderte Berner, »bis morgen früh wird kein Hahn nach ihnen krähen und dann kannst du sie zu Mittag wieder laufen lassen. Du wirst doch noch eine freie Zelle finden und wenn nicht, dann ruf einfach Dr. Sina an.« Burghardt wollte etwas einwenden, aber Berner legte einfach auf.
    »Burgi ist ja ganz nett, aber man darf ihm nicht zu viel Zeit zum Nachdenken geben«, brummte er zu Eddy, der gerade den Verwundeten verarztete. »Schlimm?«
    Eddy schüttelte den Kopf. »Kaum der Rede wert, nur ein Durchschuss am Oberarm. Das hält Franz schon aus.«
    »Du bist der Theaterexperte?«, fragte Berner den muskulösen Mann mit dem Drachentattoo, das nun schichtenweise unter einem Verband verschwand. Franz nickte und verzog keine Miene, als Eddy den Verband festzog.
    »Tut mir leid, dass wir dich zu keiner erfreulicheren Aufführung eingeladen haben«, stellte Berner trocken fest und Franz winkte stoisch ab.
    »Wir haben gewusst, worauf wir uns einlassen«, sagte er nur und zog sein T-Shirt wieder an. »Aber vielleicht wird das Programm im Laufe des Abends besser, Kommissar«, lächelte er dann und nahm dankend die Zigarette an, die Berner ihm anbot.
    Valerie steckte ihre Pistole ein und blickte sich suchend nach Yftach Spector um. Als sie ihn nirgends entdecken konnte, lief sie rasch zum Mercedes zurück und schaute die Kahlenberger Straße hinauf und hinunter. Niemand war zu sehen. Der israelische Agent war spurlos verschwunden.
    Die Treppen, die hinter dem Kreuz durch die Klapptür in die Tiefe führten, waren eng, glitschig und nass. Während Walter und Manfred als Wachposten am Eingang zurückgeblieben waren, stiegen Paul, Georg, Eddy und Valerie mit Handscheinwerfern vorsichtig die Stufen hinunter. Ihre Schritte hallten in dem kühlen und feuchten Gang, in dem es nach Moder und feuchter Erde roch.
    »Das ist aber kein Abstieg in eine Gruft«, stellte Wagner nach mehr als dreißig Stufen fest. »Dazu sind wir schon zu tief in der Erde.« Und noch immer war kein Ende der Treppe abzusehen. Weiße Pilzfäden hingen von der Decke, die alten Ziegel, aus denen der Gang gebaut worden war, hatten sich schwarz verfärbt und stellenweise wucherte ein seltsames Geflecht zentimeterdick und bedeckte die Steine.
    Dann tauchte mit einem Mal eine offen stehende, verrostete Metalltür im Lichtkegel von Georgs Taschenlampe auf. Er hatte die Spitze der kleinen Gruppe übernommen und kämpfte gegen seine klaustrophobischen Anfälle, indem er die Lampe hektisch hin und her schwenkte. Valerie bildete den Schluss, gleich hinter Eddy, der fast die gesamte Breite des Ganges ausfüllte.
    »Johann muss hier durchgekommen sein, es gab bisher keine Abzweigung«, murmelte Sina und trat durch die Tür. Ein Gang, der im Gegensatz zur Treppe völlig trocken war, führte rund zehn Meter gerade in den Berg hinein, bevor er einen Rechtsknick machte. Alte elektrische Leitungen liefen an der Decke, alle paar Meter an antiquierten Porzellan-Isolatoren befestigt. Ehemals weiße, runde

Weitere Kostenlose Bücher