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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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Scheinwerfer des Pizza Expresss schnitten durch die Finsternis und der Asphalt der B 4 in Richtung Horn leuchtete wie ein graues Band aus Stahl. Die Kurven erstrahlten kurz im Licht, bis sich der Lichtkegel über den Feldern oder im Wald neben der Landstraße verlor. Wie ein Stroboskop aus kurzen, weißen Bändern blitzten die Leitlinien neben dem Wagen auf, den Paul konzentriert und schnell in Richtung Norden lenkte. In den Hügeln und Senken des Weinviertels huschten helle Fenster, Straßenlaternen und die beleuchteten Kirchen alter Ortschaften vorbei. Georg blickte nachdenklich aus dem Fenster und betrachtete den Mond und die Sterne auf dem dunkelblauen Nachthimmel, Tschak lag auf seinem Schoß und schlief.
    Das wäre wieder so eine perfekte Nacht für ein Rendezvous, dachte Sina und seufzte. Eine grauschwarze Wolke bekam vom Mond einen silbernen Rand verliehen, wie eine Auszeichnung oder einen Heiligenschein. Ich wäre schon mit einer netten Begleitung zufrieden und einem kühlen Glas Bier, ging es Georg durch den Kopf, und es muss gar nichts mit heilig zu tun haben …
    Paul war ebenfalls ganz in Gedanken verloren. Sein Blick war nach vorne gerichtet, und doch schien er etwas anderes als die Straße vor Augen zu haben. Sie waren zwei Mal dem Tod entkommen, aber die Nacht war noch nicht zu Ende und bis morgen um zehn … Der Pizza Expresss röhrte durch die Nacht und außer einigen gemächlich hoppelnden Hasen waren die Straßen völlig leer. Sie kamen rasch voran, viel schneller, als Sina es erwartet hatte, oder auch nicht … Er lächelte. »Normalerweise braucht man von Wien nach Kleinwetzdorf so um die fünfundvierzig Minuten …«, kommentierte Sina, »aber ich könnte meinen Zopf verwetten, dass du es in knapp dreißig schaffst.«
    Wagner lächelte und nickte. »Aber nur mit vier Reifen, mit zwei gib mir zehn weniger …«
    »Alter Angeber«, brummte Georg, wandte sich wieder der vorbeifliegenden Landschaft zu und sah den Kirchturm von Ziersdorf. »Jetzt sind wir gleich da. Nur noch durch diesen Ort durch, der nächste ist schon Wetzdorf. Du kannst langsam zur Landung ansetzen …«
    »Ich weiß, Herr Professor, ich war bereits einmal da, da haben Monsieur noch geschlafen, während ich schon gearbeitet habe.« Paul bremste und blieb vor einer roten Ampel stehen. Weit und breit war kein anderes Fahrzeug zu sehen. Er sah Georg an. »Oder glaubst du, ich hätte sonst die Telefonnummer von diesem Butler, diesem Nachtigall, bekommen? Ein Glück, dass er und seine Frau uns reinlassen, sonst hätten wir um diese Zeit ein Problem gehabt, ins Schloss oder in die Gedenkstätte zu kommen.«
    »Bei der Gedenkstätte hätte ich weniger Bedenken. Einmal hopp über den Zaun und fertig, aber beim Schloss … Du hast recht. Ich wusste gar nicht, dass du auch einen guten Eindruck hinterlassen kannst.« Georg deutete auf die nun grüne Ampel und Wagner startete durch wie bei einem Rennen.
    »Könntest du mir in der Zwischenzeit bitte etwas erklären? Ich denke die ganze Zeit drüber nach, komme aber nicht dahinter und das lässt mir ehrlich gesagt überhaupt keine Ruhe.«
    »Was denn?«, gab Sina zurück. »Ich habe schon bemerkt, dass dich irgendetwas beschäftigt.« Er schaute interessiert zu seinem Freund hinüber.
    »Warte, ich bleibe da drüben auf dem Parkplatz des Oldtimermuseums gegenüber vom Schloss stehen. Da können wir reden.« Der Reporter steuerte den Mazda auf den weitläufigen Schotterplatz und stellte den knallbunten Wagen hinter ein paar mannshohen Gebüschen in den Schatten der Laternen. »Herr und Frau Nachtigall müssen ja noch nicht wissen, dass wir schon da sind«, kommentierte er knapp, stellte den Motor ab und wandte sich an Georg.
    »Du kannst dich sicher erinnern, besser als ich. Ich vergesse so was in der Regel gleich wieder …« Paul lächelte und wies auf das Gebäude vor ihnen. »Wir waren vor vier Jahren bereits einmal zusammen hier, weißt du noch? Bevor die Sache mit Clara passiert ist.« Wagner verstummte kurz. »Wir haben zu viert einen Ausflug gemacht, auf die Landesausstellung, die damals hier abgehalten wurde. Du, Clara, ich und … Ach, wie hieß sie noch mal …?«
    Georg nickte. »Ja, ich erinnere mich. ›Lauter Helden‹ hieß dieses Durcheinander von Ausstellung …«
    »Ich kann mich dunkel erinnern, dass ganz oben, auf der zweiten Ebene der Ausstellung, wo es um den Ersten und Zweiten Weltkrieg ging, etwas über den Kahlenberg gehangen hatte. Ein Bild oder so etwas? Weißt du

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