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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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Lampenschirme mit leeren Fassungen baumelten in regelmäßigen Abständen an Wandhalterungen, über und über mit Spinnweben bedeckt.
    »Habt ihr eine Ahnung, was das hier einmal war?«, fragte Valerie und ließ den Strahl ihrer Taschenlampe über die regelmäßigen Ziegelwände gleiten. Alle schüttelten nur stumm den Kopf.
    »Vielleicht ein alter Weinkeller und wir haben den lang verschollenen Seiteneingang gefunden«, scherzte Paul.
    »Das ist mir auch ein völliges Rätsel«, meinte Georg und folgte dem Gang um die Ecke. In der Ferne hörten sie Tschak bellen. Sina pfiff kurz und wenige Augenblicke später schoss der kleine Hirtenhund aus dem Dunkel und umkreiste sie schwanzwedelnd.
    »Bring uns zu Onkel Johann, Tschak«, befahl Eddy und verstummte überrascht, als der Hund kehrtmachte und wieder in dem Gang verschwand, aus dem er gekommen war.
    Valerie schaute auf die Leuchtzeiger ihrer Uhr. Es war genau 20:38.
    »Also dann, auf was warten wir noch?«, fragte Paul und übernahm die Führung. Nach wenigen Metern knickte der schmale Gang nach links und mündete dreißig Meter später in einen Tunnel, der sich links und rechts in der Dunkelheit verlor.
    »Wohin jetzt?«, fragte Eddy, doch Tschaks Bellen war ein unüberhörbares Signal und so wandte sich die kleine Gruppe nach rechts.
    Der Tunnel war erstaunlich breit, mit quadratischen Granitsteinen gepflastert und völlig trocken. Valerie spürte einen Luftzug auf ihrem Gesicht, der aus der Richtung kam, in der Tschak verschwunden war. Sie leuchtete auf die Decke, suchte nach den Abluftschächten und stolperte dabei über verrostete Straßenbahnschienen, die in der Mitte des Tunnels verliefen.
    »Täusche ich mich oder zieht es hier?«, fragte sie Eddy, der neben ihr ging und sie mit sicherem Griff davor bewahrt hatte, hinzufallen.
    »Ziemlich heftig sogar«, gab dieser nachdenklich zurück.
    Der Tunnel machte einen weiten Bogen und führte leicht bergab, tiefer in den Kahlenberg hinein. Da kam ein fahler Lichtschein in Sicht und Tschak war mit einem Mal wieder da, lief zwischen ihren Beinen durch und schnüffelte an den Pflastersteinen.
    Georg beneidete ihn um seine Unbekümmertheit. Im großen Tunnel rückten die Geister der Dunkelheit wieder näher heran, und was sie weiter vorne erwartete, das war sicherlich um keinen Deut besser. Ganz im Gegenteil.
    Als die kleine Gruppe in das Innere des Kahlenberges aufgebrochen war, hatte Berner sich auf eine Grabplatte unterhalb des kopflosen Jesus gesetzt und wartete darauf, dass Burghardt endlich mit seinem Transporter eintreffen würde, um die Soldaten abzuholen. Es wurde langsam dunkel und die Nacht kam aus Osten über das Donautal in die Stadt.
    Franz tauchte hinter einer Kapelle auf, das Sturmgewehr im Arm, und setzte sich neben den Kommissar. Er zog eine Schachtel Zigaretten aus der Jacke und hielt sie Berner hin.
    »Nach dieser Geschichte werde ich versuchen, mir das Rauchen abzugewöhnen«, brummte Berner, fischte sich eine der Filterlosen aus der Packung und beäugte sie argwöhnisch. »Sind das die Lungentorpedos, für die ich sie halte?«
    Franz nickte. »Geht direkt ins Blut, ohne Umwege.«
    Berner sah sich um. »Was für ein Glück, dass Rauchen auf Friedhöfen noch nicht verboten ist. Aber das kommt sicher auch noch«, grummelte er, riss ein Streichholz an der Grabplatte an und inhalierte. Der Hustenanfall folgte auf dem Fuße.
    »Das ist keine Zigarette, das ist ein Mordanschlag«, keuchte Berner, »gib es zu, Franz, du bist ein Agent der Pensionsversicherung.«
    »Sie sind nichts gewöhnt, Herr Kommissar«, gab Franz ungerührt zurück, »in der Packung sind sowieso nur zwanzig Steuerbescheide, in die ein wenig Tabak gewickelt wurde.«
    Berner musste lachen. »Wie geht’s deinem Arm?«
    »Der wird schon wieder«, meinte Franz, »Bewegung in frischer Luft soll ja guttun. Ist mal was anderes als die Werkstatt.«
    »Ihr seid ein eingeschworener Haufen …«, begann Berner.
    »… mit einem Chef, der ein Herz aus Gold hat«, vollendete Franz den Satz. »Ohne ihn wären die meisten von uns schon wieder hinter Gittern oder tot. Familie, pünktliches Gehalt, ein geordnetes Leben, das alles hätte es ohne Eduard Bogner für mich nicht gegeben, niemals nicht. Da ist ein Loch im Arm ein kleiner Preis.« Franz runzelte die Stirn. »Mich ärgert nur, dass jetzt mein Tattoo hin ist.«
    Einer der Soldaten, die gefesselt unweit auf dem Boden zwischen den Gräbern lagen, meldete sich lautstark zu Wort. Franz sah Berner

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