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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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schuldig.«
    »Auf dem Heldenberg ruhen drei Helden in ewiger Ruh, nicht wahr?«, wechselte Georg das Thema. »Pargfrieder ist hier begraben und er lieferte als Heereslieferant die Schuh. Richtig?«
    »Richtig!«, bestätigte Nachtigall.
    »Wer waren dann die zwei anderen? Wer lieferte die Schlachten?«, fragte nun Paul.
    »Die Feldmarschälle Radetzky und Wimpffen«, erklärte der alte Mann bereitwillig. »Die drei Herren haben hier im Schloss oft zusammen Karten gespielt, Tarock. Wir besitzen sogar noch das Kartenspiel und Radetzkys Hausmütze.«
    Er lachte sein seltsam gackerndes Lachen. »Wissen Sie, in Österreich sagt man nicht umsonst ›verschuldet wie ein Stabsoffizier‹. Herr Pargfrieder hat, so behauptet es zumindest die Legende, die Spielschulden der beiden Feldmarschälle quasi über Nacht beglichen und glauben Sie mir, es war keine Kleinigkeit. Nach heutigen Maßstäben handelte es sich um eine Summe in Millionenhöhe. Dafür forderte Herr Pargfrieder eine Gegenleistung, ein Versprechen von den beiden Offizieren.« Nachtigall machte eine effektvolle Pause und schaute erwartungsvoll seine beiden nächtlichen Besucher an. »Im Gegenzug willigten sie ein, sich hier auf seinem Grundstück, in seinem Heldendenkmal und an seiner Seite bestatten zu lassen.«
    »War das ein Handel oder war ihre Freundschaft wirklich so eng?«, fragte Paul.
    »Das waren die besten Freunde«, sagte der Butler. »Herr Pargfrieder war sogar mit der Tochter des Feldmarschalls Radetzky auf Reisen. Wenn das kein Vertrauensbeweis ist …«
    »Ohne Zweifel. Insbesondere ohne zuverlässige Verhütungsmittel …«, murmelte Paul und dachte sich seinen Teil dazu. Er fragte sich, wer dieser Pargfrieder wohl wirklich gewesen war, dass ihm ein so hochrangiger und adliger Vater, gerade in Zeiten, in denen so penibel auf eine standesgemäße Erbfolge und die Ehre geachtet wurde, bedenkenlos seine Tochter anvertraut hatte.
    Nachtigall warf Wagner einen abschätzigen Blick zu. Für derartige Zoten fehlte ihm das Verständnis und er drängte zum Weitergehen. Er marschierte los, ohne sich nochmals umzudrehen, und bog um die Ecke in den nächsten Flügel.
    »Das hier ist der Festsaal«, meinte er nach dem Aufschließen einer weiteren Tür, »ab und zu findet hier eine Feier unter Freunden statt.«
    Der eher niedrige Raum war mit dunkelroten Stofftapeten verkleidet, der helle, auf Hochglanz polierte Parkettboden glänzte. Wagner wurde unweigerlich an die Gruft unter dem Rennweg erinnert. Einziges Möbelstück im Saal war ein abgedeckter Flügel. »Der Boden ist frisch versiegelt, wir können also nicht hinein.« Nachtigall warf einen misstrauischen Blick auf Tschak und wandte sich zum Gehen.
    »Sagen Sie, können Sie eigentlich Klavier spielen?«, fragte Georg unvermittelt und deutete auf das verhüllte Instrument.
    »Ja. Aber jetzt ist es mitten in der Nacht und ich werde Ihnen daher keine Kostprobe geben können.« Dabei sah der Butler Sina alarmiert an.
    »Auch mit verbundenen Augen?« Der Wissenschaftler ließ nicht locker.
    Der alte Mann rang nach Luft. Seine Augen huschten hin und her, er suchte verzweifelt nach einer Antwort.
    »Das geht uns nichts an«, kam ihm Paul zu Hilfe und runzelte die Stirn. Dann warf er Georg einen vielsagenden Blick zu. »Mein Freund liest ein bisschen zu viel, wissen Sie.«
    »Aha …«, stieß Nachtigall verstört hervor. Dann fing er sich wieder. »Kommen Sie, es ist spät. Sie wollen den Heldenberg ja auch noch sehen und ein alter Mann wie ich muss beizeiten ins Bett …«
    »Wir wollen Sie auch gar nicht über Gebühr beanspruchen«, beschwichtigte ihn der Reporter. »Ist der Park noch erhalten? Also so, wie Pargfrieder ihn anlegen ließ?«
    »Leider nein!« Der Butler verzog das Gesicht. »Die Anlage ist nur noch ein verstümmelter Torso. Von den Gebäuden sind aber alle erhalten. Sie wurden 2005 für die Landesausstellung aufwendig renoviert.«
    »Der Garten wurde zerstört?« Sina war enttäuscht, aber auch der erhaltene Rest vermittelte ihm einen guten Eindruck davon, wie das komplette Kunstwerk auf seine Betrachter gewirkt haben musste.
    »So kann man das jetzt auch wieder nicht sagen …« Der Butler war ein wenig verlegen. »Pargfrieder ließ in seinem Schlosspark rund hundertneunundsechzig Büsten und Standbilder von Heerführern, Generälen, Soldaten, aber auch von Geistesgrößen aufstellen. Wir haben hier heute noch die meisten. Aber die zweiundzwanzig Büsten der Geisteshelden und andere Skulpturen

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