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Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz

Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz

Titel: Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
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Stich gelassen worden. Da hatte sie ein Misstrauen wie ihr Vater …
    Gerhard suchte auf dem Handy nach den Fotos, hielt es Jonas unter die Nase.
    Der nahm es, beugte sich gleichzeitig mit Mara darüber. »Interessant. Mehr kann man natürlich erst sagen, wenn das Bild analysiert ist.« Er blickte Gerhard an. »Könnten Sie das Bild bitte gleich an unser Büro mailen? Hier, auf der Visitenkarte steht meine E-Mail-Adresse.«
    Gerhard nahm die Karte, fing zu tippen an, übereifrig jetzt.
    Ariane machte große Augen, in Blau sah das besonders niedlich aus. »Simon Einstatt ist also auch tot«, murmelte sie. »Ich kann es noch nicht fassen. Erst kürzlich hab ich mit ihm gesprochen.« Ariane schluckte, hustete, trank einen Schluck Tee. Wieder Husten. Noch ein Schluck.
    »Er wohnte im selben Ort wie du, nicht wahr?«
    »Das allein war es nicht. Der Bertram Verlag wollte seine Geschichte als Schispringer groß raus bringen. Regionaler Superstar, das wollten die vermarkten.«
    »Da haben sie offenbar schnell auf die neue Situation reagiert«, meinte Berenike.
    »Wie meinst du das?«, fragte Ariane.
    »Das Buch wird nicht erscheinen.«
    »Das Projekt war schon seit einer Weile abgesagt.« Ariane griff nach der Tasse, drehte sie in der Hand.
    »Aus welchem Grund denn?«
    »Die Sache ist ihnen zu heiß geworden. Simon, das wisst ihr, ist aus dem Rennzirkus ausgestiegen. Es hieß zwar vorübergehend, aber … Er war in psychologischer Betreuung. Hatte Essstörungen und was weiß ich noch alles. Sein Therapeut, der Anton Saller, hat ihm das Schreiben empfohlen. Als er nicht recht weiter gekommen ist, hat er mich angesprochen. Ich glaub, dass er mit der Therapie nicht wirklich glücklich war und sich deshalb zum Schreiben entschlossen hat. Vielleicht hat ihm der Saller nicht helfen können, scheint eine taube Nuss zu sein, was man so hört, auch wenn er noch so auf Kunsttherapie macht. Und da kam der Simon halt auf mich, mein Haus steht unweit der Schischule, in der er unterrichtet, seit er nicht mehr aktiv im Kader ist.«
    »Unterrichtet hat.«
    »Unterrichtet hat.« Ariane wischte sich über die Augen. »Simon wollte mit seinem Buch was bewirken. Er wollte nix schönfärben. Der Simon wollte ehrlich über alles berichten. Nichts hätte er verschwiegen, auch nicht die Schattenseiten hinter dem großen Glanz.«
    Ein Gast kam an ihrem Tisch vorbei, blieb bei den letzten Worten ruckartig stehen, lauschte kurz. »Habt’s keine anderen Sorgen?«, murrte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. Als niemand antwortete, ging er weiter Richtung Ausgang.
    »Simon war schon mit 14 ein Star, die große Hoffnung der Adler.« Ariane sah sich in der Runde um. »Und auf einmal war er weg vom Fenster. Wisst ihr, wieso? Er hat mir seine Medaillen gezeigt, die Pokale, das ganze Glitzerzeug. Die Wand, volltapeziert mit Zeitungsartikeln und Siegerfotos. Aber was hat er davon gehabt?«
    Etwas klirrte bei der Theke, Hans ging nachsehen.
    »Seine Eltern haben ihn von klein auf trainiert, schon damals zum Star gemacht. Er hat mir geschildert, wie er auf jeden Fall starten musste, egal, wie er sich gefühlt hat. Ich hab den Simon für seinen Mut bewundert, wie offen er über alles geredet hat. Trotzdem hätte ich den Auftrag am liebsten abgegeben, weil ich mit einem Hobbyjäger nichts zu tun haben wollte, einem begeisterten noch dazu.« Ariane verzog das Gesicht, schüttelte sich unwillkürlich. »Der Verlag hat mich genötigt, weiter zu machen. Es gab einen aufrechten Vertrag, und meine Gründe waren nicht schwerwiegend genug, um diesen aufzulösen, ich hatte schon einen Teil des Honorars bekommen – den hätte ich zurückzahlen müssen. Also haben wir uns zusammengerauft. Ich habe gehofft, dass er einsieht, wie sehr das Quälen von Tieren bei der Jagd Unrecht ist. Und dann war plötzlich alles obsolet. Weil dem Verlag die Sache zu heiß wurde.«
    »Warum haben sie ihre Meinung plötzlich geändert?« Berenike zog die Füße aufs Sofa und lehnte sich zurück. Ihr Arm schmerzte zum Glück nur, wenn sie die Schulter bewegte. Jetzt sehnte sie sich doch nach einer Dusche, nach ihrem Bett, nach Ruhe. Nach der Nähe von Jonas – vielleicht. Und den Katzen. Natürlich.
    »Der Bertram Verlag wollte ein locker flockiges, positives Buch über einen Star haben, sonst nichts. Ein Aushängeschild unserer, ach so tollen, Heimat. Darin sollten keine Probleme angesprochen werden. Schon seine Magersucht war ihnen ein Dorn im Auge. Aber dass er von sexueller

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