Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz
Bergretter in ihren Uniformen mit dem grünem Kreuz und dem Edelweiß drängten sich zusammen. Der älteste von ihnen, dem die grauen Haare wild vom Kopf abstanden, gähnte unverhohlen. »So eine Nacht möcht ich nimmer erleben. Selten was Schlimmeres gesehen in den über vierzig Jahren, die ich jetzt im Einsatz bin.«
»Habt ihr bis jetzt nach weiteren Opfern gegraben, Klaus?«, fragte Helmut einen jüngeren Retter, der neben ihm stand. Unruhig schob er eine Packung Zigaretten auf dem Tisch hin und her.
»Na, was heißt! Und dann finden wir nur Tote, das ist schlimm«. Der als Klaus angesprochene seufzte, seine Stimme klang hell. »Noch dazu so seltsam wenig bekleidete.« Er schüttelte sich, als würde er frieren.
»Kann die Wucht der Lawine den Opfern die Kleidung weggerissen haben?«
»Na, ich weiß nicht …«, meinte der ältere Retter zweifelnd.
»Darf ich euch noch was bringen?« Hans hielt den Wasserkocher hoch.
»Gern noch eine große Kanne Ingwertee«, bat der Grauhaarige.
»Der wärmt, gell, Fabian?«
»Ich hätt’s nicht gedacht. Mir ist immer noch kalt. Gegen so ein Wetter kann dir das beste G’wand nicht helfen. Hoffentlich werd ich nicht krank. Normal bin ich nicht anfällig, aber nach so einer Nacht …« Fabian schüttelte den Kopf, während er sich über seine grauen Bartstoppeln strich.
»Ist viel los am Berg heuer, was?«
»Wem sagst das. Wir sind ständig im Einsatz. Momentan ist die Lawinengefahr besonders groß, größer als die letzten Winter. Die Leut nehmen kaum noch Rücksicht, sind sehr unvorsichtig. Nicht einmal erst hat es Fahrerflucht nach einem Unfall auf der Schipiste gegeben.« Fabian versuchte, seine grauen Haare zu glätten – erfolglos. »Der pure Leichtsinn auf den Pisten. Oder noch schlimmer, abseits der Pisten. Die Lawinensuch-Piepserl verwenden auch die wenigsten. Dabei könnten die echt Leben retten.«
»Weiß man schon, wer die Opfer sind?«, fragte Helmut und ließ dabei seinen Tee nicht aus den Augen, in dem er schon die längste Zeit rührte.
»Zwei junge Männer und ein Paar um die 40«, mischte sich der Jüngste der Partie ein. Er strich sich eine wilde blonde Strähne aus dem gebräunten Gesicht. Um seine Augen lagen dunkle Ringe, die ihn seltsam tragisch aussehen ließen.
»Das Paar ist gerade übers Eis spaziert, als die Lawine herunter kam«, übernahm Fabian wieder das Wort mit heiserer Stimme. »Zum Glück sind die beiden gesehen worden, so haben wir gleich gewusst, dass wir auf Höhe der Post nach ihnen suchen müssen.« Er legte seine Hände um die Teetasse, die Hans eben wieder füllte.
»Trotzdem haben wir sie zu spät ausgegraben.« Dem Jüngeren fiel erneut eine Strähne über die Augen, unwirsch zerrte er daran und wollte sie hinters Ohr stecken, wofür sie aber zu kurz war, sodass sie nicht hielt. »Wir haben sie nur mehr tot bergen können.«
»Markus, wir haben alles getan, was wir konnten, das weißt du!« Fabian legte dem Blonden eine Hand auf die Schulter. Der blieb einen Moment starr stehen, machte einen Schritt zur Seite.
Fabian ließ den Arm sinken. »Das Eis ist eingebrochen, somit war die Ausgangssituation schwer.«
»Natürlich«, machte Markus. Ein Hund kläffte. Erst jetzt bemerkte Berenike den Bernhardiner, der ebenfalls das Abzeichen der Bergrettung am Halsband trug und entspannt zu Füßen der Männer lag. Berenike füllte in der Küche eine Schüssel mit Wasser und stellte sie ihm vor die Nase. Der Hund sah freudig auf und begann zu schlabbern. Alle grinsten kurz.
»Aber die Kopfverletzungen der jungen Männer!«, Markus wurde als Erster wieder ernst und griff stöhnend zu seiner Tasse Tee. »Und die Spuren an den Handgelenken – glaubt ihr wirklich, das kommt vom Absturz in Schnee und Geröll?«
Die anderen zuckten mit den Achseln. »Kann sein«, murmelte einer.
»Wer sind denn nun die Toten?«, mischte sich Berenike ein.
Die Bergretter sahen sich an. Ein pummeliger mit dicken Wangen grinste. Der jüngste, den die anderen Markus genannt hatten, wurde rot.
Berenike runzelte die Brauen. »Was ist?«
»Die sind auch ein Paar«, platzte Markus unwillkürlich heraus. Ein paar andere verzogen grinsend die Mundwinkel.
»Der Markus weiß Bescheid«, erklang es dröhnend von weiter weg, der Rufer war nicht auszumachen.
»Warst du am End selbst mit ihnen unterwegs, Markus?«, ging es durcheinander.
»Deshalb warst du so schnell am Unfallort.«
»Aber …« Markus wurde noch röter und fing zu stottern an.
»Geh,
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