Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz
okay.« Jonas hob kapitulierend die Hände. »Es gibt Ermittlungen, die legt man lieber zu den Akten«, hauchte er in Berenikes Haar, während sein Blick wieder die Katzen suchte. Spade und Marlowe feierten schnurrend ihren Sieg und rollten sich wieder ein. Jonas erhob sich, ließ das Hemd über die Schultern gleiten und auf den Boden fallen. Berenike zupfte und zog an ihm, bis er zu ihr ins Bett fiel.
»Wo ist denn Dr. Watson?«, fragte sie schläfrig.
»Ich habe ihm noch was zu fressen gegeben. Wahrscheinlich tut er sich daran gütlich.«
»Dann ist es gut.«
»Was macht deine Schulter, Nike?«
»Hm, geht so.«
»Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht!« Er knabberte an ihrem Ohr, als hätte er Hunger. Ein Schatten huschte herein, warf sich auf das Bett. Dr. Watson, sehr präsent sah er sich das Geschehen zwischen Decken und Polstern mit seinen grünen Augen an.
»Ja, um dich hab ich mich auch gesorgt«, flüsterte Jonas ihm in das eine lauschend gespitzte Ohr. Etwas knirschte auf dem Dachboden. »Aber jetzt …«
Jetzt läutete ein Handy. Jetzt! Und es war nicht Berenikes Klingelton.
22.
Ceylon Tee
Das schrille Läuten, das Jonas als Rufton verwendete, war unverkennbar. Es hörte sich wie ein alter Wecker an. Er ließ Berenike los, setzte sich auf, rupfte an seiner Hose, die noch auf dem Sessel lag, kramte endlich das Mobiltelefon hervor. »Ja, Lichtenegger?«
Müde sah er jetzt wieder aus, müde und verletzlich. »Oh nein, nicht jetzt.«
Berenike zog sich die Decke zum Kinn. Es war kalt in der Wohnung, die Heizung hatte wohl schon auf den sparsameren Nachtbetrieb umgestellt. Sie kuschelte sich unter das dicke Federbett, das sie im Ausseerland zu schätzen gelernt hatte.
»Nicht schon wieder. Natürlich. Bin gleich unterwegs.« Jonas beendete das kurze Gespräch und ließ die Hand mit dem Telefon sinken. »Ein Einsatz, Nike, es tut mir so leid«, hauchte er in ihr Ohr. Sie zitterte. Spade hob müde den Kopf – ansatzweise Ermittlung, na ja. Marlowe reagierte gar nicht, so gut kannte er die Einsätze von Berenikes Liebstem bereits. Schade, dass sie jetzt wieder auf ihn warten musste …
»Was ist los?«
»Willst du das wirklich wissen?«
»Ja. Hat es … mit den Morden zu tun?«
»Es gibt offenbar weitere unklare Todesfälle. Ob sie zusammenhängen mit den anderen beiden, weiß ich nicht. Deshalb haben sie mich gerufen. Später weiß ich mehr.«
»Ach. Oh.« Sie sah ihm zu, wie er sein Hemd zuknöpfte, die Hose anzog. Im Licht der kleinen Nachttischlampe warfen seine Bewegungen große schwarze Schatten. Sie griff nach seinem Arm, strich mit der Rückseite ihrer Hand über seine behaarte Brust, wo das Hemd noch offen stand, und machte ihm die Knöpfe an den Manschetten zu. Er fing ihre Hand ein, drückte sie und beugte sich zu ihr herunter, sodass seine halblangen Locken ihre Wange berührten. Wieder dieses Gefühl von Feuer. Seine Zunge strich ihre Lippen entlang, spielte mit ihrer. Ein langer Kuss und dann war er weg, der Herr Abteilungsinspektor. In der Tür hielt er inne, drehte sich noch einmal um. Hob eine Hand, drückte einen Kuss darauf, hauchte ihn ihr zu. Flüsterte: »Ich komme auf jeden Fall zu dir, egal, wie spät es wird!«
»Tschüss! Sei vorsichtig!«
Ein kühler Luftzug wehte herein, als die Wohnungstür polternd ins Schloss fiel. Von draußen war Frau Gasperls hohe Stimme zu hören, dann ein paar heiser dahin gemurmelte Worte von Jonas. Berenike löschte die Lampe und drehte sich im Bett herum. Sie lauschte in die Dunkelheit. Ihr Körper spürte die plötzliche Einsamkeit, ihr Bauch fühlte sich so heiß an wie ihre Schenkel. Haut, die berührt werden wollte. Verdammt, wer wusste, wann er zurück sein würde?! Sie streichelte die Katzen und stellte sich den Weg vor, den Jonas durch die Dunkelheit nahm. Sie hatte gar nicht gefragt, wo er erwartet wurde.
Irgendwann schlief sie ein. Träumte von einem Braunbären, der behäbig durchs Ausseerland zog, über die Dirndl Alm und durch die Täler, das Seeufer entlang. In ihrem Traum war es Frühling und das massige Tier hielt nach einer Bärendame Ausschau. Dabei blickte er drein wie der Teddy, der Berenike an den düsteren Tagen ihrer Kindheit oft Gesellschaft geleistet hatte – nur ihm hatte sie manches Mal gestattet, bei ihr zu bleiben, wenn wieder einmal die Welt unterzugehen drohte. Weil ihr Vater mit dem Leben nicht zurechtkam, sich mit den Großeltern stritt oder mit ihrer Mutter oder sonst was. Der Braunbär in
Weitere Kostenlose Bücher