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Narrentod

Titel: Narrentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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gewonnen«, bestätige ich ihre Einschätzung.
    »Dann kann ich also auf Sie zählen ?« , sagt Frau Murer.
    »Ja, das können Sie, Frau Murer. Vorausgesetzt, die Redaktion akzeptiert meinen Artikel .«
    »Ja, ja, klar .«
    Eine dunkelhäutige Krankenschwester betritt leichtfüßig den Raum.
    »Wollen Sie etwas trinken, Frau Murer ?« , fragt sie in breitem Bernerdialekt.
    »Ja, gern, Schwester.«
    Ich nutze die Gunst der Stunde und erhebe mich, um das Krankenzimmer zu verlassen. Ich reiche Frau Murer die Hand.
    Sie hält sie fest und blickt mir vielsagend in die Augen. »Ich will Sie noch etwas anderes fragen, Herr Feller .«
    Ich warte. Auch, dass sie meine Hand wieder loslässt.
    »Können Sie mir verraten, warum man Fabian ausgewechselt hat ?«
    »Werden Sie erst wieder ganz gesund. Dann können Sie das ihren Exmann selbst fragen«, schlage ich ihr vor, verabschiede mich und flüchte aus dem Seuchentempel.

22
    Längst wäre es an der Zeit.
    Zeit für eine Aussprache mit meinem Assistenten. Was hat er inzwischen in Erfahrung gebracht? Ich rufe ihn an.
    »Der gewünschte Mobilnetzteilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar«, verkündet eine weibliche Stimme in mehreren Sprachen. Aber so lange warte ich gar nicht.
    Wo treibt sich Jüre nur wieder herum? Ich brauche ihn. Jetzt sofort. Es ist Mittwoch Nachmittag , 15.45 Uhr.
    Ich parke mein Moped direkt vor dem Schaufenster von Wifus Projektraum für zeitgenössische Kunst und schlendere in die Kaffeebar Alte Oele. Auch hier umfangen mich Wände in südlichem Terracotta, wie im Freienhof. Zeitgemäßes Einheitsdesign eben. Wenigstens habe ich hier noch kein Fulehungbild entdeckt. Von der Decke hängen pseudobarocke Prunkleuchten aus Messing. An den Lüsterarmen reflektieren schwere Glasperlen das warme Licht. In krassem Gegensatz dazu buhlen riesige Lüftungsrohre, die an eine Tiefgarage erinnern, um die Aufmerksamkeit der irritierten Gäste.
    Ich bestelle eine Stange, pflücke mir im reich assortierten Zeitungsständer den Bund und setze mich mit dem Rücken zum Eingang an die Bar. Aus dem Hintergrund erklingt gedämpfter Jazz. Ich kenne mich zu wenig aus. Keine Ahnung, wer spielt, aber die Musik gefällt mir. Ich erkundige mich bei der Bardame. Sie hat auch keine Ahnung, weiß aber immerhin, wo die CD -Hülle liegt, und reicht sie mir. The Sultan’s Picnic von Rabih Abou-Khalil. Nie zuvor gehört. Ich notiere mir den Titel auf den weißen Rand der Zeitung und zerre das Stück ab, sobald ich glaube, von der Bardame nicht beobachtet zu werden. Dennoch wendet sie beim hellen Zischlaut des reißenden Papiers verwundert den Kopf. Dann leere ich das Glas zur Hälfte und versuche erneut, Jüre zu erreichen. Dieses Mal mit Erfolg.
    Ich trinke mein Bier aus und bestelle nochmals zwei Stangen. Die Bardame fragt ungläubig nach: »Zwei ?«
    »Jawohl, schöne Frau«, bestätige ich cool, als wär das bei mir so Sitte. Nach einer Viertelstunde trudelt mein Assistent ein.
    »Da, dein Bier, prost Jüre«, verkünde ich großzügig.
    »Klar. Abgestanden hab ich’s am liebsten«, mault er.
    Undankbare Welt.
    »Wie weit sind wir ?« , frage ich.
    »Ziemlich weit, glaube ich«, antwortet er.
    »Ja?«
    »Doch, schon. Ich weiß jetzt, wer der Schüler war, der im ersten Stock nachsitzen musste .«
    »Nämlich?«
    »Es handelt sich um einen Kevin X .«
    »Wer soll das sein ?«
    »Egal, irgendein HMS -Schüler, der mit der ganzen Sache mit Sicherheit nichts zu tun hat. Angeblich hat er auch mit der Schule weniger zu tun, als es die Absenzenordnung vorsieht .«
    »Und was ist mit dem verpassten Rendezvous mit Melanie Eichenberger ?« , frage ich weiter.
    »Das besteht kein Zusammenhang. Melanie ist definitiv die Freundin von Radomir. Jedenfalls aus ihrer Sicht. Er hat nach seinem anstrengenden Einsatz an der Seite des Fulehungs entweder das Treffen vergessen oder andere Prioritäten gesetzt .«
    »Das würde Melanie wahrscheinlich ungern hören«, sage ich.
    »Vermutlich. Die Flammen der Leidenschaft scheinen ohnehin eher einseitig zu flackern. Ich habe mitbekommen, dass sich Radomir verschiedentlich über Melanies Schwimmring unter ihrem nabelfreien Shirt lustig gemacht hat .«
    »Solche Pölsterchen fallen in der weit geschnittenen Bluse der Kadettenuniform glücklicherweise weniger ins Gewicht«, meint Jüre.
    »Wie charmant.«
    »Es kommt noch charmanter. Giovanni dürfte bei Radomir die besseren Karten haben, als sie Melanie für sich zu erhoffen wagen darf .«
    »Gerede. Mit dem

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