Narrentod
Dummermuth hat seine Tracht Prügel etwas schlecht dosiert. Das ist alles .«
»Dummermuth? Ich habe vor zwei Stunden den Fulehung interviewt und dazu mit Herrn Eichenberger gesprochen, noch bevor er dann seinen sonderbaren Zusammenbruch gehabt hat .«
Ach du dicke Sch… Jetzt hat sich der Stapi doch noch verquatscht! Ich verdrehe verzweifelt meine Augen und trete ihn unter dem Tisch ans Schienbein. Er errötet und hat sofort verstanden. Ist es bereits zu spät?
»Ähm, ja, Sie haben natürlich recht, Frau Wenger. Ich meine Fabian Eichenberger. Beat Dummermuth ist der zweite Darsteller. Er hat letztes Jahr den Narren gemimt«, erklärt Rüfe.
»Ja eben. Ich erinnere mich gut. Ich habe damals mit ihm ein Fotoshooting gemacht. Dieses Jahr ist der andere an der Reihe. Ich frage mich höchstens, ob es geschickt ist, dass er ausgerechnet dann die Rolle spielt, wenn seine Frau das Präsidium des Kadettenvereins innehat und die Tochter zum Kadettenhauptmann erkoren wird ?« , bemerkt sie.
»Ja, da haben Sie vielleicht nicht ganz unrecht«, melde ich mich zu Wort, bevor der Stapi einen weiteren Fehler begeht.
Immerhin. Es scheint sich zu bestätigen, dass die schreibwütige Journalistin noch nichts von Dummermuths Ableben erfahren hat. Eichenbergers Spitalisation ist ihr glücklicherweise keine Zeile wert. Vielleicht auch aus Rücksicht auf seine ungestörte Genesung.
»Worüber wollen Sie denn jetzt Ihren Artikel verfassen, Frau Wenger ?« , frage ich.
»Tja. Ich würde gerne ein Foto Ihrer Verletzung machen, Herr von Siebenthal. Ich wäre bereit, den Artikel dann so zu formulieren, dass das Bild die Harmlosigkeit der Attacke belegt und der Fernsehbeitrag relativiert wird. So gewänne mein Beitrag den Charakter einer Richtigstellung. Ich denke, daran könnten Sie auch interessiert sein, Herr von Siebenthal ?«
Der Stadtpräsident blickt fragend zu mir. Ich nicke zustimmend.
»Haben Sie sonst noch ein Anliegen, Frau Wenger? Ich will die Pressekonferenz nicht vorzeitig abbrechen, wäre aber froh, wenn wir nicht mehr allzu lange dafür benötigten. Ich habe gleich anschließend einen weiteren Termin«, erklärt er dann.
Damit hat er seinen dummen Versprecher wiedergutgemacht, finde ich. Frau Wenger geht auf seinen Vorschlag ein. Sie hat keine weiteren Fragen. Rüfe lässt sie noch das Foto schießen. Danach bedankt sich Frau Wenger, enteilt in die Redaktion und hinterlässt eine zarte Duftwolke mit leicht holziger Basis, blumiger Mitte und fruchtigem Abgang.
Kaum hat die Reporterin das Büro des Stadtpräsidenten verlassen, meldet sich Hauptmann Geissbühler mit besorgter Stimme: »Eichenbergers Zusammenbruch scheint doch kein Zufall zu sein .«
Rolf von Siebenthals Telefonapparat ist auf Mithörfunktion gesellt.
»Sagen Sie so was nicht, Herr Geissbühler«, rät der Stadtpräsident.
»Gerade habe ich vom zuständigen Oberarzt erfahren, dass bei der Blutuntersuchung eine Überdosis eines blutdrucksteigernden Medikamentes nachgewiesen werden konnte. Der Mediziner hat mir gegenüber sein Arztgeheimnis gelüftet, weil höhere Interessen gelten und ein Zusammenhang zwischen Dummermuths Tod und Eichenbergers Problem nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Ich weihe Sie meinerseits ein, weil ich die Zusammenarbeit im Fall Dummermuth als hilfreich erlebe. Natürlich ist meine Information vertraulich. Angeblich hätte die verabreichte Dosis problemlos ausgereicht, den ohnehin gestressten Eichenberger umzubringen. Nur dank der Ersten Hilfe und der sofortigen Einlieferung ins Spital konnte der Exitus des zweiten Fulehungs verhindert werden .«
Der Stapi und ich schauen uns entgeistert an. Was uns der Hauptmann da mitteilt, schlägt dem Fass den Boden aus. Wo gärt die Wut? Wer taumelt in besinnungslosem Wahn durch unser Städtli? Was steckt hinter diesen Attentaten auf unsere Leitfigur? Soll mir doch bitte mal einer reinen Wein einschenken!
31
Die Aussprache mit der Rektorin findet doch noch statt.
Obschon mit Eichenbergers Hirnschlag alles in einem neuen Licht erscheint, wollen Jüre und ich Frau Barben-Bigler wie vorgesehen befragen. Die ursprüngliche Konfrontation mit unserer Täterhypothese fällt dabei allerdings weg. Barben-Biglers mutmaßliches Verschulden verblasst vor den neuen Tatsachen.
Wir haben sie dazu bewegen können, den Kadettenball frühzeitig zu verlassen und in einer halben Stunde an Jürg Lüthis Privatadresse zu erscheinen. Jüre wohnt mit seiner vergötterten Gattin in einem Mehrfamilienhaus
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