Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)
Einmarsch als Narro teilnehmen müssen. Wir haben uns Sorgen um ihn gemacht«, erklärte Bäuerle.
»Und dafür haben Sie sich gleich Verstärkung mitgebracht, wie?« Müller musterte kurz Hummel und Riesle, wandte sich dann aber wieder Bäuerle zu: »Sie kannten Berger?«
»Ja, klar. Was ist denn mit ihm?« Didi Bäuerle tat so, als wäre er völlig ahnungslos.
»Heinrich Berger wurde vergangene Nacht umgebracht«, antwortete Müller.
Bäuerle mimte den Überraschten. Hummel starrte währenddessen auf sein Handy. »Martina hat sich immer noch nicht gemeldet«, sagte er dann zu seinen Begleitern.
7. SCHNECKENHÄUSCHEN
Es gab eine Menge, worüber sich Kommissar Müller an diesem Montagmorgen in seinem Büro ärgerte. In einem Punkt verband sich sogar beruflicher mit privatem Groll: Seine Befürchtungen wegen des geplanten Urlaubs waren ihm vom Polizeipräsidenten bestätigt worden. Solange der Narrenmord nicht aufgeklärt war, würde er hier festsitzen. Das hatte ihm sein Vorgesetzter ziemlich deutlich erklärt. Das wiederum würde Auswirkungen auf den Hausfrieden haben, denn seine Gattin freute sich schon seit Weihnachten auf die Fahrt nach Österreich.
Wie erklärte man ihr das am schonendsten? Müller überlegte hin und her, doch seine Gedanken schweiften schließlich zu einem anderen Punkt ab. Was ihm der Polizeipräsident nämlich verschwiegen hatte, war, dass sein Assistent Brüderle seinen Urlaub genehmigt bekommen hatte.
Das hatte er erst vor wenigen Minuten durch einen simplen Klebezettel erfahren, den Brüderle ihm auf den Schreibtisch gelegt hatte. Darauf wünschte er »gute Ermittlungen« bis zu seiner »baldigen Wiederkehr«.
Müller blickte auf den gegenüberliegenden Schreibtisch, den Brüderle vor seinem Verschwinden fein säuberlich aufgeräumt hatte, und auf den verlassenen Stuhl – wie die anderen Möbel gehörten sie zur Serie »Bror«. In Zeiten der Eigenbudgetierung hatten sich die Beamten des Kommissariats im großen Stil bei der Freiburger Filiale eines schwedischen Möbelhauses eingedeckt.
Die Kaffeemaschine war einer der wenigen Gegenstände, die nicht von diesem Hersteller stammten. Und die Heizung natürlich, die nie so richtig funktionierte. Entweder sie weigerte sich, ihren Betrieb überhaupt aufzunehmen, oder sie bollerte – so wie heute – so stark los, dass man nackt am Schreibtisch sitzen oder die Tür aufmachen musste, um zumindest etwas Wärme auf den Gang entweichen zu lassen. Müller entschied sich ohne Umschweife für die zweite Option.
Schon zwei Tassen Kaffee zuvor hatte er sich seines Jacketts entledigt und saß nun im Hemd da. Er blickte sich in seinem fensterlosen Büro um und betrachtete die jüngst aufgehängten Fotos des Landesvaters und des Bundespräsidenten, doch keiner von ihnen gab ihm genügend Inspiration zur Beantwortung der Frage, warum er sich gerade so fühlte, als sei er am Anfang vom Ende seiner Karriere angekommen.
Er nahm seine Brille ab und polierte die Gläser, während er zu dem Schluss kam, dass Kollege Brüderle daran schuld war. Der Oberkommissar schien beim Polizeichef einen Stein im Brett zu haben. Zumal er auch beim aktuellen Fall vor Müller am Fundort der Leiche gewesen war.
Und wer hatte in der Hülle dieser Narrenmarsch-CD einen Zettel gefunden, den er seinem Vorgesetzten erst Stunden später präsentiert hatte? Brüderle.
Ein kleiner Trost für ihn war, dass der offensichtlich gar nicht so viel Wert darauf gelegt hatte, in den Urlaub zu gehen. Er wollte sich wohl lieber weiter profilieren.
Allerdings hatte Brüderle eine Frau, die mehr Haare auf den Zähnen als Müller auf dem Kopf besaß und die sich wohl wieder mal gegen ihn durchgesetzt hatte. »Schlappschwanz«, murmelte Müller, goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein und griff dann in seine Schublade, aus der er etwas Ungewöhnliches herauszog: mehrere kleine Schneckenhäuschen.
Auch die schienen etwas mit dem Fall zu tun zu haben, auch die hatte Brüderle im Keller von Bergers Haus entdeckt. Bei einer genaueren Untersuchung hatte Brüderle in einem der Schneckenhäuschen einen Zettel gefunden, der eingepackt war wie ein Glückskeks in einem chinesischen Restaurant.
»69. Elzach. Tanz mit dem Schuttig«, hatte darauf gestanden.
Während Müller selbst zum Begriff »Schuttig« gar nichts eingefallen war, hatte Brüderle wieder einmal triumphiert.
»Schuttig – das ist die Hauptfigur der Elzacher Fasnet«, hatte er geprahlt.
Müller seufzte: Für die Lösung
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