Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)
betrachtete misstrauisch den schwitzenden, keuchenden und nach Alkohol riechenden Hubertus und vergewisserte sich: »Sie sind wirklich der Vater des Kindes?«
Hubertus nickte. »Ja, natürlich, das ist mein Kind.«
Während er verhinderte, dass die von Elke angeforderten Akupunkturnadeln zum Einsatz kamen, intensivierte sich Martinas Keuchen – und offenbar auch der Schmerz.
»Wo ist denn Didi?«, fragte Elke.
»Das würde mich auch mal interessieren«, schimpfte Hubertus. »Kann ja überhaupt nicht wahr sein. Dieser Hausmeister …«
»Ich habe dir doch am Telefon gesagt, du sollst ihn mitbringen«, unterbrach ihn Elke.
Hummel verstummte. In dem Trubel und der Aufregung hatte er das gar nicht gehört.
Martinas Pressen wurde noch heftiger, das Keuchen schneller.
»Sehr gut, jetzt haben wir’s wirklich gleich«, meinte die Hebamme.
Martinas Keuchen war nun mehr ein schmerzverzerrtes Gurgeln. Hubertus mochte gar nicht mehr hinsehen. Das nennt sich also sanfte Geburt, dachte er. Seine arme Tochter.
Er musste an Graf Zahl denken, genauer: an dessen Geburt, die wohl auch im Villinger Krankenhaus erfolgt war. Zu Zeiten, in denen es noch keine Wassergeburten gegeben hatte. Zu Zeiten, in denen wohl niemand der Mutter bei der Geburt beigestanden hatte. Der Vater schon gar nicht.
Martinas Keuchen und Stöhnen waren nun so laut, dass Hubertus am liebsten das Zimmer verlassen hätte. Elke summte Martina derweil irgendwelche Entspannungsgesänge ins Ohr. Gerade wollte Hummel sich auf einen ergonomischen Sitzball übergeben, da sah er aus den Augenwinkeln, wie Martinas Schmerzen von etwas anderem überlagert wurden: Stolz, Glück, unbändige Erleichterung.
»Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Jungen«, sagte der Arzt zu Hubertus.
»Ein Junge«, strahlte Hummel. »Ein Stammhalter.«
»Wollen Sie die Nabelschnur durchschneiden?«
Hubertus winkte heftig ab.
»Wie soll er denn heißen?«, fragte die Hebamme ihn.
»Äh … also …«
»Er ist nicht der Vater des Kindes«, erklärte Martina. »Er ist mein Vater.«
Arzt und Hebamme wirkten erleichtert.
»Finn Malte Pehar Bäuerle«, antwortete Martina.
»Das ist doch nicht dein Ernst, oder?«, entfuhr es Hubertus erschüttert.
»Maximilian Hubertus Hummel«, korrigierte Martina nach einer Pause. »Es wird ein Hummel – allein schon, weil Didi wieder mal zu spät kommt.«
Hubertus strahlte.
Als er wenig später aus dem Kreißsaal trat, entdeckte er Klaus und Didi Bäuerle, die auf einer Bank saßen und warteten. Auch der frischgebackene Kindsvater sah einigermaßen derangiert aus. In seiner Hand hielt er die blauweiße Ratsherrenkappe, sein blondes Haar war schweißnass.
»Alles okay?«, fragte er nur.
Hubertus nickte. »Maximilian Hubertus Hummel«, sagte er.
»Die wollten mich nicht reinlassen. Der Vater des Kindes sei schon drin«, empörte sich Didi.
»Geh rein«, sagte Hummel nur, zeigte in den Kreißsaal und ließ sich dann neben Klaus nieder.
»Herzlichen Glückwunsch«, gratulierte ihm sein Freund.
»Ich bin Großvater«, meinte Hubertus kopfschüttelnd. »Großvater – ich glaube es nicht.«
»Und Elke ist eine der attraktivsten Großmütter, die ich kenne«, ergänzte Klaus.
»Stimmt. Ich bin ab sofort mit einer Großmutter verheiratet.«
»Du bist ja völlig durch den Wind«, unterbrach Klaus sein Gerede. »Didi aber auch. Elke hat ihn übrigens noch angerufen. Der hat hier vor der Tür vielleicht gelitten. Für ihn war die Sache mit Graf Zahl auch nicht ganz einfach. Immerhin hat es ihn abgelenkt, als ich sie ihm erzählt habe.«
»Und was hat er dazu gesagt?«, fragte Hubertus.
»Didi war entsetzt. Aber er sagte, wir hätten ihn mal früher fragen sollen, wem ein solches grünes Foulard mit schwarzen Verästelungen gehört. Er hätte es gewusst …«
»Lass uns vor die Tür gehen«, sagte Hummel matt. »Ich brauche frische Luft.«
Kurz darauf standen sie vor dem Krankenhaus und starrten wortlos in den Himmel. Klaus zog aus seiner Jackentasche die beiden letzten Schnäpse, die er als Narro nicht verteilt hatte.
»Also, auf den frischgebackenen Großvater Hubertus Hummel!«, rief Klaus.
»Auf den möglicherweise baldigen Ehemann Klaus Riesle«, konterte Hubertus.
»Auf die noch baldigere Hochzeit von Martina und Didi!«
»Auf unsere Spürnasen«, erwiderte Hubertus.
»Und nicht zuletzt: Auf die Fasnet!«
»Ja, auf die Fasnet!«, rief Hubertus.
FASNETGLOSSAR
Biß: Rottweiler Fasnachtsfigur, raues Männergesicht
Butzesel:
Weitere Kostenlose Bücher