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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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angeklagt hat. Des Mordes an Bart von Karzen und am Schweidnitzer Kaufherrn Neumarkt. Ich wollte es nicht glauben. Und nun wirst du hier auf frischer Tat ertappt, wie du dich mit dem Messer in der Hand hinter meinem Rücken anschleichst. Hasst du mich so sehr? Vielleicht hat dich jemand dafür gedungen? Oder bist du ganz einfach ein Verrückter? He?«
    »Euer Hoheit . . . Ich . . . Ich bin kein Meuchelmörder . . . Es stimmt, ich habe mich angeschlichen, aber ich . . . Ich wollte . . .«
    »Ach!« Herzog Johann vollführte mit seiner wohlgeformten Hand eine sehr hoheitsvolle und sehr europäische Geste. »Ich verstehe. Du hast dich hier mit dem Dolch in der Hand angeschlichen, um mir eine Petition zu überreichen?«
    »Ja! Das heißt, nein . . . Euer Hoheit! Ich bin unschuldig! Ganz im Gegenteil, mich hat ein Leid getroffen! Ich bin ein Opfer, das Opfer einer Verschwörung . . .«
    »Aber natürlich!« Johann von Münsterberg spitzte die Lippen. »Eine Verschwörung. Ich wusste es.«
    »Ja!«, rief Reynevan. »Ja, genau! Die Sterz’ haben mir den Bruder erschlagen! Sie haben ihn ermordet!«
    »Das lügst du, du Hundsfott«, grollte Tristram Rachenau. »Du solltest besser nicht auf meine Schwäger warten, rate ich dir.«
    »Die Sterz’ haben Peterlin ermordet!« Reynevan wehrte sich vehement. »Wenn nicht eigenhändig, dann durch gedungene Mörder! Kunz Aulock, Stork, Walter de Barby! Lumpen, die es auch auf mich abgesehen haben! Euer herzogliche Gnaden! Peterlin war Euer Vasall! Ich fordere Gerechtigkeit!«
    »Ich fordere sie!«, brüllte Rachenau. »Ich, des Blutrechtes wegen. Dieser Hundesohn hat in Oels Niklas Sterz getötet!«
    »Gerechtigkeit!«, forderte einer der Baruther, gewiss ein Heinrich, denn bei den Baruthern wurden die Söhne selten anders getauft. »Euer Hoheit! Sühne für diesen Mord!«
    »Das ist eine Lüge und Verleumdung!« Reynevan tobte. »Die Sterz’ haben sich des Mordes schuldig gemacht! Sie klagen mich an, um sich selbst reinzuwaschen! Und aus Rache! Wegen der Liebe, die Adele und mich verbindet!«
    Das Gesicht von Herzog Johann verzerrte sich, und Reynevan begriff schlagartig, was für eine schreckliche Dummheit er begangen hatte. Er blickte in das gleichgültige Antlitz seiner Geliebten, und langsam, ganz langsam begann es ihm zu dämmern.
    »Adele«, ließ sich in die atemlose Stille hinein Johann von Münsterberg vernehmen, »wovon redet er?«
    »Er lügt, Jaśko.« Die Burgunderin lächelte. »Mich verbindet nichts mit ihm, und mich hat auch nie etwas mit ihm verbunden. Die Wahrheit ist, dass er sich mir mit Liebesbezeigungen aufgedrängt, mir beharrlich nachgestellt hat, aber er hat kleinmütig abziehen müssen, er hat überhaupt nichts erreicht. Nicht einmal mit Hilfe der schwarzen Magie, mit der er mich zu betören suchte.«
    »Das ist nicht wahr«, brachte Reynevan mühsam hervor, so sehr schnürte es ihm die Kehle zu. »Das ist alles nicht wahr. Das ist eine Lüge. Du lügst! Adele! Sag es . . . Sag, dass du und ich . . .«
    Adele warf den Kopf in den Nacken, eine Geste, die er kannte, so hatte sie ihren Kopf gehalten, wenn sie in ihrer bevorzugten Position mit ihm Liebe machte, wenn sie aufihm saß . . . Ihre Augen blitzten. Diesen Blick kannte er ebenfalls.
    »In Europa«, sagte sie laut und blickte um sich, »könnte so etwas nicht geschehen, dass man durch eine schmutzige Äußerung die Ehre einer tugendhaften Dame beleidigt. Und das bei einem Turnier, bei dem erst gestern jene Dame zur
La Royne de la Beaulté et des Amours
ausgerufen worden ist. Im Beisein der Ritter, die an diesem Turnier teilnehmen. Und selbst wenn so etwas in Europa je vorgefallen wäre, wäre ein solcher
médisant,
ein solcher
mal-faiteur
nicht einen Moment lang ungestraft geblieben.«
    Tristram Rachenau verstand diese Anspielung sofort und schlug Reynevan schwungvoll die Faust ins Genick. Heinrich Baruth kam von der anderen Seite. Als sie sahen, dass Herzog Johann nicht reagierte, sondern mit versteinertem Gesicht zur Seite blickte, sprangen die anderen hinzu, darunter auch ein Seidlitz oder Kurzbach mit Fischen in einem goldenen Feld. Reynevan erhielt einen Schlag zwischen die Augen, die Welt ging in einem gewaltigen Sternenregen unter. Er krümmte sich unter den auf ihn einprasselnden Schlägen, fiel auf die Knie, als ihm jemand mit einer Turnierkeule auf die Schultern haute. Als er seinen Kopf schützen wollte, krachte ihm die Keule schmerzhaft auf die Finger. Er erhielt einen mächtigen Schlag in

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