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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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gesagt. Doch Tatsache ist, wir sitzen im Stuhlkreis, wie sonst auch, und es würde vielleicht etwas komisch aussehen, wenn ich mich jetzt flach auf den Boden schmeißen würde (abgesehen davon, ist der Filzteppich schon etwas schmuddelig), damit mein plattgedrückter Hintern sich erholen kann.
    Manche können sich offenbar für eine Stunde oder auch mehrere Stunden hinsetzen und beten, nichts als beten. Ich meine, wie machen die das? Spätestens nach zehn Sekunden ist mein Bein eingeschlafen, mein Rücken tut weh, mein linkes Ohr juckt, nein, mein Schulterblatt, jetzt piekt es mich in die Wade, ich ertappe mich dabei, dass ich mit den Zehen wackele, um festzustellen, ob ich noch lebe und nicht plötzlich querschnittsgelähmt bin oder so.
    Hin und wieder wage ich einen Blick auf Daniel, um festzustellen, ob er noch nicht eingeschlafen ist und vom Stuhl kippt. Aber anscheinend bin ich die Einzige, die mit dem Schlaf kämpft.
    Hin und wieder betet einer laut. Das hilft etwas gegen das Wegdösen. Manchmal erschrecke ich mich richtig.
    Die Zeit vergeht. Ich zähle die Sekunden. Dann erinnere ich mich daran, dass ich beten wollte, und schäme mich ausgiebig. Aber das Erstaunlichste kommt noch. Es passiert, als Daniel betet. Ich plumpse nicht etwa vom Stuhl, stoße mir den Schädel an der Kante und falle ebenfalls ins Koma. Haha. Nein, anders – plötzlich ist mir, als wäre die Luft dicker. Als wäre da etwas, in diesen flehenden Worten, die mir bis ins Herz gehen. Ein Gefühl und mehr als das. Ein Vibrieren in der Luft ... aber auch das trifft es nicht.
    Mir ist, als wäre Gott mitten unter uns.
    Wie kann man das fühlen? Habe ich es je gespürt, so intensiv? Eben noch habe ich mich gelangweilt und mir innerlich die Zeit mit sarkastischen Sprüchen vertrieben, und auf einmal ist mir, als wäre da einer bei mir. Bei uns. Als würde jemand seine Hand auf meine Schulter legen.
    Bist du das?, frage ich lautlos. Gott? Gott, hörst du mich? Ich denke immerzu an Sarah. Ich will es nicht, denn ich weiß, wenn ich mein Herz aufmache und Daniels Schmerz an mich heranlasse, werde ich mich schrecklich fühlen. Ich werde solche Angst haben, dass ich mich kaum rühren kann. Ich habe bereits Angst ... verstehst du das? Und Tom. Ich habe gespürt, welche Angst er davor hat, seinen Vater zu verlieren. Wie gerne er alles wiedergutmachen würde, was falsch gelaufen ist. Es kann nicht sein, dass Eltern sterben, wenn man noch so jung ist, oder? Es darf nicht sein. Oh Gott! Gott, es darf nicht sein!
    Ich werfe ihm meine ganze Angst vor die Füße. Vorsichtshalber habe ich die Augen geschlossen. Nicht, dass ich, wenn ich blinzele, wirklich etwas von ihm sehe. Einen leuchtenden Fuß oder ein Gewand oder so etwas.
    Zugegeben, ich blinzele trotzdem. Da ist nichts, aber ich kann jetzt gar nicht aufhören zu beten. Ich sage ihm alles. Es sind irgendwann immer die gleichen Worte. Ihn wird das nicht stören, da bin ich sicher. Es dürfen ruhig halbe Sätze sein, die niemals in die Sammlung der schönsten Gebete des Jahres aufgenommen werden würden.
    Ich zucke zusammen, als Michael sich räuspert, ein ziemlich lautes Amen ausspricht und uns nach Hause schickt. Dabei bin ich noch gar nicht fertig. Ich war gerade dabei, für meine eigenen gesunden Geschwister und Eltern zu danken.
    Neben Daniel stolpere ich hinaus ins Freie. Die Sonne scheint mir ins Gesicht, was mich überrascht. Ich habe gar nichts davon mitgekriegt.
    Daniel steht verloren unter dem blassblauen Februarhimmel.
    »Kommst du noch mit rüber zu mir?«, frage ich. Komisch, aber ich habe das Gefühl, dass mir nicht einmal eine Absage etwas anhaben könnte. Nicht gerade jetzt, wo ich noch ganz benommen bin vom Beten.
    Er nickt. »Ja, gut«, sagt er. Bevor wir die Haustür erreichen, bleibt er stehen und nimmt meine Hand. »Danke, dass du für Sarah gebetet hast, Miriam.«
    So blass ist er und ernst. Einen Moment kommt die alte Messie in mir zum Vorschein, der das alles zu viel wird. Die am liebsten davonspringen will, um diesem ganzen Schmerz zu entkommen. Aber ich reiße mich zusammen und nicke. »Gern geschehen.« Dann tue ich etwas, womit ich mich selbst überrasche. Ich schaue ihn an, in sein liebes, verzweifeltes Gesicht, und sage: »Du, Gott kann sie heilen. Er kann es wirklich.«
    »Glaubst du das?«, fragt er, und zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, lässt er mich seine eigenen Zweifel sehen.
    »Ja«, sage ich, denn in diesem Moment kann ich es glauben. Vielleicht wird der

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