Naschkatze
das ganze obere Fach des Schlafzimmerschranks okkupiert. Zahllose Schachteln, beschriftet mit »Jimmy Choo«, »Christian Louboutin« und »Manolo Blahnik«.
Wozu braucht eine solche Frau einen Gigolo?
Es sei denn – es sei denn, er ist kein Gigolo, sondern ein Liebhaber. Dass sie sich einen Liebhaber zugelegt hat, würde einen Sinn ergeben. Immerhin wollte sie sich von Lukes Vater scheiden lassen – bis zu meiner Ankunft in Südfrankreich. Warum sollte eine elegante, weltgewandte Frau wie Bibi de Villiers keinen Freund haben – den sie vergessen hat, weil sie wieder mit Lukes Dad zusammen ist?
Zumindest vermute ich, dass sie ihn vergessen hat. Ja, ganz offensichtlich – wenn er nicht einmal weiß, wo sie ist.
O Gott, das ist ja so unangenehm. Warum muss er ausgerechnet heute Abend anrufen, wo Luke und ich über unser Zusammenleben reden müssen? Ich kann doch unmöglich zu ihm sagen: »Hey, da hat ein Kerl eine Nachricht für deine Mom hinterlassen und sie chérie genannt... Und jetzt besprechen wir, wie ich bei dir wohnen kann, ohne meine individuelle Eigenständigkeit zu verlieren.«
Wenn ich die Anrufer-ID checke, finde ich vielleicht raus, von wo der Mann angerufen hat. Das wäre ein Anhaltspunkt …
Oh, großartig, jetzt habe ich die Nachricht gelöscht – falls dieses blinkende Zeichen das bedeuten soll.
Okay, damit wäre das Problem gelöst.
Wahrscheinlich ist es sogar besser so. Der Name des Mannes ist wohl kaum im Telefon gespeichert. Und ich kann natürlich nicht sagen: »Eh – uh – Mrs. Villiers? Da hat jemand mit französischem Akzent angerufen, der nicht Ihr Ehemann ist, und gefragt, ob Sie ihn am üblichen Ort treffen würden. Dort wird er warten...« Nein, damit würde ich sie in Verlegenheit bringen.
Auf keinen Fall darf man seine zukünftige Schwiegermutter in Verlegenheit bringen.
Verdammt. Jetzt ist’s mir schon wieder passiert, nicht wahr? Ich muss die Hochzeit endlich aus meinen Gedanken verbannen. Stattdessen werde ich den Esstisch decken. Mit dem schönen Tafelsilber, das eines Tages mir gehören wird …
Ups! Am besten schalte ich den Fernseher ein. Nun beginnt die Nachrichtensendung, die wird mich ablenken.
»Die Polizei hat eine grausige Entdeckung im Hinterhof eines Hauses gemacht, das die Medien bereits ›Harlem House of Horror‹ nennen. Dort wurden sechs vollständige menschliche Skelette gefunden, und man erwartet, noch weitere zu entdecken …«
Oh, mein Gott, was für eine Stadt ist das denn? Ein Hinterhof voller menschlicher Skelette. O nein... Hastig wechsle ich den Sender.
»...allein im letzten Monat der siebte Fall von Fahrerflucht
an derselben Straßenecke. Diesmal wurde eine junge Mutter getötet, die ihre kleinen Kindern zur Schule bringen wollte...«
Heiliger Himmel! Vielleicht sollte ich lieber die Stellenanzeigen lesen. Oooh, Seite sieben, die Klatschspalte. Die werde ich ganz schnell überfliegen, bevor ich die Inserate studiere.
»...aufgeregt fiebert die New Yorker High Society der Hochzeit von John MacDowell entgegen, dem Alleinerben des MacDowell-Immobilienvermögens. Jill Higgins, die Braut, arbeitet beim Central Park Zoo. Die beiden lernten sich in der Notaufnahme des Roosevelt Hospital kennen. Dort wurde Miss Higgins wegen einer Rückenverletzung behandelt, nachdem sie eine Robbe hochgehoben hatte, die aus ihrem Gehege entkommen war. Und John MacDowell ließ seinen Knöchel bandagieren, den er sich bei einem Polospiel verstaucht hatte...«
Wie romantisch! Und was für ein amüsanter Job – mit Robben zu arbeiten! Oh, ich wünschte, ich könnte …
Lukes Schlüssel knirscht im Schloss! Er kommt nach Hause!
Zum Glück habe ich mein Miederhöschen schon vor zwei Stunden ausgezogen. Inzwischen müssten die roten Striemen verschwunden sein.
Von jetzt an werde ich’s nicht mehr tragen. Luke muss mich so lieben, wie ich bin. Oder es ist vorbei.
Aber... Wie traumhaft er aussieht in diesen fadenscheinigen Jeans und dem hübschen Hemd mit dem aufgeknöpften Kragen, das ich für ihn ausgesucht habe! Vielleicht sollte ich das Miederhöschen doch noch etwas länger tragen – bis ich die fünfzehn zusätzlichen Pfunde losgeworden bin, die ich aus Frankreich mitgebracht habe. Das werde ich bald schaffen, wo ich doch so viel in der
Stadt herumlaufen muss. Und bei Eli’s habe ich immerhin schon mal die Baguettes ignoriert...
»Hi«, grüßt er und grinst übers ganze Gesicht. »Wie läuft’s?«
Hi, wie läuft’s? Wie redet der denn mit seiner
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