Naschkatze
eines weiteren Ladens planen. IN DERSELBEN STRASSE, IN DER IHR EIGENES GESCHÄFT LIEGT! Wegen der protzigen roten Markise und des passenden Teppichs mit seinem Logo vor der Tür (ja, das ist wahr!) wären die Henris chancenlos – mit ihrem
subtilen, geschmackvollen Schaufenster und der dezenten Sandsteinfassade.
Nein, selbst wenn morgen das Costume Institute anrufen würde – ich bleibe Monsieur Henri treu. Mittlerweile stecke ich viel zu tief drin, um noch auszusteigen.
»Na ja, wenn’s dich glücklich macht...«, seufzt Luke skeptisch.
»Ja, ich bin glücklich«, betone ich. Dann räuspere ich mich. »Weißt du, Luke, nicht jeder ist für Neun-bis-Fünf-Jobs geschaffen. Und es ist sicher nicht verwerflich, wenn man eine Stelle annimmt, für die man vielleicht überqualifiziert ist, um seine Rechnungen zu bezahlen und in der Freizeit das zu machen, was einem gefällt. Solange man tut, was man wirklich wichtig findet, und die Freizeit nicht vor dem Fernseher verschwendet.«
»Gutes Argument«, meint er. »Probier das mal und sag mir, wie’s schmeckt.«
»Köstlich!« Vor lauter Freude springt mir beinahe das Herz aus der Brust. Ich habe einen Freund, der mich liebt und außerdem großartig kocht, ich habe einen wundervollen Job. Und ich kann das Apartment bezahlen, in dem ich wohne.
New York ist eigentlich gar nicht so übel. Vielleicht werde ich doch nicht die nächste Kathy Pennebaker von Ann Arbor.
»He, am Samstagabend gehen wir mit Shari und Chaz aus«, verkünde ich. »Um meinen neuen Job zu feiern. Und weil wir sie schon ewig lange nicht mehr gesehen haben. Ist das okay?«
»Klingt gut«, sagt Luke und rührt in seinem Topf.
»Und weißt du was?« Ich stütze mich immer noch
auf die Theke unterhalb der Durchreiche. »Am Samstagabend sollten wir uns richtig amüsieren. Ich glaube nämlich, Chaz und Shari machen gerade eine schwierige Phase durch.«
»Hast du auch dieses Gefühl?« Luke schüttelt den Kopf. »In letzter Zeit scheint’s Chaz ziemlich mies zu gehen.«
»Tatsächlich?« Ich hebe die Brauen. Als ich ihn zuletzt gesehen habe, ist es mir nicht so vorgekommen. Aber möglicherweise habe ich’s nicht gemerkt, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, mir die Augen auszuweinen. »Wow. Das ist bestimmt nur ein vorübergehendes Stimmungstief. Sobald Shari an ihren neuen Job gewöhnt ist, werden sich die beiden wieder zusammenraufen.«
»Vielleicht.«
»Wie meinst du das? Vielleicht? Was weißt du, was ich nicht weiß?«
»Nichts«, sagt Luke unschuldig. Zu unschuldig. Er lächelt. Also kann’s nicht allzu schlimm sein.
»Was ist es?« Jetzt muss ich lachen. »Sag’s mir.«
»Das darf ich nicht. Ich musste Chaz versprechen, niemandem was zu erzählen. Dir schon gar nicht.«
»Wie unfair!«, klage ich und ziehe einen Schmollmund. »Ich werde es nicht weitererzählen. Das schwöre ich.«
»Ja, Chaz hat mir schon prophezeit, dass du das sagen würdest.« Luke grinst. Damit bestätigt er meine Vermutung, dass er mir nichts Schlimmes verschweigt.
»Sag’s mir!«, jammere ich. Und dann weiß ich’s plötzlich. Oder ich glaube es zu wissen. »O Gott!«, kreische ich. »Will er Shari einen Heiratsantrag machen?«
Luke starrt mich über sein blubberndes Huhn hinweg an. »Was?«
»Klar, das ist es, nicht wahr? Chaz wird Shari fragen, ob sie ihn heiratet. Oh, mein Gott, einfach himmlisch!«
Unfassbar, dass ich nicht sofort darauf gekommen bin! Ja, natürlich, das muss es sein. Deshalb hat Chaz mir all diese Fragen über Shari gestellt, als ich neulich in seinem Apartment gewesen bin. Er wollte herausfinden, ob sie irgendwas über das Zusammenleben mit ihm gesagt hat.
Weil er sich eine dauerhafte Beziehung wünscht!
»O Luke!« Ich muss mich an der Theke festhalten. Sonst wäre ich von meinem Barhocker gefallen. Vor lauter Aufregung ist mir ganz schwindlig. »Fantastisch! Und ich habe schon eine grandiose Idee für Sharis Brautkleid – eine Art Bustier, weißt du, mit angeschnittenen Ärmeln, die ihre Schultern frei lassen, aus Dupioni-Seide, mit winzigen Perlmuttknöpfen am Rücken, total auf Taille geschnitten, und ein Glockenrock... Bloß kein Reifrock, den würde sie hassen. Oh, vielleicht will sie auch keinen Glockenrock. Dann müsste ich... Warte, ich zeige dir, wie ich’s meine.«
Ich greife nach dem Notizblock, den seine Mutter liegen lassen hat (auf jedem Blatt steht »Bibi de Villiers« in Kursivschrift). Dann zeichne ich das Design mit dem Kugelschreiber von der Bank, den
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