Naschkatze
Tochter hin und her. Dann lacht sie leise. »Also gut, ich bin einverstanden. Wenn’s billiger ist als ein neues Kleid...«
»Oh, natürlich.« Madame Henri tritt beflissen vor. »Wenn mich die junge Dame in die Werkstatt begleitet, nehmen wir sofort Maß...«
Ohne ein weiteres Wort folgt Jennifer ihr in den hinteren Raum.
»Oh...« Mrs. Harris schaut auf ihre Uhr. »Jetzt muss ich noch ein paar Münzen in die Parkuhr werfen. Entschuldigen Sie mich...«
Sobald die Ladentür hinter ihr ins Schloss gefallen ist, wendet Monsieur Henri sich zu mir und zeigt auf das vergilbte Kleid, das er immer noch in der Hand hält. Zögernd gib er zu: »Sie können – eh – sehr gut mit der Kundschaft umgehen.«
»In diesem Fall war es ganz einfach«, sage ich bescheiden. »Weil ich sofort wusste, wie dem Mädchen zumute war. Auch ich habe zwei ältere Schwestern.«
»Ah, ich verstehe.« Prüfend starrte er mich an. »Nun bin ich gespannt, ob Sie mit Nadel und Faden auch so gut umgehen können wie mit Ihrem Mundwerk.«
»Warten Sie’s ab.« Lächelnd nehme ich ihm das Kleid aus der Hand. »Das werden Sie schon noch sehen, Monsieur Henri.«
Lizzie Nichols’ Ratgeber für Brautkleider
Sind Sie vollbusig, oder haben Sie eine Stundenglasfigur? Dann kenne ich genau das richtige Wort für Sie – trägerlos!
Was Sie jetzt denken, weiß ich. Trägerlos? Bei einer Hochzeit? Aber in den meisten Kirchen hält man diesen Stil nicht mehr für ungehörig.
Mit der richtigen Unterstützung durch die Korsage kann dieser Look bei einer vollbusigen Braut sehr schmeichelhaft wirken – insbesondere, wenn er mit einem A-Linienrock kombiniert wird. Auch ein V- oder ein U-Ausschnitt steht vollbusigen Frauen gut, ebenso ein schulterfreies Kleid.
Bedenken Sie – je kleiner der Ausschnitt, desto größer sieht der Busen aus!
Lizzie Nichols Designs
9
Nichts bewegt sich schneller als das Licht, außer möglicherweise schlechte Nachrichten, die ihren eigenen Gesetzen folgen.
Douglas Adams (1952-2001), britischer Autor und Drehbuchautor.
E ine Empfangsdame?«
Das sagt Luke, als ich ihm die Neuigkeit erzähle. Ausnahmsweise ist er vor mir nach Hause gekommen und bereitet das Abendessen vor – coq au vin . Das gehört zu den zahlreichen Vorteilen eines Freundes, der ein halber Franzose ist – sein kulinarisches Repertoire geht über McDonald’s und Käse hinaus.
»Moment mal...« Luke füllt zwei Gläser mit einem Cabernet Sauvignon und stellt sie auf die Granittheke unter der Durchreiche zwischen der Küche und dem Wohnzimmer. »Bist du nicht... Also, ich weiß nicht recht … Bist du nicht ein bisschen überqualifiziert für eine Empfangsdame?«
»Doch«, gebe ich zu. »Aber wenn ich das mache, kann ich die Rechnungen bezahlen und außerdem noch tun, was mir gefällt – zumindest halbtags. Leider habe ich bisher keinen bezahlten Job in der Modebranche gefunden.«
»Du bist erst seit einem Monat hier«, wendet er ein. »Vielleicht müsstest du dir etwas mehr Zeit für deine Arbeitssuche nehmen.«
»Hm...« Wie soll ich’s ihm erklären, ohne zu verraten, dass ich pleite bin? »Nun – wenn sich was Besseres anbietet, kann ich ja kündigen.«
Das möchte ich gar nicht. Ich meine, ich will mein Praktikum bei Monsieur Henri nicht aufgeben. Weil’s mir dort gefällt. Besonders jetzt, seitdem ich weiß, dass Maurice ein Konkurrent ist, ein »zertifizierter Spezialist für Brautkleider«, der in New York City nicht nur einen, sondern vier Läden betreibt. Mit der Behauptung, seine neue Chemikalie würde alle Torten- und Weinflecken aus alten Brautkleidern entfernen (eine solche Behandlung gibt’s nicht), hat er Monsieur Henri die Kundschaft gestohlen. Außerdem verlangt er enorme Preise für geringfügige Änderungen, und seine Verkäuferinnen und Schneiderinnen sind eindeutig unterbezahlt (allerdings verstehe ich nicht, wie er ihnen noch weniger bezahlen kann als Monsieur Henri mir ).
Schlimmer noch – Maurice hat Monsieur Henri verunglimpft und jeder Braut in dieser Stadt eingeredet, Jean Henri würde sich in die Provence zurückziehen. Jederzeit könnte er abreisen, weil sein Geschäft so schlecht geht. Und das scheint zu stimmen, was ich den privaten Gesprächen der Henris entnehme. Die beiden wissen nicht, dass ich jedes Wort verstehe, das sie sagen. Na ja, fast jedes.
Als wäre das noch nicht schlimm genug, ist den Henris auch noch das Gerücht zu Ohren gekommen, Maurice würde die Eröffnung
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