Naschkatze
meiner
Liste, wähle die Nummer, und als sich jemand meldet, sage ich: »Marjorie Pears möchte Sie sprechen, Mr. Finkle.«
»Okay, ich nehme den Anruf entgegen«, antwortet die Stimme. Ich drücke auf die Verbindungstaste und sehe das kleine rote Licht neben der Weiterleitungstaste verschwinden. Geschafft, ich lege auf.
»Sehr gut«, lobt Roberta mich beeindruckt. »Um das zu lernen, hat Tiffany eine ganze Woche gebraucht.«
Der Blick, den Tiffany ihr zuwirft, würde einen glühend heißen Espresso gefrieren lassen. »Leider hatte ich keine so gute Lehrerin wie Lizzie«, bemerkt sie kühl.
Nach einem weiteren verkrampften Lächeln nickt Roberta mir zu. »Nun, machen Sie weiter so, Lizzie. Bevor Sie gehen, kommen Sie bitte in mein Büro. Sie müssen diese Formulare für die Versicherung ausfüllen.«
»Ja, gewiss.« Das Telefon zirpt erneut, und ich nehme den Hörer ab. »Pendergast, Loughlin and Flynn.«
»Jack Flynn, bitte«, sagt eine Stimme am anderen Ende der Leitung. »Hier ist Terry O’Malley.«
»Einen Augenblick, bitte«, antworte ich und drücke auf die Weiterleitungstaste.
»Zur Hölle mit Roberta, diesem verdammten blöden Biest«, murmelt Tiffany vor sich hin und kaut auf einem Fruchtgummibonbon herum.
»Terry O’Malley möchte Mr. Flynn sprechen«, erkläre ich, als sich eine Frau in Mr. Flynns Büro meldet.
»Ihre Vagina ist voller Spinnweben, weil sie so selten benutzt wird«, spottet Tiffany.
»Stellen Sie den Anruf bitte durch«, sagt die Frau, und ich drücke auf die Verbindungstaste.
»Die hatte doch tatsächlich den Nerv, mir zu sagen, ich soll an der Rezeption nicht meine Nägel lackieren.« Erbost starrt Tiffany in die Richtung, in der Roberta soeben verschwunden ist. »Sie meint, das wäre nicht professionell .«
Vorsichtshalber verkneife ich mir die Bemerkung, dass ich es auch nicht besonders professionell fände, sich während der Arbeitszeit in einer Anwaltskanzlei die Nägel zu lackieren.
Das Telefon säuselt wieder, und ich nehme den Hörer ab. »Pendergast, Loughlin and Flynn. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Gar nicht«, sagt Luke, »ich wollte dir viel Glück an deinem ersten Arbeitstag wünschen.«
»Oh...« Meine Knie schmelzen, so wie immer, wenn ich seine Stimme höre. »Hi.«
Inzwischen bin ich drüber weggekommen, was er gestern Abend gesagt hat. Dass Leute in unserem Alter zu jung sind, um zu wissen, was wirklich Liebe ist. Weil er später zugegeben hat, er hätte es nicht so gemeint. Offenbar meinte er es nur allgemein. Die meisten jungen Leute in unserem Alter wissen nicht, was Liebe ist. Wahrscheinlich hat Tiffany keine Ahnung davon.
Außerdem hat er mir nach dem Abendessen bewiesen, dass er weiß, was Liebe ist. Klar, zumindest weiß er, wie man Liebe macht. »Wie läuft’s?«, fragt er.
»Fabelhaft, einfach fabelhaft.«
»Du kannst nicht reden, weil jemand neben dir sitzt, nicht wahr?« Auch das gehört zu den Gründen, warum ich ihn so sehr liebe. Weil er so scharfsinnig ist. Zumindest, was gewisse Dinge angeht.
»Genau.«
»Schon gut, das ist okay. In ein paar Minuten fängt sowieso meine Vorlesung an. Und ich wollte nur wissen, wie’s dir geht.«
Während er spricht, öffnet sich die Glastür, und eine junge, etwas stämmige Blondine kommt herein. Sie trägt Jeans, einen weißen Rollkragenpullover, der ihr kein bisschen schmeichelt, und Timberland-Stiefel. Solche Stiefel erwartet man nicht in den Büros von Pendergast, Loughlin and Flynn zu sehen. Irgendwie kenne ich die Frau. Aber ich weiß nicht, wo ich sie schon einmal gesehen habe. Dann merke ich, wie Tiffany von ihrem Fingernagel aufblickt, an dem sie immer noch feilt, und ihre Kinnlade fallen lässt.
»Eh – ich muss Schluss machen«, sage ich zu Luke. »Bye.«
Hastig lege ich auf. Die junge Frau nähert sich dem Empfangstisch. Da sehe ich, dass sie hübsch ist – auf diese gesunde All-American-Girl-Art, obwohl sie kaum Make-up trägt. Und es scheint sie auch nicht zu stören, dass über dem Hosenbund ihrer zu tief sitzenden Jeans ein Fettwulst hervorquillt. Sicher würden ihr Jeans, die bis zur Taille reichen und den Bauch verhüllen, etwas besser stehen.
»Hi«, begrüßt sie mich, »ich bin Jill Higgins. Ich habe einen Termin mit Mr. Pendergast, um neun.«
»Natürlich.« Ich suche auf meiner Liste nach der Telefonnummer von Chaz’ Dad. »Nehmen Sie bitte Platz, ich gebe ihm Bescheid.«
»Danke.« Lächelnd entblößt die junge Dame kerngesunde, schneeweiße Zähne. Während
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