Naschkatze
die neue Vormittagstelefonistin. Mit wem soll ich Sie verbinden?«
»Geben Sie mir Jack«, lautet die schroffe Antwort.
»Sofort...« Hektisch überfliege ich die kleine Liste. Jack? Wer ist Jack? »Wen darf ich melden?«, frage ich, um Zeit zu gewinnen, während ich den Namen Jack suche.
»Mein Gott noch mal!«, schreit der Mann. »Hier ist Peter Loughlin, verdammt noch mal!«
»Bitte, einen Augenblick, Sir...« Mit einem bebenden Finger drücke ich auf die Wartetaste und wende mich zu Tiffany, die in ihrem Sessel döst, die hohen Wangenknochen von langen, perfekt geschwungenen Wimpern überschattet. »Da ist Peter Loughlin am Apparat!«, zische ich und wecke sie. »Er will mit einem gewissen Jack reden. Dauernd flucht er, und er ist stinksauer...«
So blitzschnell wie ein Student, der über eine Pizza herfällt, entreißt sie mir den Hörer und murmelt: »Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße.« Dann beugt sie sich über mich hinweg, drückt auf die Wartetaste und gurrt. »Hi, Mr. Loughlin, hier ist Tiffany... Ja, ich weiß. Nun, sie ist neu … Ja, natürlich, ich verbinde Sie.«
Ihre langen, manikürten Finger fliegen über die Tasten, und wir sind »Peter Loughlin, verdammt noch mal« losgeworden.
»Tut mir leid«, entschuldige ich mich mit zitternder Stimme. »Auf dieser Liste konnte ich keinen Jack finden.«
»Dumme Gans«, schimpft Tiffany, ergreift einen Kugelschreiber und kritzelt etwas auf die Liste, die ich von Roberta bekommen habe, gibt sie mir zurück und lacht über meine entsetzte Miene. »Nicht Sie – ich meine Roberta, diese Nutte. Die bildet sich weiß Gott was ein, weil sie auf einem Elite-College war. Und wenn schon! Damit hat sie nur einen Job gekriegt, bei dem sie die Urlaubstage anderer Leute einteilt. Das kann jeder Affe. Diese blöde, aufgeblasene Kuh!«
Ich schaue mir die Änderung an, die sie auf meiner Liste vorgenommen hat. Der Vorname »John« vor dem Nachnamen »Flynn« wurde durchgestrichen und mit »Jack« ersetzt. Weil sie das mit dem Kugelschreiber auf die Klarsichthülle geschrieben hat, ist es kaum leserlich.
»Also heißt John Flynn in Wirklichkeit Jack?«, frage ich.
»Nein. John. Aber er nennt sich Jack. Und so nennen ihn auch alle anderen. Keine Ahnung, warum Roberta seinen richtigen Vornamen getippt hat. Vielleicht wollte sie Ihnen eins auswischen. Sie ist nämlich furchtbar eifersüchtig auf alle Mädchen, die hübscher sind als sie. Weil sie wie ein Troll mit Pferdegesicht aussieht...«
»Ah, da sind Sie ja, Lizzie!«, ruft Roberta und stößt die Glastür auf, die von der Eingangshalle zum Empfang führt. Sie trägt einen Trenchcoat – Burberry, wie ich dem Futter entnehme – und hält einen Aktenkoffer in der Hand. Für jemanden, der nur »die Urlaubstage anderer Leute einteilt«, erscheint sie mir extrem karrieristisch. »Alles in Ordnung? Hat Tiffany Sie in Ihren neuen Job eingewiesen?«
»Ja«, antworte ich und werfe Tiffany einen angstvollen Blick zu. Hat Roberta gehört, dass sie als Troll mit Pferdegesicht bezeichnet worden ist?
Aber Tiffany schaut nicht im Mindesten besorgt drein. Sie nimmt eine Nagelfeile aus einem der vielen Schubfächer, die sie mit ihren persönlichen Sachen vollgestopft hat, und beginnt einen lackierten Fingernagel zu bearbeiten. »Wie geht’s Ihnen heute Morgen, Roberta?«, fragt sie honigsüß.
»Großartig, Tiffany.« Jetzt, wo ich Roberta etwas gründlicher mustere, ähnelt sie tatsächlich einem Pferd. Sie hat ein langes Gesicht und vorstehende Zähne. Und um die Wahrheit zu sagen – weil sie so klein ist und einen Buckel macht, sieht sie tatsächlich ein bisschen wie ein Troll aus. »Vielen Dank, dass Sie heute zu dieser Doppelschicht bereit waren, um Lizzie in ihre neue Arbeit einzuführen. Das wissen wir sehr zu schätzen.«
»Um zwei kriege ich anderthalb Schichten bezahlt, okay?«, will Tiffany wissen.
»Natürlich.« Roberta lächelt verkniffen. »So wie wir’s besprochen haben.«
Tiffany zuckt die Achseln. »Dann ist’s ja gut«, flötet sie, und Robertas Lächeln wird noch etwas verkrampfter.
»Wunderbar. Lizzie, wenn Sie...«
Das Telefon zirpt, und ich stürze mich darauf. »Pendergast, Loughlin and Flynn. Was kann ich für Sie tun?«
»Hier ist Marjorie Pears«, schnurrt eine Frauenstimme. »Ich würde gern Leon Finkle sprechen.«
»Einen Augenblick, bitte.« Ich drücke auf die Weiterleitungstaste. Während Roberta mich aufmerksam beobachtet, finde ich Marjorie Pears’ Gesprächspartner auf
Weitere Kostenlose Bücher