Naschkatze
findet wieder zu einander.«
»Nein, Lizzie, ich werde nicht zu Chaz zurückkehren.« Seelenruhig zieht Shari den Teebeutel aus ihrer Tasse und legt ihn auf den Keramikteller, den die Kellnerin zu diesem Zweck bereitgestellt hat.
»Das kannst du nicht wissen. Wenn du ihn länger nicht siehst, wirst du ihn vielleicht vermissen.«
»Dann rufe ich ihn an. Natürlich wünsche ich mir, dass wir befreundet bleiben. Er ist so ein wunderbarer, amüsanter Junge. Aber seine Freundin will ich nicht mehr sein.«
»Wegen der Kekse? Weil er keinen Job hat und den ganzen Tag nichts tut, außer zu lesen, Hafermehlkekse zu backen, sauber zu machen – und so weiter?« Für mich klingt das wie eine traumhafte Existenz. Mit der ganzen Arbeit, die ich am Hals habe... Neuerdings zwingt mich Monsieur Henri auch noch zu üben, wie man Rüschen näht. Als hätte ich diese Kunst nicht schon im vierten Jahr meines Kunststudiums beherrscht. Damals habe ich herausgefunden, dass Rüschen einen nicht ganz flachen Bauch verstecken... Allmählich bin ich’s leid, Monsieur Henris Sklavin zu spielen. Ich komme kaum noch dazu, Staub zu saugen, geschweige denn Kekse zu backen.
Andererseits lerne ich sehr viel. Hauptsächlich über die Methoden, Teenager-Jungs ins neue Jahrtausend zu geleiten. Aber ich kriege auch mit, wie man in Manhattan einen Laden für Brautkleider betreibt.
»Nein, natürlich nicht«, antwortet Shari. »Da wir gerade über Jobs reden – ich muss wieder ins Büro.«
»Nur noch fünf Minuten«, flehe ich. »Wirklich, ich mache mir solche Sorgen um dich. Ich weiß, du kannst auf dich selber aufpassen. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, das alles ist meine Schuld. Wäre ich mit dir zusammengezogen und nicht mit Luke – so wie’s geplant war...«
»Oh, bitte!«, unterbricht sie mich und lacht wieder. »Glaub mir, Lizzie, meine Trennung von Chaz hat nichts mit dir zu tun.«
»Ich habe dich im Stich gelassen. Und das tut mir leid. Aber ich kann’s wiedergutmachen.«
»Oh...« Sharis Strohhalm stößt auf den Tapioka-Klumpen am Boden ihrer Teetasse. »Fabelhaft!« Damit meint sie mein Angebot. Nicht die Tapioka. Obwohl sie so ein Zeug schon immer geliebt hat.
»Im Ernst. Wusstest du, dass über Monsieur Henris Laden ein Apartment leer steht?«
Shari hört zu schlürfen auf. »Red weiter.«
»Dafür will Madame Henri zweitausend Dollar pro Monat verlangen. Aber ich arbeite so viel für die beiden, die sind total von mir abhängig. Wenn ich sie bitte, dich da für eine geringere Miete wohnen zu lassen – sagen wir, fünfzehnhundert, müssen sie Ja sagen. Das MÜSSEN sie ganz einfach.«
»Danke, Lizzie.« Seufzend schiebt sie die Tasse beiseite und greift nach ihrer Beuteltasche aus Raphiabast. »Es ist nur – ich habe schon ein Quartier.«
»Bei Pat? Was, du wohnst bei deiner Chefin ?« Ich schüttle den Kopf. »Komm schon, Shari, dann nimmst du deine Arbeit praktisch mit nach Hause...«
»Nein, es ist wirklich cool. Sie hat ein ebenerdiges Apartment in Park Slope, mit einem Garten an der Rückseite, für ihre Hunde...«
»Brooklyn!«, rufe ich erschrocken. »O Shari, das ist so weit weg!«
»Mit dem F-Bus kein Problem, der hält direkt vor meinem Büro.«
»Weit weg von mir «, meine ich. Beinahe fange ich zu schreien an. »Ich werde dich nie wiedersehen!«
»Jetzt siehst du mich ja.«
»Und abends? Soll ich nicht wenigstens mit den Henris reden und fragen, ob sie dir das Apartment vermieten würden? Das habe ich gesehen, es ist wirklich süß, Shari. Und ziemlich groß. Überleg doch mal – es liegt im obersten Stockwerk. Und die Etage darunter wird nur als Lager benutzt. Nach Ladenschluss hättest du das ganze Haus für dich allein. Und eine Wand besteht aus ungeputzten Ziegeln. Diesen Look liebst du doch so sehr, das weiß ich.«
»Mach dir keine Sorgen um mich, Lizzie. Mir geht’s gut, wirklich. Klar, meine Trennung von Chaz bedeutet das Ende der Welt für dich. Nun, für mich nicht. Ich bin glücklich .«
Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ja. Shari ist glücklich. Seit wir nach New York gezogen sind, habe ich sie nicht so glücklich gesehen. Glücklicher als in der ganzen Zeit seit dem College – seit den ersten Tagen im Studentenwohnheim McCracken Hall, wo sie angefangen hat, mit Chaz auszugehen (das heißt, mit ihm zu schlafen).
»Oh, mein Gott«, flüstere ich, nachdem ich die Wahrheit endlich erkannt habe. »Da gibt’s jemand anderen!«
Shari schaut von ihrem Beutel auf,
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