Naschkatze
ner Tasse Tee in einem Lokal namens Village Tea House, in der Nähe ihres Büros. Ich hätte sie lieber im Honey’s getroffen. Doch sie hat gesagt, inzwischen würde sie solche miesen Kneipen verabscheuen. Was ich irgendwie verstehe.
Mir gefallen rote Vinyl-Nischen immer noch besser als Samtkissen am Boden. Und eine Cola Light schmeckt mir besser als Kräutertee mit Tapioka. Im Village Tea House wird keine Diätcola serviert. Danach habe ich gefragt. Hier gibt’s nur Getränke aus »natürlichen« Komponenten.
Als ob Tapioka natürlich wäre.
»Wir haben uns einfach – auseinandergelebt«, fügt Shari hinzu und zuckt die Achseln.
Wie soll ich das bloß verkraften? Das fällt mir immer noch schwer. Ich meine, Shari und Chaz haben Schluss gemacht, sie wohnt nicht mehr bei ihm... Und sie hat meine Thanksgiving-Dinnerparty versäumt, die – obwohl ich nicht prahlen will – ein fantastischer Erfolg gewesen ist.
Abgesehen von Mrs. de Villiers’ Wunsch, nach der Mahlzeit Scharaden zu spielen. Dabei hat ihr Team – Luke, Tiffany und sie selbst – meines übertrumpft – nämlich Chaz
(zu betrunken, um sich zu bewegen), Monsieur de Villiers (völlig ahnungslos) und Raoul (ebenfalls). Nicht, dass ich wettbewerbsorientiert wäre. Aber ich hasse solche langweiligen Spiele.
Ach ja, und heute Morgen musste ich mich zu Pendergast, Loughlin and Flynn schleppen, wo praktisch niemand anrief und außer mir nur die Junior-Partner da waren. Und Tiffany (natürlich total verkatert). Nach dem Dinner bei Luke und mir sei sie noch mit Raoul ins Butter gegangen, um sich mit ein paar anderen Models »volllaufen zu lassen«, hat sie mir erzählt. (Warum diese Mädchen so viele kalorienreiche Cocktails wie Mojitos und Cosmos trinken können und trotzdem dünn bleiben, werde ich nie verstehen.)
»Aber wieso habt ihr euch denn auseinandergelebt, Shari?«, frage ich. »Obwohl ihr zusammen gewohnt habt … So groß ist Chaz’ Apartment nun wirklich nicht.«
»Keine Ahnung.« Sie zuckt wieder die Achseln. »Wahrscheinlich habe ich mich einfach ent -liebt.«
»Wegen der Vorhänge, nicht wahr?« Diese deprimierende Frage kann ich mir nicht verkneifen.
»Was?« Shari starrt mich an. »Meinst du die Vorhänge, die du genäht hast?«
Ich nicke. »Hätte ich bloß nicht den Stoff genommen, den Chaz ausgesucht hat!«
Unglücklicherweise ist er in einen Secondhandladen in Chinatown gegangen. Dort fand er einen roten Satinballen und verlangte von mir, die Vorhänge für sein Wohnzimmer daraus zu nähen. Das hätte ich gern abgelehnt. Eigentlich dachte ich an graugrünes Leinen. Doch der Satin war mit goldenen chinesischen Figuren bestickt (der Verkäufer
hatte behauptet, die würden »Glück bringen«) und sah so herrlich kitschig aus, dass ich Chaz’ Meinung teilte. Wir glaubten beide, diese rote Pracht würde das Apartment aufpeppen und Shari hellauf begeistern.
Aber als die Vorhänge fertig waren, fragte sie pointiert, ob ich die Wohnung ins Lung Cheung verwandeln wollte. So heißt das chinesische Lokal in Ann Arbor, wo wir als Kinder oft gegessen haben.
Lachend schüttelt sie den Kopf. »Mit den Vorhängen hat’s natürlich nichts zu tun. Obwohl das Wohnzimmer wie ein Bordell aussieht, auch wegen der goldenen Couch.«
»Und wir dachten, es würde dir gefallen«, stöhne ich.
»Hör mal, Lizzie, was du mit dem Apartment gemacht hast, spielt keine Rolle. Da wäre ich ohnehin nicht geblieben. Weil ich die Person nicht mochte, die ich in diesen vier Wänden war.«
»Dann war’s vielleicht ganz gut...« Krampfhaft versuche ich, den Ereignissen etwas Positives abzugewinnen.
Chaz ist völlig verzweifelt, weil Shari ihn verlassen hat. Und ich will ihn wieder glücklich sehen – obwohl sie kein bisschen traurig wirkt. Sie kommt mir sogar viel hübscher vor als in der ganzen Zeit seit unserem Umzug nach New York. Zur Abwechslung benutzt sie sogar ein wenig Make-up.
»Vielleicht wird euch die Trennung helfen, herauszufinden, was schiefgelaufen ist, und ihr trefft euch wieder. Ja, das könnte der Grund sein, warum es nicht geklappt hat. Wegen der gemeinsamen Wohnung hattet ihr keine Dates mehr. In eurer Beziehung gab’s keine Romantik.«
Wissen Sie, was noch die Romantik zerstört? Wenn man mit seinem Freund auf einer ausziehbaren Couch liegt,
während seine Eltern im Nebenzimmer schlafen. Aber das erwähne ich nicht.
Stattdessen fahre ich fort: »Wenn ihr zusammen ausgeht, wird das Feuer der Liebe von Neuem auflodern, und ihr
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