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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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Schritt.
    Auf dem Weg ins
EIGHT
schaue ich kurz im
Pies & Pages
vorbei. Lady Lydia, die gerade ihren »Creative Cookies«-Kochkurs hält, klatscht begeistert in die Hände, dass das Mehl nur so staubt.
    »Dotti, du hast Beine«, ruft sie, mit Tränen in den Augen.
    »Ich hatte immer Beine, Mummy.«
    »Jeans sind keine Beine«, antwortet Lady Lydia im Brustton der Überzeugung, ehe sie sich wieder dem Ingwer-Karottenteig widmet.
    Annili, die mit Orange an ihrem Stammplatz sitzt und mit Mikis Hilfe ihr nagelneues iPhone einrichtet (»Damit ich Ihnen endlich auch nach Twitter folgen kann«), strahlt mich an.
    »Eine Verabredung?«
    »So ähnlich. Um acht im
EIGHT
,
das war zumindest die Lösung des Rätsels.«
    »Wie schön!«
    »Sehen Sie, Annili«, sagt Miki, »wenn Dotti das zum Beispiel auf Facebook gepostet hätte, könnten Sie jetzt
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klicken.«
    »Und auf Twitter?«
    »Da könnten Sie es an alle Ihre Follower retweeten oder es favorisieren.«
    Ich checke automatisch mein Handgelenk, werfe dann einen Blick auf Annilis Display und beeile mich, beiden Frauen die Hände zu drücken. Miki hält meine fest und sieht mich seltsam an.
    »Dotti …«
    »Ich muss los.«
    Selbst das Messingäffchen scheint mir heute zuzublinzeln. Meine Magengrube heizt sich wie Lady Lydias Backofen gehörig auf. Ich komme, djfleming, ich komme.
    »Dotti!« Miki fängt mich in der halboffenen Tür ab. »Ich muss dir etwas sagen.«
    »Später. Ich ruf dich an.«
    »Aber Dotti, es ist wichtig. Es geht um den Typ, der letztens hier war.«
    »Anton Fischler, der Langweilige? Vergiss ihn.«
    Schaudernd denke ich an Dörrpflaumen und Zucchini.
    »Nein, Dotti, du verstehst nicht. Der Typ … Das Buch …«
    Ich küsse meine Freundin auf beide Wangen und laufe, so schnell ich das auf meinen Absätzen kann, die Schleifmühlgasse hinauf.
    Das
EIGHT
gehört zu den wenigen englischen Pubs in Wien und gilt als britische Institution im quirligen Freihausviertel. Nur wenige Häuserblocks vom
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entfernt, besticht es mit einer im Tudorstil bemalten Fassade. Im ersten Stock hebt sich ein markanter Erker ab. Dahinter verbirgt sich ein historisch eingerichteter Speisesaal mit Steinboden und offenem Kamin, wo man Fish ’n’ Chips nach dem ursprünglichen Rezept von Joseph Malin essen kann.
    Man betritt das Pub durch eine aus London importierte alte Holztür, über der ein zinnernes Pub-Schild angebracht ist. Es zeigt einen immens dicken, bärtigen Mann mit einem überdimensionalen Bierkrug, auf dem eine verschlungene Acht prangt. Innen ist die Holztür mit Handzetteln beklebt, auf denen die neuesten lokalen Events angekündigt werden.
    Im Pub selbst ist alles von einer schummrigen, schmuddeligen Holzgetäfeltheit. Als Dekoration dienen liebevoll geklebte Collagen aus Bierdeckeln und Guinness-Fässer voller Korken. Anthony, der kugelrunde Pubkater, schläft, den Kopf auf den Pfoten, in einer Fensternische. Draußen ist es bereits stockdunkel.
    Ich suche mir ein Tischchen an der seitlichen Wand, von wo aus ich den Eingang im Auge behalten kann. Es ist kurz vor acht, wie mir die antiquarische Bahnhofsuhr über der Theke verrät. Johnny, der Wirt, den ich schon kenne, seit ich als kleines Mädchen zum Entsetzen meiner antialkoholischen Mutter meinen ersten Schluck Cider kosten durfte, stellt eine viel zu große Laterne vor mir auf den Tisch und zündet die Kerze an.
    »Hast du’n Date, Dotti?«, fragt er und grinst. Er ist ein riesiger, breitschultriger Mann. Früher war der Umfang seiner Popeye-Oberarme mal beeindruckend, heutzutage dominiert sein Bauch die Erscheinung.
    »Wenn ich das wüsste«, antworte ich. Johnny lacht dröhnend und wischt mit einem Lappen über den Tisch.
    »Das Wichtigste ist
fun, Sweetheart.
«
    Johnnys Akzent ist stärker als der von Lady Lydia, was wahrscheinlich daran liegt, dass er im Pub hauptsächlich Englisch spricht. Ich vermute ja bis heute, dass die zwei früher mal etwas miteinander hatten. Ich erinnere mich, dass ich Johnny als Kind Onkel genannt habe und dass er oft bei uns daheim zu Besuch war. In der ersten Zeit des
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hat er manchmal Möbel geschleppt oder Lampen montiert. Später kam er seltener, obwohl der Kontakt immer freundschaftlich geblieben ist und wir einmal im Jahr zum großen
EIGHT
-Fest eingeladen sind. Lady Lydia schweigt sich zu dem Thema aus, ich bemerke aber stets ein heimliches Lächeln um ihre Lippen, wenn sie Johnny beim Einkaufen am Naschmarkt trifft.
    Zehn Minuten

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