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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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Flirtplattform zu sortieren, hat der kleine Zwischenfall keinen Abbruch getan. Meine Laune wiederum ist endgültig in der untersten Etage angekommen.
    Glahnz, jetzt auch noch dieser Glahnz. Der Typ ist mein höchstpersönlicher Moby Dick.
    »Jetzt hab ich ihn.«
    »Wen?«
    Im Kopfkino sehe ich Stella auf hoher See, wie sie einen gigantischen Wal im Schwitzkasten hat.
    »Dein perfektes Date. Schau mal!«
    Auf dem Bildschirm erscheint ein Foto, das gar nicht so übel ist. Kaum umwerfend, aber auch nicht abstoßend oder von einem Filmstar geklaut.
    »Geraldo 01 «, liest Stella vor, »fünfunddreißig, Mathematiker, sucht eine intelligente, kulturinteressierte Partnerin. Das ist doch was für dich, Dotti.«
    Es klingt zumindest nicht so schlimm wie das bisherige Angebot.
    »Welche Figur?«
    »Edward Cullen.«
    »Ein Teenagervampir, der in der Sonne glitzert?«
    »Du bist ein besserwisserischer Teenager mit fehlender Sozialkompetenz. Ihr seid füreinander geschaffen. Hast du die
Biss
-Bücher etwa nicht gelesen?«
    »Quer und nur mit Gummihandschuhen.«
    »Die waren so romantisch«, seufzt Stella.
    Ich schüttle stumm den Kopf. Stella doppelklickt geraldo01, und es öffnet sich ein Nachrichtenfenster.
    »Was hast du vor?«
    »Er ist online.«
    Ich gehe in Deckung.
    »Kann er mich sehen?«
    »Unsinn. Das ist nur ein Chat.«
    Stella strahlt mich an.
    »Und was mach ich jetzt?«
    »Du schreibst ihm.«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage!«
    »Dotti, ein Dating-Blog braucht zuallererst mal ein Date.«
    »Aber ich weiß doch gar nichts von ihm.«
    »Vertrau mir, das ist am Anfang immer so.«
    Stella hat bereits begonnen, das Nachrichtenfenster mit Text zu füllen. Ich schaue ihr misstrauisch über die Schulter. »Was schreibst du denn da?«
    Hallo geraldo01, Lust auf ein d
8
?,
steht dort in Veilchenrosa.
    »D 8 ?«, frage ich ratlos. »Ist das so etwas wie der G 8 -Gipfel?«
    »Das ist Internetsprech für Date.«
    Es macht Pling. Ich zucke zusammen.
    »Was ist jetzt?«
    »Er hat geantwortet.«
    Ich lese die Worte, die in Himmelblau auf dem Bildschirm stehen und schnaufe empört. Stella strahlt mich an.
    »Dotti, du hast ein Date.«
    »Was für ein Perverser!«
     
    Liebst du schon oder lebst du noch?
     
    Cyberromantik
    Montag, 10. Oktober
     
    Hallo, mein Name ist Dotti, und ich tue es!
    Ich date online.
    Wie Hunderttausende andere Menschen habe ich mich für die virtuelle Liebe registriert. Falls man kompatible Antworten gibt und die richtigen Buttons wählt, braucht man keinen Gedanken mehr daran zu verschwenden, in wen man sich letztendlich verlieben wird. Denn der optimale Partner ist nur einen Mausklick entfernt. Wie romantisch!
    Die Devise lautet: Wenn man auf eBay den passenden Kochtopf für jedes gefriergetrocknete Fertiggericht ersteigern kann, sollte man den Deckel gleich im Sonderangebot dazubestellen. Beziehungsshopping nach Ladenschluss, bezahlbar via PayPal – sauber, bequem und steuerlich absetzbar.
    Kandidat Nummer Nulleins für einen Platz in meinem virtuellen Herzen heißt Geraldo und ist nahezu perfekt. Er hat Haare auf dem Kopf, schielt nicht, beherrscht mehr als dreizehn Vokabeln und sieht auf seinem Profilfoto sogar trotz schlechter Belichtung halbwegs nach einem menschlichen Wesen aus. Ein wenig Photoshop hätte seinem JPEG gutgetan, aber dafür punktet er durch präzise Rote-Augen-Entfernung. Die Rechtschreibprüfung vom Duden-Korrektor hält ihn für gebildet, und der Kater mag den Ton, mit dem seine Kontaktaufnahme – Pling! – auf dem Bildschirm erscheint.
    Grund genug, ihn anzustupsen und mich mit ihm im Chatroom zu verabreden. Wenn sich herausstellt, dass er auch noch den gleichen Mailprovider, Internetbrowser und das passende Betriebssystem hat, können wir uns direkt durch den Virenscanner laufen lassen und unseren Facebook-Beziehungsstatus entsprechend einstellen. Anschließend haben wir Cybersex, bis die Leitungen glühen. Falls er mir das Herz bricht, entziehe ich ihm einfach mein »Gefällt mir« und lösche ihn aus meinem Adressbuch.
    Was haben die Menschen bloß früher gemacht?
     
    (follow @dottiliest bei Twitter)

Freitag, 14 . Oktober
    »Du bist für eine Beziehung so was von überqualifiziert.« Rita saugt an ihrem Strohhalm und zieht die Nase kraus. »Was ist das eigentlich für ein Fusel?«
    »Was?«
    »Fusel, Alkmüll, Scheißzeug – bin ich der Thesaurus?«
    »Nein, das andere. Was hast du grade gesagt? Was bin ich?«
    »Überqualifiziert. Entschuldigung.« Rita winkt

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