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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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reim dich oder ich erschlage dich mit einem pinkfarbenen Vibrator.«
    Ich hebe den rechten Arm zu einer entsprechenden Geste. Ein leises Räuspern aus der Richtung meiner Bürotür unterbricht mich. Lorenz dreht sich um, läuft hochrot an und springt auf, wobei er fast den Laptop vom Schreibtisch fegt. Dabei kneift er die Pobacken derart zusammen, dass er einem Vibrator nicht unähnlich sieht. Ich dagegen sitze immer noch mit erhobenem Arm da und betrachte das ungleiche Paar, das mein Büro betreten hat. Alfons Pohl, dem Schweißperlen auf der Stirn stehen, wechselt nervös von einem Bein aufs andere, während die kleine, zarte Frau an seiner Seite mich streng mustert.
    »Frau – äh – Wilcek, die Frauenministerin war so nett, uns auf dem Weg ins Parlament einen Besuch abzustatten, um Ihnen persönlich …« Pohl räuspert sich und öffnet den obersten Hemdknopf. Die Ministerin bedeutet ihm, still zu sein, und wirft meinem hoch erhobenen Arm einen Blick zu. Ich lasse ihn sinken, analog zu meinem Herz, das in die Unterhose rutscht. In den letzten drei Tagen war ich mit diversen wildfremden Menschen konfrontiert, die mir per E-Mail und Twitter Spott, Hass und Unterstützung schickten.
    Feministische Gruppen luden mich ein, Vorträge zu halten, Genderforscher wollten Interviews, und ein paar besonders lustige Zeitgenossen mailten mir anonyme Drohungen. Und alles nur, weil mein Kater eine Art Reinkarnation von Hemingway ist und ich eine Schreibblockade hatte.
    Das leibhaftige Erscheinen der Ministerin in der Redaktion des
Österreichboten
ist nun aber der Gipfel des Scheißbergs. Das ist die Frau, die seit einem halben Jahr darum kämpft, die österreichische Bundeshymne mit Töchtern zu versehen. Woher nimmt sie die Zeit, sich persönlich um so etwas Banales wie den Zustand »Pluskatze« zu kümmern? Es ist mir ein Rätsel.
    Vorsichtig schäle ich mich aus meinem Schreibtischsessel und stehe neben Lorenz stramm, um mein Urteil zu erwarten. Was haben ein fiktiver pinkfarbener Vibrator und die Bundeshymne gemeinsam? Heimat bist du großmäuliger Töchter!
    Nach einigen grauenhaften Sekunden tritt die Ministerin energisch an meinen Schreibtisch, streckt die Hand aus und schüttelt meine.
    »Frau Wilcek«, sagt sie mit ernster Miene, »ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Kolumne. Sie haben einen wichtigen Beitrag zur Emanzipation und Stärkung des weiblichen Selbstbewusstseins in der Öffentlichkeit geleistet. Es gibt immer noch Frauen, die sich ohne Mann als halber Mensch fühlen. Sie aber stellen sich hin und bekennen sich zu genau dieser Lebensweise.«
    Frigider Kampfsingularismus?
    Ein Grinsen breitet sich im Gesicht der Ministerin aus.
    »Pluskatze!«
    Ein unwahrscheinlich lautes Lachen dringt aus der Brust der kleinen Person im Businesskostüm.
    »Herrlich!
Ein Mann nimmt in etwa so viel Platz ein wie hundert Bücher. Leider lässt er sich nicht auslesen und zuklappen.
Warum ist
mir
das nicht eingefallen? Herr Pohl!« In komplett anderem Tonfall beordert sie den schwitzenden Chefredakteur an ihre Seite. »Ich möchte gern, dass das Statement des Frauenministeriums gleich unter dem Bericht über die Ehekrise des Vizekanzlers erscheint.«
    Sie zwinkert mir zu. Pohl nickt eifrig.
    »Und um Himmels willen sagen Sie der Bildredaktion, sie sollen nicht wieder dieses grässliche Profilfoto nehmen, auf dem ich wie ein hungriger Habicht aussehe.«
    Mit diesen Worten wendet sie sich zum Gehen.
    »Ach, und Frau Wilcek: Titan ist das neue Pink«, ruft sie mir zu, ehe Pohl die Tür mit einem verwirrten Gesichtsausdruck schließt.
    Lorenz steht immer noch kerzengerade, als hätte er das Titan im Po.
    »Ich fasse es nicht. Alle tun es«, flüstert mein Kollege mit glasigem Blick.
    »Was?«
    »Es ist kein Mythos der Pornoindustrie und kein
Hoax.
Frauen kaufen und benutzen Vibratoren!« Ein stolzer Ausdruck tritt in Lorenz’ Augen, und er sieht aus, als hätte er gerade das Perpetuum mobile erfunden oder Atlantis aufgespürt.
    »Was hast du denn gedacht, für wen sie gemacht werden?«
    Er antwortet nicht, sondern setzt sich und beginnt, wie wild auf meine Computertastatur einzuhämmern.
    »Ist dir ein Blog-Titel eingefallen?«
    »Nope. Ich schreibe nur schnell Statusupdates in Facebook und Google Plus und twittere, dass die Ministerin in Titan macht.«
    Ich stürze mich auf ihn und klappe den Laptop so fest zu, dass ich ihm fast die Finger eingequetscht hätte.
    »Bist du wahnsinnig?«
    »Das war ein
Witz.
«
    »Seit wann machst du

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