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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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Zeit zu Zeit im
Pies & Pages
vorstellen.
    »Mit welcher Begründung hat sie abgesagt?«
    »Darling, du weißt doch, dass sie immer wieder
depression
hat. Aber
depression
ausgerechnet zum
Afternoon Tea,
das ist schlechtes Timing.«
    Ich verdrehe die Augen, während ich in meiner Handtasche nach der Uhr suche. Ich muss sie gestern in der Oper mit dem restlichen Schmuck da hineingestopft haben.
    »Eine Depression hat nichts mit Timing zu tun, Mummy.«
    »O doch, es kommt nur auf die Einstellung an. Depressionen hebt man sich für die Zeit auf, in der man keine Termine hat. Nebenbei gesagt …«
    Ehe meine Mutter noch tiefer in die Thematik einsteigen kann, unterbreche ich sie rasch.
    »Und was hast du jetzt vor?«
    Noch ehe ich die Frage vollständig ausgesprochen habe, weiß ich, dass sie mich wieder mal reingelegt hat. Ich war abgelenkt. Mit einem Auge beobachtete ich den Kater, während ich die Handtasche ausleerte und zunehmend hektisch im Silberberg wühlte. So kann sich kein Mensch darauf konzentrieren, die eigene Mutter in Schach zu halten.
    »Gut, dass du fragst,
Darling
«, haucht Lady Lydia mit genau der richtigen Dosis Verzweiflung in der Stimme. Sie ist bühnenreif, das muss man ihr lassen.
    »Du musst mir einen
stand-in
besorgen. Du weißt schon, einen Surrogatautor.«
    Dieser Begriff bekommt einen Top-Five-Platz auf der
Best-of-Lydia
-Liste.
    »Wieso ich? Ich kenne privat keine Autoren. Ich mag sie nicht mal beruflich.«
    »Dorothy«, ein dramatischer Seufzer, »du kannst mich jetzt nicht runterlassen.« (Das steht schon auf Platz neun!) »Du bist doch meine intelligente, phantasievolle Tochter. Dir muss etwas einfallen.«
    Ich korrigiere: Sie ist nicht bühnenreif, sie ist hollywoodreif.
    »Ich sagte bereits, ich kenne keine
Autoren. Autoren
sind asoziale Sonderlinge. Sie sind wie diese Klugscheißer im Sandkasten, mit denen niemand spielen will, weil sie weder Burgen noch Torten fabrizieren, sondern heulen, weil alles nur Sand und Wasser ist.«
    Ich schnaufe und denke an diesen schrecklichen Typen mit dem stummen H, der mir seine Bücher aufdrängt. Glahnz. Florian Glahnz. Dessen Romantikbestseller ich immer noch nicht rezensiert habe. Oder an den erfolgreichen Fantasyautor, den ich zuletzt interviewen musste und der dabei ständig seine dicken, schwarzen Kajallinien im Spiegelbild des Fensters überprüfte und Mokka mit Whiskey trank. An den arroganten Literaturpreisträger, der auf junge Mädchen steht. Und besonders an den erfolglosen Selbstvermarkter Jonathan Asche, der mir als Vertreterin der Literaturmafia mit seinem Anwalt gedroht hat, weil ich sein Machwerk nach der Lektüre der ersten neunzig Seiten verrissen habe. Ganz zu schweigen von der Exkollegin aus der Auslandsredaktion, die sich nach einem mehrtägigen Qi-Gong- oder Kreativitätsseminar zur Krimiautorin berufen fühlt und mich seither permanent um eine Rezension für ihre Regionalkrimis anbettelt. Ich liebe Bücher, aber Autoren kann ich nicht leiden.
    »Dorothy, du musst wirklich an deinem Sarkasmatismus arbeiten. Du bist negativ. Du brauchst positive Gedanken. Außerdem warst du es, mit der die anderen Kinder im Sandkasten nicht spielen wollten, weil du immer ihre Kuchen und Burgen kritisiziert hast. Du kannst also genauso gut mit den Autoren spielen gehen.«
    Die Logik von Lady Lydia.
    »Und?«
    »Was und?« Ich schleudere die leere Handtasche in die Ecke. Wo ist die verdammte Uhr? Ohne meinen Kompass bin ich aufgeschmissen.
    »Ich brauche eine neue Sheila Sheridan.«
    »Fein.« Ich schalte das Handy auf Lautsprecher und lege es auf dem Hocker neben dem Sofa ab, um mit beiden Händen das Innenfutter der Handtasche abtasten zu können. »Ich habe eine Idee«, beruhige ich meine Mutter. »Mach dir keine Sorgen. In spätestens einer Stunde hast du Ersatz für Sheila Sheridan. Du kannst ja so lange Anekdoten über Gurkensandwiches erzählen.«
    »Und wen soll ich ankündigen?«
    Ich lächle, zum ersten Mal heute.
    »Einen Überraschungsgast.«
    Dann gefriert mein Lächeln. Nichts. Weder im Berg aus Silberschmuck noch im Innenfutter. Die Uhr ist verschwunden.
    »Aber
Darling
 …«
    Der Rest von Lady Lydias Protest ist nicht mehr zu hören. Der Kater ist mit einem Satz auf den Hocker gesprungen, hat mich aus riesigen Kulleraugen angeschaut und sich genau auf mein iPhone übergeben. Der Napf ist halb leer.
     
    »Seine großen, kräftigen Hände schlossen sich um meine festen Apfelsinenbrüste und massierten die empfindlichen Nippel. Ich

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