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Nasenduscher: Roman (German Edition)

Nasenduscher: Roman (German Edition)

Titel: Nasenduscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Kindes gesprochen. Noch nicht einmal das Geschlecht wurde von uns eindeutig bestimmt. Aber wann auch? Vor zehn Minuten lag ich noch unter einer eierschalenfarbenen Wiege und habe mit einem Inbusschlüssel Schrauben versenkt.
    »Bridget«, antworte ich daher fast wahrheitsgetreu, denn schließlich heißt die Puppe ja wirklich so. »Es, also ich meine, sie heißt Bridget.«
    »Ach, wie die Bardot? Brigitte Bardot.«
    »Nein, nicht Brigitte, sondern Bridget«, verteidige ich den Namen unserer nicht vorhandenen Tochter, »das kommt aus dem Amerikanischen. Genauer: Afroamerikanischen.«
    »Afroamerikanisch? Na ja, warum auch nicht. Kann ich die Kleine denn mal sehen und Frau Klopp wenigstens gratulieren?«
    »Das … ähm … das geht leider nicht. Ich würde es Ihnen ja gerne ermöglichen, aber Bridget schläft gerade. Und meine Freundin ist auch noch sehr erschöpft. Wissen Sie, es war eine sehr schwere Geburt. Komplikationen und so … Meine Freundin ist psychisch sehr angeschlagen.«
    »Verstehe.«
    Frau Schirmer dreht sich um, und ich möchte ihr gerade noch einmal für ihr Verständnis danken, als ein bekannter Ton mich in Alarmbereitschaft versetzt. Romeo. Den hatte ich vor lauter Vaterfreuden beinahe vergessen.
    »Ach, da habe ich ja Glück gehabt«, sagt Frau Schirmer und drückt sich schon an mir vorbei in die Wohnung. »Da ist wohl gerade jemand wach geworden.«
    Ich kann gar nicht so schnell schauen, wie sie sich den Weg ins Wohnzimmer bahnt und, ohne zu klopfen, in der Tür steht. Doch zum Glück hat Jana uns wohl belauscht und sitzt mit der imaginären Bridget im Arm auf der Couch und stillt sie. Eingehüllt in eine riesige Decke kann man Köpfchen und Gliedmaßen nur erahnen, aber es sollte genügen. Jedenfalls bleibt Frau Schirmer in einem Sicherheitsabstand von zwei Metern vor Jana stehen und flüstert nun ihrerseits.
    »Frau Klopp, ich wollte Ihnen nur kurz persönlich gratulieren. Herr Süßemilch hat mir gerade alles erzählt. Ich hatte ja keine Ahnung.«
    Für einen Moment glaube ich fast, dass Jana tatsächlich gestern ein Kind zur Welt gebracht hat, so perfekt spielt sie ihre Rolle. Sie wirkt zart und zerbrechlich. Und entweder ist es Angstschweiß, oder sie hat sich gerade noch mal den Kopf unter den Wasserhahn gehalten, denn auf ihrer Stirn schimmert es feucht in ganzer Perlenpracht.
    »Danke, Frau Schirmer. Es ging zum Schluss alles so schnell, dass wir weder vor noch nach der Geburt Zeit hatten, Sie davon zu unterrichten.«
    Frau Schirmer winkt ab.
    »Ist doch überhaupt kein Problem, und nach den ganzen Komplikationen ist das doch auch ganz normal. Da hat man andere Dinge im Kopf.«
    »Komplikationen?«
    »Ihr Freund hat mir alles erzählt. Aber das mit der Psyche wird sicherlich wieder. Wir Frauen wissen doch, wie das ist. Nach so einer schweren Geburt fällt man schon mal in ein dunkles Loch. Wichtig ist jetzt nur, dass Sie und das Kind gesund sind.«
    Janas Blick huscht für den Bruchteil einer Sekunde zu mir. Dann wieder zurück zu Frau Schirmer.
    »Ja, danke. Mathilda und mir geht es ansonsten prima.«
    »Mathilda?« Frau Schirmer sieht uns fragend an. »Ich dachte, die Kleine heißt …«
    Noch bevor Frau Schirmer weiterbohren kann, versuche ich, die Situation zu retten.
    »Bridget-Mathilda. Ihr Name ist Bridget-Mathilda. Meine Freundin wollte unbedingt einen Doppelnamen. Ich war ja nur für Bridget, aber wir wollten uns am Wochenbett nicht gleich in die Haare bekommen.«
    »Aha.« Frau Schirmers Verwirrung ist nahezu komplett. »Na ja, das müssen Sie wissen.«
    Zögerlich unternimmt sie den zweiten Versuch, endlich zu gehen, als erneut ein verräterisches Jammern aus dem Schlafzimmer von nebenan ertönt. Und wenn unsere Puppentochter nicht mit einem Bauchredner-Talent gesegnet ist, muss es von jemand anderem kommen. Und ich weiß auch, von wem. Nur kann ich das nicht sagen, sondern muss unsere Scharade um eine weitere Episode erweitern.
    »Du lieber Himmel, das hätte ich ja fast vergessen zu erwähnen.«
    Sowohl Frau Schirmer als auch Jana schauen mich erstaunt an und warten auf meine Erklärung.
    »Um ehrlich zu sein, Frau Schirmer … es … es sind … es sind Zwillinge.«
    »Was?«, ruft Frau Schirmer.
    »Was?«, ruft auch Jana.
    »Ja, Schatz, du weißt doch. Bridget-Mathilda und …«
    Ja, was und eigentlich? Es gibt Tausende von Namen, und dennoch will mir gerade kein einziger einfallen. Darum schleudere ich den einzig männlichen Namen heraus, der mir gerade in den Sinn

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