Nasenduscher: Roman (German Edition)
Nichts.«
»Das Spray?«
»Keine Reaktion.«
»Dann probieren Sie das andere Medikament, das ich Ihnen aufgeschrieben hatte. Das mit den Tropfen.«
»Habe ich auch schon. Nix. Und bevor Sie mich fragen, die anderen drei zeigen auch keine Wirkung.«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie bereits alle Medikamente ausprobiert haben?«
»Ja.«
»Du lieber Himmel! Aber Sie waren doch erst vor drei Stunden hier.«
»Ändert das was an der Wirkungsweise der Medikamente?«
»Äh, nein. Aber es ist ungewöhnlich.«
»Ungewöhnlich? Frau Doktor, das, was ich jeden Abend in meinem Badezimmerspiegel sehe, ist ungewöhnlich.«
»Verstehe. Dann kann ich nur noch einmal den Rat wiederholen, den ich Ihnen schon in der Praxis gegeben hatte.«
»Ich solle mir keine Katze kaufen?«
»Nein, dass Sie in die Berge oder ans Meer flüchten sollen. Und im Herbst beginnen wir dann mit der Spritzenkur.«
»Und da gibt’s sonst keine andere Möglichkeit? Könnten wir denn nicht schon jetzt mit den Spritzen beginnen?«
»Nein, tut mir leid.«
Ich bin desillusioniert. Wenn mir selbst meine Ärztin nicht mehr helfen kann, wer dann?
»Okay, trotzdem danke. Ich melde mich also im Herbst wegen der Spritzenkur bei Ihnen, Frau Doktor.«
»Gut, Herr Süßemilch. Alles Gute.«
Ich lege auf. Meine Augen brennen wie Feuer. Erschöpft und traurig verlasse ich den Palmengarten in Richtung Grüneburgpark. Ich sehe zehn Männer, die sich auf der großen Wiese ein Fußballfeld abgesteckt haben. Obwohl reichlich untalentiert, hecheln sie voll Freude hinter dem runden Leder her.
Beneidenswert.
Eine Gruppe von fünf Leuten hat sich keine zehn Meter vor mir unter einem Lindenbaum zu einer Yogagruppe zusammengetan. Alle sehen nicht nur herrlich entspannt, sondern auch unheimlich gut aus, wie sie so in den Unterbauch atmen.
Absolut beneidenswert.
Eine Familie sitzt in der Wiese und nutzt die ersten warmen Sonnenstrahlen des Frühlings zum Picknick. Alle lachen laut auf, als sich das Baby auf das grüne Wolloberteil seiner Mutter übergibt.
Nicht beneidenswert, aber pollenfrei.
Hatschi!
»Berge also. Oder Meer«, rufe ich mir selbst in Erinnerung und schnäuze in ein zerfleddertes Taschentuch. So kann ich jedenfalls nicht weitermachen. Und warum eigentlich auch nicht in den Urlaub fahren? Ist Urlaub nicht ursprünglich genau dafür erfunden worden?
Um sich zu erholen?
Um seine Wunden zu laben?
Ich habe meine Diplomarbeit abgegeben und somit frei. Jana kann sich um den blöden Kater ihres Chefs kümmern, und in ein paar Wochen fahre ich mit ihr dann halt noch mal in den Urlaub nach Kuba. Danach dürfte pollenmäßig sowieso das Schlimmste durch sein, und ich bin wieder ein frei atmender Mann. Ja, warum eigentlich nicht?
TEIL 2
Die Idee
13
Up and Away
A uf dem Oeder Weg stolpere ich über das erste Reisebüro. Im Schaufenster des Anbieters Up and Away laden Schnäppchenangebote dazu ein, vierzehn Tage all inklusive zu verbringen. Für nur vierhundertneunundsechzig Euro kann man hier zum Beispiel in ein kinderfreundliches Vier-Sterne-Hotel an der türkischen Riviera einchecken. Kinder unter zwölf Jahren nerven die anderen Hotelgäste dabei kostenlos und werden im Flipperklub fast rund um die Uhr betreut. Direkt daneben prangt die Werbung für das Grand Hotel Poseidons im griechischen Chalkidiki. Das Poseidons verfügt nicht nur über ein S zu viel, sondern auch über eine Speisenkarte für Menschen mit Diabetes und Lactoseintoleranz. Das Ganze kostet hundertfünfzig Euro mehr, ist dafür aber ohne nerviges Familiengeschrei. Es folgen noch zwölf weitere lukrative Angebote. Ich muss mich wohl beraten lassen.
Als ich eintrete, ertönt über der Tür ein Glöcklein. Im Inneren befinden sich zwei Schreibtische, vor denen jeweils zwei Stühle stehen. Zudem ist eine mit Katalogen tapezierte Holzregalwand zu sehen. Außer mir befinden sich noch zwei weitere Personen im Raum. Zumindest fast. Ein Papppärchen in Lebensgröße, das Hand in Hand und in Badeutensilien gehüllt am Strand von Barbados im Wasser planscht, wirbt mit seinen Astralkörpern und dem Slogan: Zeit für Auszeit – Gönnen Sie sich ein Stück vom Paradies . Und wenn man mühsam den Kopf verdreht, kann man darunter lesen: Die gebuchten Hotelstrände können von dieser Werbefotografie abweichend sein. Für Erstattungen und Forderungen aller Art übernehmen wir keinerlei Haftung.
Hatschi!
»Gesundheit!«
Eine adrette junge Frau mit professionellem Lächeln kommt hinter dem
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