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Nasenduscher: Roman (German Edition)

Nasenduscher: Roman (German Edition)

Titel: Nasenduscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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erklären kann, ist sie verschwunden, und ich stehe noch immer ohne Nasendusche da.
    »Das ist ja unmöglich …« Eine ältere Dame tippt mir von hinten auf die Schulter. »Was erlaubt die sich denn, die eigenen Kunden auszulachen. Die Nasenutensilien befinden sich übrigens vorn im ersten Gang vor der Kasse.«
    »Sie, sie … es ist nicht so, wie Sie denken. Wir scherzen häufiger. Es ist so eine Art Spiel zwischen uns. Aber danke für die Info.«
    Die Rentnerin schüttelt den Kopf und geht an mir vorbei.
    »Blödes Spiel. Guten Tag.«
    Das Schicksal meint es diesmal doch noch gut mit mir, und zwischen diversen homöopathischen Erkältungsmitteln entdecke ich sie: die Nasendusche für 9,95 Euro.
    Dazu wandern noch dreißig kleine Dosierbeutel des notwendigen Nasenspülsalzes in meinen Korb. Na, dann wollen wir doch mal sehen, ob du hältst, was du versprichst.
    Schon beim Aufreißen des Beutels mit den Zähnen verteilen sich einige Salzgranulate in meinem Mund und hinterlassen einen Hauch von Brechreiz. Im Anschluss entleere ich den Beutel in den kleinen Behälter der Nasendusche und fülle diesen mit lauwarmem Wasser. Nach wenigen Sekunden scheint sich alles aufgelöst zu haben, und ich schüttele das Ganze, wie in der Beschreibung ausgeführt, abschließend noch ein wenig durch.
    Ich lese weiter: Halten Sie nun das kippbare Halsventil des Gefäßes an eines Ihrer Nasenlöcher. Öffnen Sie den Mund und lassen Sie die Lösung durch das andere Nasenloch ablaufen.
    Langsam lasse ich mir die Lösung in den Kopf laufen. Zunächst tut sich nicht viel, dann öffne ich, wie empfohlen, den Mund, und die erste Salzwelle schießt mir spürbar durch die Kanäle. Ich würge ein paar Mal, halte aber wacker durch und tatsächlich: Wie von Geisterhand fließt mir darauf ein kleines, ekelhaftes Rinnsal zum anderen Nasenloch hinaus. Das gesamte Szenario beobachte ich dabei im Spiegel und erkenne, wie unglaublich bescheuert ich dabei aussehe. Was ich leider nicht bedacht hatte, war, dass das Rinnsal nach Verlassen meines Hals-Nasen-Ohren-Bereichs auch gerne wieder irgendwohin abfließen würde. Also haste ich mit der Nasendusche am Kopf zum Waschbecken und lasse der Salzbrühe mitsamt Nasenschmutz ihren natürlichen Lauf. Das Ganze ist in etwa so unterhaltsam wie eine Bundeswehrmusterung. Nur werden hier die oberen statt der unteren Löcher bemüht.
    Mich erinnert das Gefühl an meinen letzten Spanienurlaub. Und zwar an den Moment, als ich von einer Welle überrascht und von der Luftmatratze gestoßen wurde und dabei etwa ein Hektoliter Mittelmeer in meine Atemwege drang. Der gemeine Mitteleuropäer merkt aber schnell, dass die Costa Brava dort nicht hingehört, und würgt sich die Lagune wieder aus den Kanälen. Genau diesen natürlichen Reflex muss ich nun für circa fünf Minuten Nasenduschspaß unterdrücken.
    Ich kann meine Willensstärke nur als ritterlich und heldenhaft beschreiben. Allerdings muss ich zugeben, dass ich im Anschluss tatsächlich einige Minuten relativ stressfrei atme. Immerhin. Leider kann ich mir aber keine Standleitung aus dem Mittelmeer ins Nasenloch legen. Daher ebbt dieser Effekt nach rund zwanzig Minuten wieder ab.
    Auf RTL läuft derweil Die große Reportage: Scharf, Schärfer, Schmerzgrenze – Deutschlands heißeste Snacks . Um den schärfsten Gaumen Deutschlands zu finden, hat der Sender vier Lokale ausgesucht, die sich allesamt auf die Fahnen geschrieben haben, die schärfsten Gerichte für ihre Gäste zu brutzeln. Ich trockne mir das Salzgemisch vom Hals und stelle den Ton lauter.
    Es tritt an: ein Koch aus Neu-Delhi, der in Hamburg für seine Gäste ein so scharfes Biryani köchelt, dass es selbst jedem Inder den Punkt von der Stirn haut. Nummer zwei ist ein Super-Hot-Wings-Amerikaner aus Berlin. Dazu gesellen sich ein afrikanisches Restaurant aus Leipzig und eine Currywurstbude aus Frankfurt. Frankfurt? Da stelle ich den Ton doch noch etwas lauter. Als Lokalpatriot schaue ich natürlich genauer hin. Der Chef der Frankfurter Currywurstbude mit dem Namen Best Worscht in Town heißt Lars Obendorfer und wird mit dem Untertitel Godfather of Worscht bezeichnet. Ein Zweimeterhüne isst gerade eine der Godfather-Würste, lacht und sagt mit tränenden Augen in die Kamera: »Meine Scheiße, das räumt die Atemwege aber mal so richtig frei.«
    Der beauftragte RTL -Mediziner erklärt dazu im Anschluss, dass scharfe Speisen durchaus den Nebeneffekt haben, für kurze Zeit die Atemwege befreien zu können.

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