Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nasenduscher: Roman (German Edition)

Nasenduscher: Roman (German Edition)

Titel: Nasenduscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
Vom Netzwerk:
Gate angekommen erkenne ich zunächst die Gruppe vom Stamm der US -Kurzhosenindianer, die eine der wenigen Sitzecken okkupiert hat und lautstark vor sich hin pubertiert. Ich gehe zum entgegengesetzten Ende des Wartebereichs, wo ich zwischen einer Apfelsinenschale und drei gebrauchten Tempotaschentüchern noch einen halbwegs brauchbaren Platz ergattere. Allerdings nervt mich hier eine holländische Familie, deren Kinder unaufhörlich zwischen den Beinen der anderen Passagiere umherrennen, kriechen oder sich schlangenartig am Boden fortbewegen. Irgendwie hab ich es einfach nicht so mit Kindern. Zum Glück steht Janas Kinderwunsch deutlich einen Rang hinter ihrem Ehrgeiz, in der Bank voranzukommen. Ich halte es daher mit dem Frankfurter Travestiestar Bäppi La Belle, die zu diesem Thema sagt: »Ich habe nichts gegen Kinder … jedenfalls nichts Wirksames.«
    Rumms. Wieder ein Schlag gegen mein Knie. Die holländischen Kinder spielen zwischen den Sitzreihen und meinen Beinen eine aggressiv-niederländische Variante von Fangen. Der Junge hat einen ahoibrausebunten Pullover mit dem Schriftzug De Leeuwenkoning und dem dazugehörigen Bild von Junglöwe Simba, Erdmännchen Timon und Savannenkeiler Pumba an. Die Schwester der wandelnden Disneywerbetrommel trägt keinerlei Zeichentrickfiguren auf ihrer Kleidung, jedoch eine unglaublich hässliche Brille. Hierbei ist eines der Gläser abgeklebt worden, um ihren schielenden Blick zu korrigieren. Man müsste ihr vielleicht auch noch das andere Auge zukleben. Das würde es für mich deutlich interessanter machen, ihr Fangspiel zu beobachten.
    Des Weiteren erregt ein japanisches Ehepaar meine Aufmerksamkeit. Wie gut ein Dutzend weiterer Passagiere verdrehe ich hinter meiner dunklen Brille die Augen, während das leicht androgyn wirkende Ehepaar nervös durch die Reihen hasardiert. Alles in ein sehr nettes GlückskeksLächeln getüncht, aber dennoch wahnsinnig nervend. Denn der männlicher wirkende Teil der beiden zwängt sich nun bereits zum dritten Mal durch die Menschenmenge zum Schalter. Dort fragt er ebenfalls zum dritten Mal, ob er denn jetzt mit Boarden dran sei, und die Airline-Mitarbeiterin antwortet zum dritten Mal mit: » NEIN !« Schon die beiden Male zuvor hat sie ihm erklärt, dass von hinten nach vorn und nicht von Penetranz nach Höflichkeit geboardet werde. Er nickt und lächelt sich durch die Menschentraube zurück zu seinem Ehe-Neutrum. Dabei zeigt seine Miene für alle sichtbar, dass er das Prinzip immer noch nicht begriffen hat. Kurz darauf übermittelt er seiner Frau die Botschaft, die dies wiederum nur mit noch hektischerem Nicken quittiert. Dabei wackelt auf ihrem Kopf das unumstößliche Indiz einer jeden asiatischen Frau auf Reisen: der Stoffhut.
    Dieser wurde formschön durch ein weißes Band am spitzen Kinn fixiert, denn der Kopfschmuck könnte ja der Lotusblüte bei einem plötzlich auftretenden Hurrikan mitten im Terminal 2, Gate 22, von der Birne geweht werden. So eine tückische Windhose tritt schließlich gerne mal in geschlossenen Räumen auf. Allerdings beruhigt mich das seltsame Verhalten meiner Mitreisenden auch wieder ein wenig. Denn so falle ich mit meinem Kater an der Leine gar nicht mehr auf und bin vielleicht doch nicht der seltsamste Fluggast, der heute in seinen Urlaub aufbricht.

22
    Spanien im Schritt
    I m Flieger haben Romeo und ich einen Platz mit Beinfreiheit erhalten. Eine Art Behinderten-Upgrade auf meine vorab gesendete Info-Mail. So findet der Reisebehälter samt Katerinhalt nun bequem zu meinen Füßen Platz. Kapitän Jan-Christoph Hansen begrüßt uns nach dem erfolgreichen Startvorgang mit der gewohnt schnoddrignuscheligen Ansage, wie alle Flugkapitäne es zu tun pflegen. Da ich sowieso schon den Blinden mime, konzentriere ich mich mit geschlossenen Augen auf seine Stimme und versuche seine Worte zu entschlüsseln.
    »Sehr verehr… nuschel, nuschel … und Herren nuschel, nuschel … Kapitän Jan-Christoph Hansen … nuschel, nuschel … auf dem Lufthansaflug 481 von Frankfurt nach Miami … nuschel, nuschel … die voraussichtliche Flugzeit beträgt … nuschel, nuschel … Stunden … nuschel, nuschel … achttausend Meter Flughöhe … nuschel, nuschel … und einen angenehmen Flug.«
    Im Anschluss gibt Lord Nuschel seine Infos noch auf Englisch preis, wobei ich hierbei energisch bezweifle, ob es sich überhaupt um eine humanoide Sprache handelt oder Aliens bereits das Cockpit gestürmt haben und uns von ihrer neuen

Weitere Kostenlose Bücher