Nasenduscher: Roman (German Edition)
nose.«
»Oh, really?«
Okay, blöde Idee und eher kontraproduktiv. Ich versuche zu retten, was noch zu retten ist.
»No, not what you think. No drugs. It’s a nose shower.«
»A what?«
»A nose shower. A shower for the nose.«
Ich imitiere einen Brausekopf, indem ich mit einer Hand über dem Kopf kreise.
»Are you kidding me?«
Der Muskelberg wird langsam ungehalten. Er denkt, ich würde ihn verarschen. Ich muss etwas unternehmen.
»No. This is the truth. I have problems with my nose. And this is salt. It helps me to breath.«
Schon erstaunlich, wie ich mit meinem th-freien Schulenglisch all diese Vokabeln hervorzaubere.
»Show me.«
Will er wirklich, dass ich ihm das vorführe?
Doch der Muskelberg wiederholt seine Forderung. »Show me, how it works.«
Ich unternehme einen letzten Abwehrversuch.
»But … but I need some water.«
»No problem.«
Er ruft einen weiteren Kollegen. Dieser bringt nicht nur ein Glas Wasser, sondern auch noch zwei weitere Kollegen aus dem Nachbarbüro, die sich dieses Schauspiel nicht entgehen lassen wollen. Die herbeigeeilten Kollegen wiederum rufen im Nebenbüro an, woher kurz darauf drei weitere Uniformierte durch die Tür treten und eine Art Stuhlkreis um mich bilden. Und so stehe ich nun im Büro der Einwanderungsbehörde und führe der Border Control die Einzigartigkeit einer Nasendusche vor. Ich löse den mysteriösen Inhalt eines Granulatpäckchens in der Nasendusche auf und bitte wie einst David Copperfield einen der Beamten, den Inhalt zu überprüfen. Dazu hält dieser einen kleinen Papierstreifen ins Wasser und schüttelt für alle sichtbar den Kopf.
»No cocain.«
Allerdings scheint der negative Drogentest die Anwesenden nur noch am Rande zu interessieren. Was sind schon Drogenschmuggler gegen einen blinden Europäer mit Führkatze, der sich eine Salzlauge durch den Schädel laufen lassen möchte? In der Ecke des Büros entdecke ich ein Waschbecken. Also frage ich blindengerecht, ob sich ein solches im Raum befindet. Man führt mich dorthin. Der gesamte Stuhlkreis folgt mir und reiht sich erwartungsfroh um das Becken. Dann beginnt die Vorführung. Ich setze das Ausflussventil an mein linkes Nasenloch, drücke den Hebel, öffne den Mund und warte zwei, drei Sekunden. Ein imaginärer Trommelwirbel setzt ein, und die Beamten starren mit weit aufgerissenen Augen auf mein rechtes Nasenloch.
»I can’t see anything«, beschwert sich einer der Cops, worauf er von seinem Sitznachbarn angeherrscht wird, etwas geduldiger zu sein. Und dann geschieht es. Unter lautem Jubel tritt die Salzlösung wie von Geisterhand auf der anderen Nasenseite wieder aus. Die Stille wird durch Gegröle und schrilles Lachen gebrochen. Vereinzelt wird mir sogar Beifall gespendet, was jedoch nur noch mehr Beamte in das Büro lockt. Nachdem der Behälter zur Hälfte entleert ist, biete ich dem Muskelberg an, es selbst einmal zu probieren, was insbesondere bei seinen Kollegen auf breite Zustimmung stößt. Ich erkläre ihm in einem Crash-Kurs die wichtigsten Regeln des Nasenduschens. Kurz darauf findet sich das Ventil an einem afroamerikanischen Nasenloch wieder und tut auch hier verlässlich seinen Dienst. Die komplette Einreisebehörde Südfloridas droht vor Begeisterung auszurasten, als die Brühe auch bei ihm vom anderen Nasenloch ins Becken abfließt. Es folgen drei weitere Kollegen, zwei Salzpäckchen sowie ein gemeinsames Gruppenfoto mit meinen neuen Freunden der South Florida Border Control. Meine Angst ist verflogen, hier interessiert sich niemand mehr für meine Einreise. Schließlich schenkt mir der Muskelberg sogar noch ein Abzeichen, das mich zu einer Art Ehrenmitglied der Einwanderungsbehörde macht. Im Anschluss begleitet man Romeo und mich mit einem Sondershuttle, der sonst nur für hohe Regierungsmitglieder bestimmt ist, vorbei an holländischen Familien und asiatischen Sonnenhüten, direkt in die Ankunftshalle.
Kaum zu glauben. Eine ordentliche Nasendusche verbindet die Völker dieser Erde mehr als jede UNO -Friedenskonferenz. Anstatt sich auf Schlachtfeldern zu bekriegen, sollte die US -Army Hunderttausende dieser Nasenduschen über Afghanistan, Syrien oder dem Irak abwerfen. Dann könnte man den anderen vielleicht endlich besser riechen und sich die Sache mit den Bomben und Attentaten einfach schenken.
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Eiszeit in Südflorida
T rotz der zeitraubenden Salzwasserfestspiele im Büro der Einwanderungsbehörde bin ich der Erste am Kofferband. Mit Romeo an der Leine
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