Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nasenduscher: Roman (German Edition)

Nasenduscher: Roman (German Edition)

Titel: Nasenduscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
Vom Netzwerk:
weniger aus als in dem Tütchen. Ich muss aus dem kläglichen Überbleibsel wenigstens drei einzelne Nasenduschen gewinnen, sonst bekomme ich ein Problem für die restlichen Tage. Aber wie? Denk nach, Robert! Du bist doch aus Frankfurt, der Hauptstadt der Junkies! Und im Moment bist auch du ein Junkie. Ein Nasenduschjunkie. Also handele auch so. Schnell suche ich in meiner Jackentasche nach meinem Geldbeutel und fingere zwischen diversen Tankquittungen meine EC-Karte heraus. Ja, das könnte klappen. Zumindest habe ich es schon oft genug im Fernsehen gesehen. Zurück im Bad knie ich mich vor den Toilettendeckel und teile mit der Plastikkarte mein Pulver in drei gleich große Häufchen. Drei mickrig kleine Häufchen, die so kläglich aussehen, dass ich auf eine weitere Idee aus dem Drogenmilieu verfalle.
    Strecken! Ich muss meinen Stoff strecken. Dann habe ich mehr davon.
    Hatschi!
    Aber wie? Was dem Heroinabhängigen das Backpulver ist mir der Tischsalzstreuer. Nur wo bekomme ich zu dieser Uhrzeit so ein Teil her?
    Doch die Lösung liegt näher, als ich denke. Sie liegt praktisch direkt vor den Füßen.
    »Na klar«, rufe ich aus und schlage mir vor die Stirn. Als ich vom Abendessen zurückkam, standen vor einigen Kabinentüren noch die Tabletts mit Essensresten der Passagiere, die ihre Speisen in der Kabine zu sich genommen hatten. Mit ein wenig Glück finde ich dort vielleicht auch einen Salzstreuer.
    Ich öffne die Tür einen Spaltbreit und spähe in den Gang. Die Luft ist rein, alles ist ruhig. Ich schleiche nach draußen und sehe, dass tatsächlich noch einige Tabletts vor den Kabinen stehen. Auf den ersten beiden finde ich jedoch nur kalte Lasagne sowie zwei Gläser mit Rotweinresten. Keine Spur von Salz. Verdammt. Langsam bildet sich kalter Schweiß auf meiner Stirn. Die ersten Anzeichen meines Entzugs. Ich muss mich beeilen, bevor ich ganz auf Turkey bin. Schnell klappere ich nun die anderen Tabletts ab, doch das Ergebnis ist niederschmetternd. Leben die Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen salzlos? Immer verzweifelter wühle ich wie ein Waschbär in den Essensresten nach dem weißen Stoff meiner Träume. Ich lecke sogar einmal einen Tellerrand ab, um zu überprüfen, ob die kleinen Kristalle Salz sind. Sind sie nicht. Es sind Reste eines Zuckerwürfels. Für einen ordentlichen Salzstreuer würde ich alles tun. Das nennt man wohl Beschaffungskriminalität.
    Und dann, als ich schon alle Hoffnung aufgegeben habe, finde ich etwas. Vor Kabine 2134. Mit Pommesresten hat man es belanglos neben einem T-Bone-Steak-Knochen abgelegt. Ein Tütchen Salz. Es waren ursprünglich sogar mal zwei, doch das andere Tütchen wurde wild über die Pommes verstreut, die man im Anschluss jedoch ignorierte. Diese Verschwender! Aber gut, ich habe zumindest ein wenig Salz. Zwar keinen kompletten Salzstreuer, aber immerhin ein Tütchen. Das sollte mir zunächst reichen. Ich kratze noch etwas Salz von den Pommes in die Handfläche ab und kralle mir den Beutel. Im Laufschritt eile ich zurück zu meiner Kabine, wo ich mit zittriger Hand meine Beute begutachte. Professionell tippe ich zunächst meinen angefeuchteten Mittelfinger in das Innere des Tütchens und kontrolliere das Ganze auf die Qualität des Stoffs. Meine Geschmacksnerven bestätigen mir meine Hoffnung. Es ist Salz. Und es ist gutes Salz. Von hoher Reinheit. Mein Herz beginnt zu rasen, und meine Pupillen weiten sich auf Frisbeescheibengröße. Ich brauch jetzt dringend eine Nasendusche. Kurzatmig mische ich eines der kleinen Häufchen mit dem sauberen Salz, sodass das Ganze wieder der Menge eines Original-Tütchens entspricht. Eine ordentliche Ladung für meine Nase. Ich lasse etwas warmes Wasser in den kleinen Plastiktornister meiner Nasendusche laufen, löse den gestreckten Stoff darin auf, schüttele ein paar Mal, dann setze ich das Ventil an mein Nasenloch und öffne es. Ich spüre, wie es in mich strömt, Besitz von mir ergreift. Schon nach den ersten Tropfen sinke ich entspannt neben der Toilette nieder und lasse den restlichen Ausfluss über Hemd und Oberkörper laufen. Neben mir bildet sich eine Salzpfütze, doch ich bekomme davon nichts mehr mit. Ich bin in meiner eigenen Welt. Ich bin voll auf Salz.
    Etwas leckt an mir und holt mich zurück ins Leben. Ich war etwas eingedöst, und als ich aufwache, liege ich mit meiner Nasendusche im Arm neben der Toilette. Romeo fährt mir mit seiner Zunge feucht um die Nase. Ich bin noch zu schwach, um mich wirklich dagegen wehren zu

Weitere Kostenlose Bücher