Nasenduscher: Roman (German Edition)
mit ihren Kindern an den Telefonhäuschen vorbei, wobei die Mutter der Bande den Kindern in spanischer Sprache lauthals den Weg frei schreit.
»Hast du Besuch?«
»Besuch? Quatsch … nein. Das ist nur …« Es ist nicht leicht, unter Druck eine plausible Erklärung zu finden, warum in unserem Wohnzimmer spanisch gesprochen wird. Also suche ich nach einer Lösung. »Ich schau den Film auf Spanisch.«
»Was? Warum das denn?«
»Warum, warum … Frag doch nicht so.«
»Doch.«
»Ich lerne halt Spanisch. Das funktioniert doch am besten, wenn man Filme in Originalsprache schaut.«
Es folgt eine kurze Pause, in der ich befürchte, dass mein Kartenhaus im nächsten Moment einstürzen wird. Doch Janas Antwort klingt weder sauer noch misstrauisch, sondern vielmehr gerührt.
»Es ist wegen Kuba, stimmt’s?«
Kuba? Wieso kommt sie gerade jetzt auf Kuba? Na klar, wegen des Urlaubs! Jana liegt mir schon seit langer Zeit wegen des Urlaubs in Kuba in den Ohren. Das passt.
»Genau, wegen Kuba. Jetzt hast du die ganze Überraschung kaputt gemacht.«
»Robert, das ist ja so süß von dir, dass du jetzt Spanisch lernst.«
»Ja, so bin ich.«
»Du, ich freu mich schon wahnsinnig auf dich. Hier läuft’s super. Eilhoff wird Augen machen, wenn wir ihn wieder treffen.«
»Ja, das wette ich.«
»Okay, ich muss jetzt aber noch ein wenig schlafen. Muss früh raus und habe so viel zu erledigen heute.«
»Du schaffst das.«
»Danke.«
»Ich muss auch los. Das Frühstück ruft.«
»Das Frühstück? Es ist bei euch doch später Abend.«
Immer wieder diese Zeitzonenfalle. Verdammt!
»Für ein gutes Frühstück ist es nie zu spät.«
»Du Spinner.« Ich höre Jana lachen. Glück gehabt. »Ich drück dich ganz lieb.«
»Ich dich auch.«
»Und pass mir gut auf Romeo auf.«
»Klar, kein Problem.«
»Ich liebe dich, Robert.«
»Ich dich auch.«
»Ciao, bis bald.«
»Ja, ciao oder hasta luego , wie der Spanier so sagt …«
36
Der heilige Robert
D as hat doch mal super geklappt. Nun kann ich mich auch entspannt auf die Suche nach den versteckten Schätzen des Hafenstädtchens machen. Dennoch möchte ich keine geführte Tour buchen, sondern mit Romeo Roatan auf eigene Faust erkunden. Also ziehen wir los und tingeln durch die Straßen. Machen wir es kurz: Roatan ist nicht gerade das, was man eine pulsierende Metropole nennen würde. Und die von Frau Beilenstein angekündigten versteckten Schätze scheinen so gut verborgen, dass ich sie nicht zu finden vermag. Aber die Einheimischen sind sehr nett und gar nicht so penetrant, wie ich dachte. Zwar werde ich innerhalb einer halben Stunde dreimal auf Kokain und Haschisch angesprochen, aber landestypische Sitten und Gebräuche muss man halt akzeptieren. Nach einer weiteren halben Stunde habe ich alles abgeklappert, was man als interessierter Tourist gesehen haben sollte, und ich beschließe, mich irgendwo in eine Bar zu setzen. Es ist kurz nach zehn, als ich ein Angebot sehe, das da lautet:
5 beer for ten Dollar, nachos included
Ui, kann man als Touri alkoholmäßig so früh am frühen Morgen schon die Jalousien runterlassen? Scheiß drauf, warum eigentlich nicht! Ich lasse mich von Romeo in den Laden zu einem Tisch leiten. Zumindest sieht es danach aus. Stattdessen setze ich mich einfach an den Tisch, an dem er zufällig kurz anhält.
»Hajo, also wirklich …«, vernehme ich eine bekannte Stimme von einem Tisch einige Meter entfernt.
Verdammt! Tatsächlich. Hajo und Gitte haben sich ebenfalls einem kleinen Frühschoppen verschrieben. Sie können mich zwar nicht direkt sehen, dennoch bedeutet das für mich, dass ich auch in dieser Bar dem blinden Robert treu bleiben muss. Und sogleich bemerke ich noch etwas: die bewundernden Blicke der Einheimischen. Einen blinden Mann mit Katze sieht man demnach auch in diesem Teil der Welt eher selten. Kurz überlege ich, ob es nicht ein schlechtes Vorbild für die anwesenden Kinder darstellt, sich als blinder Mann zwischen all den Frühstücksgästen die Lichter auszuknipsen. Na ja, ein schneller Drink sollte doch okay sein. Dann lasse ich Hajo, Gitte und den Rest der Truppe in Frieden und ziehe weiter.
Also treffe ich eine Kompromissentscheidung, die da lautet: STRAWBERRY MARGERITA .
Der Glasinhalt wirkt durch das freundliche Erdbeerrot eher harmlos, hat aber eine solide Wirkung. Nebeneffekt meines vorangegangenen Spaziergangs bei einunddreißig Grad in der Morgensonne: Ich trinke die STRAWBERRY MARGERITA etwas zu schnell! Und da
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