Nasenduscher: Roman (German Edition)
ruft mir einer der Matrosen des Schiffs von Weitem zu, der bereits die Gangway einholen will. Ich bin anscheinend nicht nur der bescheuertste, sondern auch der letzte Passagier, der an Bord will.
»Hurry up, Sir. We’re leaving Honduras.«
Oh, verdammt, ich hätte beinahe meine Tarnung aufgegeben. Schnell rücke ich meine dunkle Brille zurecht und winke zurück.
»Sorry, I’m blind. Give me a second.«
Gerade als ich die Gangway betrete, sehe ich, wie ein pelziger Schatten in Richtung des Schiffs rennt. Romeo?
»Stop. One moment, please. My cat.«
Der Matrose scheint erstaunt, dass der blinde Mann etwas gesehen haben will, was selbst seinen Augen verborgen blieb.
»Where? I can’t see anything.«
»Äh, but I can feel it.« Ich stottere etwas und deute in Richtung eines rostigen Containers, hinter dem ich Romeo vermute. »Somewhere over there.«
Und tatsächlich. Der Matrose entdeckt Romeo und schiebt die Gangway so weit zurück, dass Romeo zu mir auf die unterste Stufe springen könnte. Doch der zögert.
»Komm schon, Romeo. Spring.«
Und dann springt Romeo. Und landet genau in meinen Armen. Er sieht unglaublich scheiße aus und stinkt wie ein Güllefass. Das Fell ist zerpflügt, und auch einige blutende Wunden zieren seinen Körper. Doch ich bin glücklich, dass er nicht einem der von Herr Brandaos beschriebenen Täter zum Opfer gefallen ist, die ihm das prämierte Fell über die Ohren gezogen haben. Seine Kampfspuren sind allerdings unübersehbar. Er scheint nicht nur einen Akt der Liebe vollzogen zu haben. Aber was erwartet man auch von einem schwulen Katergangbang in Honduras.
37
Katzentripper
H err Süßemilch, nicht wahr? Wie kann ich Ihnen helfen?«
Dr. Bromsen scheint ein höflicher Mann zu sein. Er führt mich an seinen Schreibtisch, und ich nehme Platz. Zum Glück hatte ich ja bereits einen Termin ausgemacht. Eigentlich war dieser gedacht, um etwas gegen Romeos Übelkeit zu bekommen, aber seit wir wieder zurück an Bord sind, leckt sich der Kater alle Augenblicke an seinen Geschlechtsteilen.
»Ehrlich gesagt will nicht ich etwas von Ihnen, sondern mein Begleiter.«
Ich deute mit dem Blindenstock vage in Romeos Richtung.
»Ich habe schon von Ihnen und Ihrem Kater gehört, Herr Süßemilch.«
»Tatsächlich?«
»Natürlich. Wir sind auf einem Schiff. Da spricht sich so etwas schnell herum. Aber gut, dann wollen wir uns Ihren Kater mal genauer ansehen. Er sieht ziemlich mitgenommen aus.«
»Er hat sich gestern übergeben und war heute beim Landausflug etwas wild. Und seither leckt er sich den Unterleib.«
»Wild? Was meinen Sie genau damit?«
»Er ist rollig.«
»Kater werden nicht rollig, nur Katzen.«
»Äh, ja, das habe ich auch schon gehört. Ich nenne es nun mal trotzdem so. Jedenfalls hat Romeo sich … na ja, wie soll ich sagen, sexuell aktiv verhalten.«
»Aha. Er hatte also Geschlechtsverkehr.«
»Ja.«
»Und seither leckt er sich?«
»Unentwegt.« Wie aufs Stichwort steckt Romeo erneut seinen Kopf in den Schoß und legt los. »Sehen Sie, genau das meine ich.« Sofort rufe ich mich zur Ordnung. »Nun, ich kann es hören. Er leckt sich doch gerade wieder, oder?«
»Ja, das tut er. Erstaunlich.«
»Ja, ich habe auch keine Ahnung, was das soll.«
»Nein, das meine ich nicht. Ich finde es erstaunlich, dass Sie nur aufgrund der Akkustik zuordnen können, dass sich Ihr Kater leckt. Noch dazu, wo er sich gerade leckt.«
»Oh, ich kann Ihnen versichern, dass das viel weniger erstaunlich ist, als Sie denken.«
Das dürfte das erste wahre Wort in diesem Gespräch sein. Doch Dr. Bromsen scheint mit meiner Erklärung zufrieden und widmet sich nun Romeo.
»Ich bin zwar kein Tiermediziner, aber ich versuche mein Bestes.«
»Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass er sich gleichgeschlechtlich verlustiert hat.«
»Gleichgeschlechtlich? Sie meinen, Ihr Kater ist homosexuell?«
»Es scheint so.« Jetzt wird aber dringend wieder eine Erklärung nötig. Dass ich das Lecken hören kann, ist ja schon starker Tobak. Dass ich aber auch noch die sexuelle Orientierung meines Katers hören kann, wäre etwas zu dick aufgetragen. »Ich selbst habe es natürlich nicht gesehen. Aber eine Begleiterin hat mir davon erzählt.«
»Verstehe. Nun dann.«
Dr. Bromsen hebt Romeo vor sich auf den Tisch und beginnt mit einigen arzttypischen Handgriffen. Romeo lässt alles geduldig über sich ergehen. Er schnurrt sogar, als ihn der Arzt im Intimbereich untersucht. Ja, er muss schwul
Weitere Kostenlose Bücher