Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
begleite ich sie, denn sie muss eine wichtige Mission erfüllen.«
Gerner schwieg lange. Saiphs Beharrlichkeit schien ihn zu beeindrucken, auch wenn er sich nichts anmerken lassen wollte.
»Nein, es ist beschlossene Sache«, sagte er dann. »Ich habe schon jemanden ausgesandt, die Verhandlungen mit dem Grafen aufzunehmen.«
»Warum gibst du ihr keine Chance?«, ließ Saiph nicht locker. »Rede mit ihr, hör zu, was sie zu sagen hat. Dann kannst du immer noch entscheiden, ob du ihr glauben willst oder nicht, und entsprechend handeln.«
Gerner blickte ihn wieder lange aus funkelnden Augen an. »Eine Talaritin zu lieben ist gegen die Natur«, raunte er schließlich.
»Es ist Freundschaft, eine tiefe Freundschaft, die uns verbindet. Unzählige Male hat sie mir das Leben gerettet. Das letzte Mal erst vor wenigen Stunden, als wir am Ufer dieses Sees angegriffen wurden. Wenn du mir nicht glaubst, so frage doch den jungen Femtiten, der uns gefangen genommen hat.«
Gerner ergriff seinen Arm. »Das will ich nicht gehört haben. Dir zuliebe. Du bist noch nicht lange bei uns, und dein Geist ist noch verwirrt von ihren Lügen. Aber hier wirst du dich verändern, und eines Tages lachst du nur noch, wenn du an deine lächerlichen Beteuerungen zurückdenkst. Sie ist treulos, Saiph, so wie alle Talariten, und je eher du dich von ihr löst, desto besser für dich.«
Saiph stöhnte.
»Aber wenn dir so viel daran liegt«, fügte der Rebellenanführer hinzu, »will ich dir den Gefallen tun. Ich werde mit ihr reden.«
Der Kerker war eine Grube im Erdboden, die mit einem dichten Holzgitter verschlossen war. Platz bot sie für gerade mal einen Gefangenen, und Talitha musste sich klein machen, damit sie nicht mit dem Kopf anstieß. Man hatte ihr sowohl den Quersack als auch den Luftkristallanhänger abgenommen. Kein Zauber würde ihr also helfen können. Sie hatte keinerlei Möglichkeit, sich zu befreien.
Weder Essen noch Wasser hatte man ihr gebracht. Auf dem langen Weg, der sie hergeführt hatte, war sie in Gedanken oft bei den Aufständischen gewesen. Obwohl sie beschlossen hatten, dass die Suche nach Verba wichtiger war, hatte sie auch immer wieder an die Femtiten gedacht, die für ihre Befreiung aus der Sklaverei kämpften. Und sie hatte sich vorgestellt, wie sie sich ihnen anschloss, um mit ihnen gemeinsam in einen Kampf zu ziehen, der in ihren Augen gerecht und notwendig war. Natürlich hatten die Rebellen sie in ihren Fantasien mit offenen Armen empfangen. Wieder einmal hatte sie die Sünde der Naivität begangen. Wieder einmal hatte sie sich verrannt. Die Vorstellung, dass diese Leute sie als Feindin betrachteten, machte sie wahnsinnig. Sie verfluchte ihr Talaritenblut, das Blut ihres Vaters, dieses Blut, das alles verseuchte. Am liebsten hätte sie es sich abgezapft, bis auf den letzten Tropfen, um unbefleckt auf die Seite der Sklaven zu wechseln, denn auf dieser Seite, der Seite der Gerechten, wollte sie in den Krieg ziehen.
Als das Gitter hochgezogen wurde und zwei bewaffnete Femtiten sie abholten, hatte Talitha schon fast die Hoffnung aufgegeben, aus diesem Loch noch einmal herauszukommen.
Die beiden führten sie zu Gerner, und kaum hatten sie die Schwelle überschritten, da stießen sie Talitha zu Füßen ihres Anführers nieder.
Mühsam, die Hände noch auf dem Rücken gefesselt, stemmte sie sich hoch.
»Wer hat dir erlaubt aufzustehen?«, fuhr Gerner sie an.
Talitha blieb stehen.
Der Femtit musterte sie. »Was hattest du im Eisgebirge zu suchen?«
Talitha warf einen raschen Blick auf Saiph, der ein Nicken andeutete.
»Wir sind auf der Suche nach Verba, dem Ketzer«, antwortete sie. »Er ist der Einzige, der die Katastrophe noch verhindern kann, die sich über Nashira zusammenbraut. Cetus wird immer stärker und trachtet danach, uns alle zu verbrennen.« Und sie erzählte von ihrer langen Reise und ihrer Mission.
Als sie geendet hatte, lachte Gerner höhnisch auf. »Ist das die Geschichte, mit der du deine Haut retten willst?«
»Glaubst du mir etwa nicht? Hast du es nicht selbst schon gemerkt? Überall steigen die Temperaturen, es ist zu warm, und die Leute verdursten und verhungern, weil nichts mehr wächst.«
»Das Schicksal unseres Planeten liegt in der Hand der Götter.«
»Das ist nicht wahr. Wir können etwas tun, wir können unsere Schicksal ändern.«
»Entweder lügst du, Talaritin, oder du hast wirklich den Verstand verloren.«
»Aber wenn ich Recht hätte, würdest du nicht dein Volk retten
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