Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
jetzt zweifelst du wohl daran?«
»Nein, ich zweifle nicht daran. Aber das alles könnte auch erst in hundert oder vielleicht sogar tausend Jahren passieren, während dein Volk jetzt für seine Befreiung kämpft. Auf alle Fälle tue ich jetzt hier mein Pflicht, und du erfüllst deine Aufgabe, indem du Verbas Spuren folgst. Wenn du in Schwierigkeiten gerätst, werde ich dir zu Hilfe kommen. Darauf kannst du dich verlassen. Über die Emipiren bleiben wir in Kontakt.« Und mit diesen Worten schnitt sie mit dem Dolch einen Fetzen von der Decke ab, die sie nachts benutzte, und reichte ihn ihm. »Hier, nimm. Wenn du einen der Botendrachen, die du längs des Weges findest, daran schnuppern lässt, wird er meine Hütte finden und mir deine Nachricht bringen.«
Ohne etwas zu erwidern, nahm Saiph den Stoff, während ihn ein schmerzliches Gefühl überkam. Er war im Begriff, Talitha ihrem Schicksal zu überlassen, das Mädchen, das er sein Leben lang beschützt hatte und für das er dieses Leben hingegeben hätte. Er ließ sie allein in ihrem Kampf gegen eine ganze Streitmacht. Einen Moment lang war er versucht, doch zu bleiben und alles abzublasen, denn eigentlich wollte er sich lieber von Cetus’ Strahlen verbrennen lassen, als ohne sie zu sein. Aber es ging nicht.
Talitha ergriff seine Hand. »Wohin wirst du ziehen?«
»In seinem Tagebuch schreibt Verba etwas von einem Unterschlupf im Gebirge, noch im Verbotenen Wald. Seinen Bemerkungen zum Wetter nach muss es sehr weit im Norden liegen. Dort oben hat er offenbar mal gekämpft, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er dorthin zurückgekehrt ist.«
»Pass dort draußen gut auf dich auf, mein dummer Sklave«, versuchte Talitha, ihn zu necken.
»Du weißt ja, das ist das, was ich am besten kann«, antwortete Saiph, hängte sich den Quersack über die Schulter und öffnete einen Spalt breit die Hüttentür.
Eine Wache patrouillierte ständig durch das Lager und kam regelmäßig an ihrer Baracke vorüber: Eine List war nötig, um an ihr vorbeizukommen und unbemerkt zu verschwinden.
Talitha nahm den Luftkristall in die Hand, den sie bei den Kämpfen vor der Mine aus dem Schwert gelöst hatte und nun an einer Schnur um den Hals trug, und gab ihm ihr Es ein. Kaum begann der Stein in der Dunkelheit zu flimmern, huschte sie aus der Hütte, lief zu dem Femtiten und schlang ihm von hinten einen Arm um den Hals, während sie ihm gleichzeitig eine Hand auf den Mund presste. Dabei ließ sie einen Zauber auf ihn einwirken, der ihn sofort in Schlaf versetzte. Ohne einen Laut von sich zu geben, sank der Mann zu Boden.
»Los, lauf«, zischte Talitha Saiph zu, »der kommt gleich wieder zu sich.«
Saiph sah sie an, und es kam ihm so vor, als erkenne er ein Glitzern in ihren Augen. »Pass gut auf dich auf.«
Talitha erwiderte nichts. Der Kloß im Hals saß zu fest, und sie bekam kein Wort heraus. So nickte sie nur und ließ Saiph ziehen. Allein, hinaus in die Dunkelheit.
Als Gerner wie jeden Morgen alle Rebellen auf dem Platz in der Dorfmitte um sich versammelte, merkte er sofort, dass Saiph fehlte.
Unter einem Vorwand nahm er Talitha zur Seite. Als sie mit ihm allein war, bekam sie es fast mit der Angst zu tun. Nie zuvor hatte sie Gerner derart wütend und besorgt erlebt.
»Wo ist Saiph? Wo ist er hin? Warum hast du ihn nicht aufgehalten?«, schrie er sie an.
»Wie könnte ich ihn aufhalten? Saiph ist frei und kann gehen, wohin er will«, erwiderte Talitha. »Er hat sich auf den Weg gemacht und will Verba finden. Aber welche Richtung er eingeschlagen hat, weiß ich nicht. Er hat sich allein mit Verbas Tagebuch beschäftigt und wohl einiges entschlüsselt. Was er aber genau herausgefunden hat, hat er mir nicht verraten. Aber er nimmt das alles auch für uns auf sich. Er hat sich geopfert, damit ich hierbleiben und weiter mit euch kämpfen kann.«
»Saiph ist das Leitbild unseres Kampfes. Wir dürfen nicht zulassen, dass ihm etwas passiert. Sein mutiges Handeln hat die Rebellion erst entfacht!«
»Aber das war nie sein Ziel. Er wollte das alles gar nicht. Und ich denke, ihr müsst seine Entscheidung respektieren«, erklärte Talitha.
Gerner wandte sich ab, um seinen Zorn zu verbergen, aber seine Schultern bebten. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, hatte er sich etwas gefasst. »Davon darf niemand erfahren, verstehst du?«
Talitha nickte.
»Offiziell ist Saiph in meinem Auftrag auf einer besonderen Mission unterwegs.«
»Wenn dadurch verhindert wird, dass die Kämpfer den
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