Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Zurzeit jedenfalls nicht.«
Saiph schaute sie bestürzt an. »Was redest du denn da?«
»Ach, Saiph … es sind nur so wenige, die wirklich ausreichend bewaffnet sind. Sie brauchen jeden Arm, der ein Schwert führen kann. So hat es Gerner selbst gesagt. Außerdem … ich wurde bei der Garde ausgebildet, dadurch weiß ich so manches, womit ich ihnen helfen kann. Und nicht zu vergessen, ich kann etwas zaubern. So wie ich dich versorgt habe, könnte ich auch andere Verwundete wahrscheinlich viel wirksamer behandeln als jeder femtitische Heiler. Versteh doch, Saiph, was hat es für einen Sinn, diese Welt zu retten, wenn die Rebellen geschlagen werden und weiter Leid, Tod und Sklaverei herrschen, genau wie zuvor?«
»Zum Kämpfen bleibt noch genügend Zeit, Talitha.«
»Nein, das ist nicht wahr. Wenn die Rebellen jetzt unterliegen, wird es Jahrhunderte dauern, bis sich erneut Widerstand regt. Ich muss ihnen jetzt zur Seite stehen, verstehst du? Ich kann mich nicht von ihnen abwenden. Nicht nach alldem, was mein Volk ihnen angetan hat.«
»Und was heißt das jetzt genau? Wie wollen wir vorgehen?«, fragte Saiph. »Wer soll nach Verba suchen?«
Talitha sah ihm in die Augen. »Du«, sagte sie.
16
W ie von Saiph vorausgesagt, gab es einen großen Empfang, als sie nach Sesshas Enar zurückkehrten, und Talithas Verdienste wurden öffentlich verkündet und gelobt. Sie bemerkte kaum noch feindselige, dafür aber umso mehr bewundernde Blicke, sogar von einigen Frauen im Dorf.
Als sich spät am Abend alle in ihre Hütten zurückzogen, nahm Gerner sie zur Seite, griff unter sein Gewand und holte ein Glasfläschchen mit einer weißen Flüssigkeit hervor.
»Saiph hat mir erklärt, wie wichtig es für dich ist, dir die Haare zu färben. Hier, damit sollte es dir leichtfallen.«
Talitha nahm das Fläschchen so behutsam in die Hand, als handele es sich um eine kostbare Reliquie. Dabei war weniger das Geschenk an sich entscheidend als vielmehr seine symbolische Bedeutung. Es bezeugte die Wertschätzung, die Gerner ihr nun entgegenbrachte, und dass er jetzt eine Verbündete in ihr sah.
»Es war sicher nicht leicht, das Mittel aufzutreiben«, sagte sie gerührt.
»Ach, wir haben da unsere Quellen«, antwortete Gerner und ging wieder auf Distanz. »Jedenfalls hast du es dir verdient.«
Talitha spürte, wie sie ein warmes Gefühl der Dankbarkeit überkam. Endlich war sie ganz in die Gemeinschaft aufgenommen, und selbst in Gerners sprödem Verhalten sah sie noch so etwas wie ehrliche Anerkennung aufblitzen.
Sie verabschiedete sich und ging zur Wasserstelle, um dort ihr Haar mit dem Mittel zu behandeln. Als sie in die Hütte zurückkam, sah sie, dass Saiph seine Sachen zusammenpackte, und erst in diesem Moment wurde ihr ganz bewusst, was nun geschehen würde. Ihr treuer Gefährte auf der langen Flucht, ihr enger Freund seit Kindertagen, würde ohne sie aufbrechen. Nach all den gemeinsam bestandenen Abenteuern trennten sich ihre Wege. Mit einem Mal war die Freude, die sie während des Empfangs und danach noch empfunden hatte, dahin.
»Du könntest ja noch ein paar Tage warten …«, sagte sie.
»Wozu?«, antwortete Saiph. »Was hätte das für einen Sinn? Ich weiß ja gar nicht, wie lange ich unterwegs sein werde bis zu dem Ort, wo ich Verba vermute. Außerdem wird es immer schwieriger, den anderen zu verheimlichen, dass ich Schmerz empfinden kann. Ich fürchte, der ein oder andere hat bereits Verdacht geschöpft. Jeden Tag tue ich Dinge, bei denen ich stöhnen oder gar aufschreien könnte. Nein, das Risiko ist zu groß. Aber …«, fügte er hinzu und sah ihr in die Augen, »… du kannst ja immer noch mitkommen, so wie wir es eigentlich verabredet hatten.«
Talitha seufzte. »Nein Saiph. Mein Entschluss steht fest. Mein Platz ist hier, im Moment wenigstens.«
»Als wir aus dem Kloster geflohen sind, hattest du einen anderen Entschluss gefasst. Hast du das vergessen? Du wollest tun, was sich deine Schwester von dir gewünscht hat.«
»Ich weiß. Aber jetzt würde sie wollen, dass ich hierbleibe und deinen Mitbrüdern helfe.«
Saiph schien über etwas nachzudenken.
»Manchmal weiß ich nicht, ob du das tatsächlich für uns tust oder eher für dich selbst«, murmelte er schließlich.
»So ein Unsinn!«, stieß Talitha gekränkt hervor.
»Nein. Du brennst so darauf, dich an deinem Vater zu rächen, dass du sogar vergisst, was uns allen blüht, wenn wir nichts unternehmen.«
»Was uns vielleicht blühen könnte .«
»Ach,
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