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Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Handzeichen abgestimmt. Ein paar wenige Femtiten sprachen sich für eine Freilassung aus, die anderen votierten für Hinrichtung. Melkise enthielt sich.
    »Die Versammlung hat entschieden«, verkündete Gerner, doch bevor er fortfahren konnte, bat Eshar ums Wort.
    »Unter den Verurteilten sind auch einige Kinder. Da sie keine unmittelbare Gefahr darstellen, beantrage ich, dass sie verschont werden.«
    »Es sind auch Frauen und Alte darunter«, rief Talitha.
    »Die wussten, was sie taten, und mit einer Waffe in der Hand kann auch ein alter Mann zur Gefahr werden«, entgegnete Eshar.
    Dem Antrag wurde stattgegeben. »Damit ist das Urteil gefällt. Mögen die Strafen vollzogen werden«, verkündete Gerner.
    Am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang wurden die Kinder auf einen Karren verladen und zum nächsten Baumpfad gebracht. Die größeren, die sich wild gebärdeten, wurden gefesselt: Es gab herzerreißende Szenen, Tränen, Verzweiflungsschreie. Talitha konnte dafür sorgen, dass ihnen ein wenig Wasser und Proviant mitgegeben wurde, aber sie wusste, dass der Marsch trotzdem hart für sie würde. Als sie das traurige Häuflein sah, das sich zum Abmarsch bereitmachte, wurde ihr flau im Magen. Sie versuchte, sich damit zu trösten, dass die Kinder mit dem Leben davonkamen, und doch empfand sie das alles als sinnlose Grausamkeit, von der niemand etwas hatte.
    Kaum waren die Kinder fort, führte man alle talaritischen Männer und Frauen zum Richtplatz und tötete sie der Reihe nach mit dem Schwert. Talitha wollte nichts davon sehen und zog sich blind vor Wut in ihre Unterkunft zurück. Sie hatte ihr Lager in einem Haus, das zuvor eine Kaufmannsfamilie bewohnt hatte, und dort traf sie auf Melkise, der in der Eingangstür lehnte.
    »Bist du immer noch überzeugt, dass Krieg so sein muss?«, fragte er sie.
    Talitha zuckte mit den Achseln. »Lass mich vorbei. Für heute habe ich von allen genug. Von dir auch.«
    Melkise rührte sich nicht. »Ich hab’s dir ja gesagt, dass du bald dahinterkommst: Der Krieg ist nicht so schön, wie er in den Heldensagen besungen wird. Es wird immer unschuldige Opfer geben.«
    »Du hättest doch die Hand heben und dich für diese Leute einsetzen können«, erwiderte Talitha.
    Melkise lächelte. »Du verwechselst mich. Ich bin nicht wie Saiph. Er ist besonders gut darin, auf verlorenem Posten zu kämpfen und sich einzusetzen, um anderen unnötiges Leid zu ersparen. Ich versuche nur, mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.«
    Wortlos schob Talitha ihn zur Seite und trat ein.
    »Einige Femtiten sind gegangen«, fügte er hinzu.
    Sie drehte sich um. »Was heißt das? Wohin gegangen?«
    »Sie sind fort. Diese Nacht. Gerner meint, es seien Verräter, und hat sie öffentlich verflucht.«
    »Es sind eben nicht alle zum Kampf geschaffen«, bemerkte Talitha vorsichtig.
    »Darum geht es nicht«, antwortete Melkise und verschränkte die Arme über der Brust. »Sondern darum, dass nicht alle mit dem Verlauf einverstanden sind, den dieser Kampf genommen hat. Auch wenn sie im Rat nicht offen Stellung genommen haben, haben sie wohl doch deine Meinung geteilt, was die gefangenen Talariten angeht. Vielleicht haben sie schon so viele Gräueltaten in ihrem Leben mit angesehen, dass sie keine Lust haben, sich an wehrlosen Talariten schadlos zu halten. Die wollen einfach nur frei sein, nicht mehr und nicht weniger.«
    »Was willst du mir damit sagen?«
    »Du könntest ihrem Beispiel folgen. Du könntest dich auf die Suche nach ihnen machen und dich ihnen anschließen.«
    Talitha schaute ihm in die Augen. »Was ist mit dir? Würdest du mitkommen?«
    Melkise schüttelte den Kopf. »Ich habe mit Gerners Kriegsführung kein Problem. Und ich fühle mich zu alt, um meine Einstellung zu ändern. So selbstlos bin ich nicht.«
    »Ach, das ist doch nur eine Ausrede, um nicht Position beziehen zu müssen. Im Grunde bist du auch nur ein Feigling.«
    »Mag sein, aber im Gegensatz zu dir weiß ich genau, was ich tue, und wiege mich nicht in weltfremden Illusionen«, rief er ihr nach.
    Talitha beschleunigte den Schritt und drehte sich nicht mehr um.

    In der Nacht schlief sie schlecht. Seit dem Kampf um Oltero – aus irgendeinem Grund wollte sie den Ort nicht bei seinem neuen Namen nennen – träumte sie häufig von dem Mädchen, das sie gerettet hatte. Meistens waren es Albträume, und wenn es gut ging, sah sie die Kleine als eine Art Gespenst, das ihr überallhin folgte und sie aus gramerfüllten Augen ansah.

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