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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Augenblick allein mit ihr reden!«

    Saiph wusste ganz genau, woran Talitha dachte. An die weiße Pest. Eine Geißel, die vornehmlich jüngere Leute traf, und seltsamerweise Priester und Priesterinnen häufiger als andere. Es wurde vermutet, dass dies mit dem fortwährenden Kontakt mit dem Luftkristall zu tun habe oder auch mit der Tatsache, dass die Luft in den Klöstern zu gesättigt sei. Zwar war die Ursache unklar, dafür wusste man aber gar zu gut, wie die Erkrankung endete. Noch niemand war von ihr geheilt worden.
    Saiph bemühte sich um ein Lächeln. »Du machst dir unnötig Sorgen. Hier unten spucken die Sklaven täglich Blut, und fast niemand macht wirklich schlapp, im Gegenteil werden die meisten wieder gesund. Es gibt viele Krankheiten, bei denen solche Symptome auftreten, und deine Schwester ist in den besten Händen.«
    Dennoch ließ der Gedanke an eine tödliche Krankheit Talitha nicht los. Vielleicht wollte sie ihn auch gar nicht loswerden, in der Überzeugung, Lebitha beschützen zu können, indem sie sich das Schlimmste vorstellte und so das Unheil bannte.
    Wenn ich es mir vorstelle, tritt es nicht ein. Das Leben verläuft nie so, wie wir es erwarten.
    Obwohl sie einerseits genau wusste, wie kindisch diese Einstellung war, lebte sie andererseits tatsächlich in der Überzeugung, sie auf diese Weise retten zu können. Wenn sie selbst litt, sich sorgte und grämte, konnte sie ihrer Schwester vielleicht etwas von ihren Schmerzen abnehmen.

    Doch die Tage vergingen, und Lebithas Zustand verbesserte sich nicht. Immer ausgezehrter und bleicher lag sie abgeschieden
von den anderen in ihrem Krankenzimmer. Sie schlief sehr viel, so als sei sie tatsächlich ständig erschöpft, und auch der Appetit war ihr vollständig vergangen. Talitha hatte die Erlaubnis erhalten, sie zu füttern.
    »Nein, wirklich, Litha, ich hab keinen Hunger«, wehrte die Kranke sich schwach, als das Mädchen ihr wieder einmal gut zuredete, doch ein klein wenig zu sich zu nehmen.
    »Du isst überhaupt nichts mehr. Kein Wunder, dass du so abgemagert bist.«
    »Ich kann nicht, mein Magen ist wie verknotet.«
    Talitha lehnte sich auf ihrem Stuhl neben dem Krankenbett zurück und ließ den Löffel in die Suppe sinken, die in der Schüssel in ihren Händen erkaltete.
    Lebitha blickte sie einen Moment lang an und lächelte dann. »Früher hab ich dich gefüttert, wenn du krank warst«, sagte sie. »Und du hast nur essen wollen, wenn ich bei dir war.« Die junge Gräfin erinnerte sich noch gut daran. Selbst bei sehr hohem Fieber hatte sie das Bild ihrer Schwester immer deutlich vor Augen gehabt. »Und jetzt bist du die Vernünftige, die Einsichtige, die sich kümmert ...«
    »Du bist eben krank. Da ist es doch normal, dass ich mich kümmere.«
    »Schon, aber es zeigt auch, wie erwachsen du geworden bist. So manches Mal habe ich schon gedacht, wie es wohl sein wird, wenn ich alt bin und mich jemand pflegen muss, genau so, wie du es gerade tust. Oben im Kloster erlebe ich viele alte Mitschwestern. Im Alter werden wir wieder wie Kinder, und die, die wir einst umsorgt und aufgezogen haben, müssen dann unsere Pflege übernehmen. Aber ich hätte nicht gedacht, dass der Zeitpunkt für mich schon so schnell kommen würde.«

    Talitha ergriff ihre Hand. »Bitte rede nicht so!«
    Lebitha legte ihr eine Hand auf die Haare und streichelte sie. »Dummchen, wovor hast du Angst? Ich wollte doch nur sagen, dass Kranksein ein wenig wie Altwerden ist. Aber im Gegensatz zum Alter geht so eine Krankheit auch wieder vorüber. Und deshalb hab ich bestimmt mal wieder Gelegenheit, mich um dich zu sorgen und für dich da zu sein.«
    Talitha schluckte die Tränen hinunter und genoss den sanften Druck der schwesterlichen Hand auf ihrem Kopf. Am liebsten hätte sie für immer so dagesessen, denn im Grunde ihres Herzens wusste sie, spürte sie, dass die Zeit nicht stehen bleiben, sondern fortschreiten und etwas passieren würde, das nicht wiedergutzumachen war.

    Bald war Lebitha nur noch wenige Stunden am Tag wach. Die übrige Zeit dämmerte sie dahin in einem leichten, unruhigen Schlaf.
    »Ich bezahle Euch fürstlich, und trotz der allgemeinen Not blüht und gedeiht Euer Kloster wie nie zuvor. Und dennoch liegt meine Tochter weiter in diesem verdammten Bett, während die Krankheit sie langsam aufzehrt. Wo bleibt Euer Können? Wo bleiben Eure Kenntnisse?«, brüllte Megassa an einem Morgen, nachdem er seine Tochter besucht hatte.
    Talitha konnte ihn bis in ihr Zimmer

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