Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
Vom Netzwerk:
Und deswegen tun wir, was ich gesagt habe.«
    »Gut, Herrin«, gab Saiph klein bei, »ich werde dir folgen, so wie immer. Aber wenn wir uns ins Reich des Herbstes aufmachen wollen, brauchen wir Proviant und eine Karte.«
    Das Mädchen nickte. »Ja, die brauchen wir. Du bist öfter aus der Zitadelle rausgekommen als ich. Hast du vielleicht eine Idee, wo wir uns eine Karte und was zu essen besorgen könnten?«
    Saiph versuchte herauszufinden, über welchem Stadtviertel sie sich befanden und wie die Straßen dort verliefen. »Ich glaube, hier irgendwo muss Lanti wohnen, ein hervorragender Kartograf. Zu dem müssten wir, und das bald, bevor die Hauptstraßen gesperrt werden. Mittlerweile wird man schon Alarm gegeben haben.«
    Talitha nahm ihre letzten Kräfte zusammen und stand auf.

    »Also dann umarme mich«, sagte sie, ganz unvermittelt.
    »Hä?« Saiph erstarrte und schaute sie verdattert an.
    »Komm schon, das ist kein Annäherungsversuch!«
    Saiph stellte sich vor sie und umschlang mit beiden Armen sanft und schüchtern ihre Hüften.
    »Halt dich gut fest, sonst stürzt du ab.«
    Saiph gehorchte, und so standen sie eng aneinandergeklammert da.
    »Mach dich fertig zum Sprung.«
    »Bist du wahnsinnig geworden?«
    »Es geht nicht anders. Ich muss es mit einem Schwebezauber versuchen. Anders kommen wir nicht runter.«
    »Aber Herrin ...«
    »Hör auf zu jammern und vertrau mir! Das klappt schon.«
    Talitha gab sich entschlossener, als sie in Wirklichkeit war. Während der Ausbildung im Kloster hatte sie diesen Zauber kaum geübt, war immer nur kurz abgehoben oder aus geringen Höhen hinabgeschwebt.
    »Schwester Pelei hat mir den Zauber beigebracht, und ich kann ihn«, sagte sie, und Saiph beschlich das beunruhigende Gefühl, dass diese Worte weniger an ihn als an sie selbst gerichtet waren, um sich Mut zu machen.
    Noch einmal schaute das Mädchen hinunter. Und ließ sich dann einfach fallen.
    Anfangs spürte sie nur, wie der Magen absackte und der Wind Haut und Kleider peitschte, dann kam die Erde bedrohlich nah.
    Am liebsten hätte sie geschrien oder zumindest die Augen geschlossen, aber das ging nicht. Sie musste den Blick konzentriert auf die Erde richten, denn ihr blieben nur wenige Sekunden, um zu handeln.

    Mit wahnsinniger Geschwindigkeit kam ihnen Messe entgegen, immer klarer wurde die Konturen der Gassen, die Häuser immer größer.
    Jetzt!
    Fest umklammerte sie den Luftkristall, sammelte sich und sprach das Zauberwort. Es war, als packe eine mächtige Hand sie an den Schultern und bremse ihren unaufhaltsam scheinenden Sturz. Die Stadt kam langsamer näher, die Verkrampfung im Magen lockerte sich, und ihre Anspannung ließ ein wenig nach. Saiph hingegen kniff immer noch die Augen zusammen und hielt sich an ihrer ledernen Weste fest.
    Nur wenige Ellen waren es noch bis zum Erdboden, als Talitha immer deutlicher merkte, dass die Sache doch nicht richtig lief und ihnen die Gasse immer noch zu schnell entgegenkam. Aber ihr blieb keine Zeit mehr, den Fall weiter zu verlangsamen, schon schlugen sie auf dem Pflaster auf und rollten in entgegengesetzte Richtungen auseinander. Ohne einen Laut von sich zu geben, knallte Saiph gegen eine Hauswand, während Talitha stöhnend mitten auf der Straße liegen blieb. Sie spürte jeden einzelnen Knochen im Leib, und die Schmerzen hielten sie einige Augenblicke am Boden fest. Dann richtete sie sich mühsam auf und betastete ihre Rippen. Auch wenn ihr alles wehtat, hatte sie den Aufprall offenbar ohne Brüche überstanden. Sie lief zu Saiph.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie leise. Seine Haut war noch blasser als gewöhnlich, und während ihm immer noch die Angst ins Gesicht geschrieben stand, war von Schmerz nichts darin zu entdecken.
    »Das musst du mir sagen«, antwortete er.
    Talitha wusste sofort, was er meinte. Vor Jahren hatte sie ihm einmal, als sie im Spiel miteinander rangen, einen Tritt
versetzt. Es geschah ohne böse Absicht im Eifer des Gefechts, aber sie hatte sein Bein doch mit einiger Wucht getroffen. Aber Saiph hatte nicht das leiseste Stöhnen von sich gegeben. Als er aber aufstand, knickte er sofort wieder ein und lag mit fassungsloser Miene am Boden. Sein Bein hatte ihn nicht mehr getragen. Es war gebrochen, und er hatte es nicht bemerkt. Talitha hatte den Bruch ertasten müssen. Sie erinnerte sich noch genau, was für ein furchtbares Gefühl das war, und ein Schauer lief ihr über den Rücken: Aber sie tat, was sie tun musste.
    So untersuchte sie Saiphs

Weitere Kostenlose Bücher