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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Kartograf aus den Gedanken, während er sich den Stapel Decken auf dem Arm zurechtlegte. »Ihr seid sicher sehr müde. Über euer Reiseziel sprechen wir morgen.«

    Es war alles andere als bequem, dieses Strohlager unter der Treppe, und Talitha sehnte sich fast nach ihrem Bett im Kloster. Auch die Luft war stickig, und dennoch fielen beiden die Augen zu, kaum dass sie sich in die Decken eingewickelt hatten. Sie waren todmüde, und die aufgestaute Erregung hatte sich gelöst und einer schweren Benommenheit Platz gemacht.
    Als das Mädchen die Augen aufschlug, saß Saiph im Schneidersitz neben ihr. Vor ihm zwei Kanten Brot und zwei Schüsseln mit Milch.
    »Sogar mit Frühstück«, murmelte sie und streckte sich.
    Sie aßen mit großen Appetit und kamen langsam wieder zu Kräften. Den Rest des Tages über beschäftigte sich Talitha hauptsächlich mit Verbas Schwert. In der Hektik der Flucht hatte sie nicht einmal Zeit gefunden, sich richtig daran zu erfreuen. Sie bewunderte es im warmen Kerzenlicht: Es war wirklich wunderschön – aber auch viel zu auffällig. Für ihre weitere Flucht musste sie sich etwas einfallen lassen, um es besser zu tarnen.
    Neben den Karten lagerte in dem Keller verschiedenster Plunder: abgetragene Kleidung, feuchte, unbrauchbar gewordene Pergamentseiten, verrostete Gerätschaften. Talitha wühlte ein wenig herum und fand tatsächlich eine lederne Schwertscheide. Sie war ein wenig zu kurz und zu schmal, aber für die Schwertspitze konnte es vielleicht gehen. Sie schnitt den unteren Teil seitlich zwei Handbreit auf und zwängte die Klinge hinein. Dann befestigte sie die Waffe am Rücken, indem sie sich den breiten Gurt über die Schulter hängte, weil er für ihre schmalen Hüften zu breit war.
    »Was meinst du?«, fragte sie Saiph.
    »Ich meine, dass das Schwert immer noch zwei Handbreit
herausschaut und aus vollem Hals brüllt: ›Hilfe, Hilfe, ich bin aus dem Kloster von Messe entführt worden.‹«
    Talitha schlug ihm mit einer Pergamentrolle auf den Kopf. »Sei nicht so vorlaut, Sklave. Aber ich muss dir Recht geben. Die Klinge ist immer noch zu gut erkennbar.«
    Als Lanti herunterkam, um ihnen etwas zu essen zu bringen, bat das Mädchen ihn um ein wenig Leim, ein paar Lederbänder und etwas rote Farbe. Ihr Gastgeber schaute sie verdutzt an, brachte ihr aber, worum sie ihn gebeten hatte. Und Talitha umwickelte das metallene Heft geduldig mit den Lederbändern und wattierte die Glocke mit alten Stoffresten, die sie in ihrem Versteck gefunden hatte. Als sie fertig war, sah das Schwert längst nicht mehr so sagenhaft aus, aber immerhin würde es auch niemand mehr so leicht erkennen.
    Als sie es gerade am Gurt befestigen wollte, ertönten über ihren Köpfen Schritte und laute Stimmen. Solche Schritte kannte sie. Es war der typische Klang genagelter Stiefel, wie sie selbst sie trug: Gardistenstiefel.
    Das Mädchen und der Sklave hielten den Atem an.
    »Hier ist niemand«, hörten sie Lanti sagen.
    »Das werden wir selbst überprüfen.« Damit verzweigten sich die hektischen Schritte in verschiedene Richtungen. »Tastet auch die Wände ab, den Fußboden, alles!«
    Während Saiph leise fluchte, ein Wort aus Zischlauten in der Femtitensprache, zog Talitha langsam das Schwert.
    Saiph schüttelte den Kopf. »Nein, Herrin ...«
    Zwei heftige Schläge dröhnten über ihren Köpfen.
    »Hier unten!«
    Talithas Blick verhärtete sich, sie nahm das Schwert fest in beide Hände und stieß es mit aller Kraft nach oben. Sie hörte, wie das Holz zerbarst und ein Schmerzensschrei den
Raum erfüllte, während sich die Klinge in das Fleisch eines Mannes bohrte.
    »Jetzt!«, rief sie und warf sich gleichzeitig gegen die vom Stoß halb zertrümmerte Falltür. Saiph folgte ihr.
    In dem Raum, der vom rot-gelblichen Licht des Sonnenuntergangs erhellt war, lag ein Gardist am Boden, weitere zwei Soldaten kamen aus anderen Räumen herbeigelaufen. Talitha stieß einen Schrei aus und schwang mit aller Kraft das Schwert, dessen Metall so hart war, dass die Waffen der Gardisten augenblicklich daran zerbrachen. Die Männer wichen zurück. In diesem Moment sah sie Lanti an einer Wand lehnen und mit zornigem Blick die Szene verfolgen. Sofort begriff sie, dass den Kartografen seine Hilfsbereitschaft teuer zu stehen kam. Deshalb rief sie Lanti zu: »Verfluchter Alter! Ich wusste gar nicht, dass du im Haus bist. Du hast uns verraten!« Damit ergriff sie Saiphs Hand und rannte mit ihm auf die Schaufensterscheibe des Ladens zu.

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