Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
Vom Netzwerk:
spüren. Unwillkürlich zog das Mädchen den Kopf ein wenig ein.
    Der Femtit in ihrer Begleitung führte sie zu einer hinteren Ecke des Saals und hob dort ein Tuch an, hinter dem ein Strohlager zum Vorschein kam.
    »Fürs Erste könnt ihr hierbleiben. Das war früher mal eine Schlachterei, aber der Besitzer ist ohne Erben gestorben, sodass die Räume verlassen waren.«
    Saiph blickte sich um. »Ist das ein sicheres Versteck?«
    Der Mann kicherte. »Auch wenn du es nicht glaubst: Aber ihr seid hier bei der ersten Gemeinschaft freier Femtiten in Messe.«
    Tatsächlich war Saiph mehr als verwundert: Ein freier Femtit, das war ein Widerspruch in sich, ein Wunschtraum, ein wunderbares Märchen für Leute, die noch an einen Ort wie Beata glaubten.
    »Offiziell gehören wir jemandem«, stellte der andere klar, »einem alten Mann, aber der ist in Ordnung. Wir müssen ihm monatlich etwas zahlen, einen fairen Betrag, den wir uns auf der Straße zusammenbetteln. Und dafür hält er uns die Gardisten vom Leib.«
    »Dann weiß er also, dass ihr hier lebt ...«
    »Ja, aber sonst niemand. Das Geschäft steht seit Jahren
leer. Du kannst also ganz beruhigt sein. Hier wird euch niemand suchen.«
    Saiph stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und öffneten den Beutel mit den Münzen, den Lanti ihnen gegeben hatte. Er holte zehn bronzene Nephem hervor, doch der andere lehnte kopfschüttelnd ab.
    »Nein, lass nur, ihr schuldet mir nichts. Für mich ist es eine Ehre, den verrückten Femtiten zu beherbergen, der vier talaritische Bestien gegrillt hat.«
    »Welche Bestien? «, stieß Saiph hervor.
    »Na, die Priesterinnen. Die aus dem Kloster, das du angezündet hast.«
    Talitha schien plötzlich hellwach. Ohne sich groß einzumischen, hatte sie sich mit in dieses Versteck schleppen lassen, und nun stand sie da, von Saiph halb verborgen, während ihre Hände unkontrolliert zitterten, und fragte leise: »Vier Priesterinnen wurden getötet?«
    Der Femtit nickte und schlug Saiph anerkennend auf die Schultern.
    »Saubere Arbeit.«
    Saiph senkte den Kopf und drückte dem Mann die Münzen in die Hand. Dieser wehrte noch einmal ab, doch Saiph schloss ihm die Hand. »Es ist für eure Sache. Die einzige Gemeinschaft freier Femtiten in Messe muss doch unterstützt werden, oder nicht?«
    Der Mann lächelte. »Du bist wirklich in Ordnung, noch mehr, als ich dachte. Ihr könnt so lange bleiben, wie ihr wollt. Platz haben wir genug«, sagte er und ließ sie allein.
    Endlich legte sich bei Saiph die Anspannung, und er sank erschöpft auf das Lager. Talitha blieb reglos stehen.
    Als er aufblickte, erkannte er die Leere in ihren Augen und
war entsetzt. Er sprang auf, umfasste ihre Schulter und nahm ihr behutsam das Schwert aus der Hand. Sie zitterte und klapperte mit den Zähnen. Den Arm um ihre Schultern gelegt, setzte er sich mit ihr auf den Boden.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte er.
    Sie schaute ihn verloren an und schüttelte dann heftig den Kopf. Fünf Tote. Sie hatte fünf Leute auf dem Gewissen. Sie war eine Mörderin.
    Saiph sagte etwas zu ihr, aber sie hörte ihn nicht.
    Da ergriff er ihre Hände. »Schau mich an, Herrin.«
    Talitha gehorchte, doch vor Saiphs Gesicht schob sich das des jungen Gardisten, den sie in der Gasse getötet hatte. Verzweifelt schrie sie auf.
    Schlagartig verstummte das Gemurmel im Saal, und alle drehten sich zu ihr. Da nahm Saiph sie wieder in den Arm und legte ihr Gesicht an seine Brust. Etwas in Talitha löste sich. Schon kamen ihr die ersten heftigen Schluchzer über die Lippen und schüttelten sie, während ihr die Tränen zu laufen begannen.
    »Schon gut, schon gut, es ist nicht deine Schuld«, murmelte Saiph und strich ihr zärtlich über das Haar.
    Langsam wurde ihr Schluchzen leiser, und während ihr weiter die Tränen über die Wangen liefen, löste sich die Angst und machte einer tiefen Trauer Platz. Schließlich streckte sie sich auf dem Lager aus und schlief ein.
     
    Das Erste, was sie nach dem Aufwachen sah, war Saiphs Gesicht. Der Anblick seiner golden leuchtenden Augen beruhigte sie und ließ das, was wenige Stunden zuvor geschehen war, in weite Ferne rücken.
    Sie richtete sich auf. Um sie herum schienen alle zu schlafen.
    »Während du dich ausgeruht hast, habe ich mich ein wenig mit den anderen unterhalten«, sagte Saiph leise zu ihr. »Nicht weit von hier entfernt steht ein verlassenes Gebäude, über das wir vielleicht unbemerkt auf den Talareth zurücksteigen können, zu dem Baumpfand, den Lanti

Weitere Kostenlose Bücher