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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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Auffassung gelangt, dass es sich nicht um eine antike Mumie handelt. Das ist allerdings nicht das endgültige Ergebnis. Es müssen noch einige Tests gemacht werden, aber ich denke, sie werden unsere Vermutung bestätigen.«
    »Das meinen Sie nicht ernst, das ist eine Art verspäteter Aprilscherz, oder?«, fragte Nebeský.
    »Keineswegs. Es ist nichts als die reine Wahrheit.«
    Anděl drückte den Rest seiner Zigarette im Aschenbecher aus und trank einen Schluck Wein.
    »Herzlichen Glückwunsch, Frau Doktor, Sie haben sich mit dieser Aktion vermutlich den Ärger Ihres Lebens eingehandelt.« Er sah Magda mit strenger Miene an.
    »Es ist mir klar, dass meine Entscheidung, die Mumie zu obduzieren, nicht eben dem bürokratisch korrekten Weg entspricht …«
    »Das ist sehr vorsichtig formuliert«, unterbrach Anděl sie. »Ich kann nur für Sie hoffen, dass Sie ebenso gut sind wie hübsch. Denn ich möchte nicht in Ihren Schuhen stecken, wenn Ihr Chef auch nur den kleinsten Anhaltspunkt findet, um Ihre Theorie von der nicht so antiken Mumie in der Luft zu zerreißen. Wäre schade, wenn Ihr erster Arbeitstag auch der letzte würde.«
    »Ich bin jedenfalls gut genug, um zu wissen, dass diese Mumie definitiv keine paar tausend Jahre alt ist. Noch nicht einmal hundert«, erwiderte Magda hitzig.
    Anděl betrachtete sie schweigend. Eine sehr attraktive Frau, und sie wirkte kompetent. Zudem hatte sie offenbar eine Schwäche für Ärger, jedenfalls hatte sie sich mit dieser Mumie jede Menge davon aufgehalst. Er ahnte, dass auch er einen Teil davon abbekommen könnte, wenn er nicht aufpasste.
    Otakar Nebeský nahm eine der Speisekarten zur Hand, die auf dem Tisch lagen. Eine sehr übersichtliche Speisekarte, dafür aber reichlich exotisch in ihrer Zusammensetzung.
    »Sie kochen hier Rajská ?«, fragte er ungläubig.
    »Mhm. Und eine sehr gute dazu, gar nicht süß. Nach einem Rezept meiner Mutter. Möchten Sie eine?« Magda entspannte sich und lächelte ihn amüsiert an. Sie war dankbar für den vorläufigen Themenwechsel.
    »Was für eine Versuchung!«, seufzte Nebeský, » Rajská ist mein Leibgericht. Wie kommt es, dass Sie solche Hausmannskost kochen?«
    »Meine Kinder. Sie haben so lange gebettelt, bis ich ein Einsehen hatte. Und erstaunlicherweise ist das Gericht, zumindest bei den Einheimischen, sehr beliebt. Die anderen lassen eher die Finger davon.«
    Nebeský nickte. Ja, das konnte er sich vorstellen. Eine Rajská – ein Tafelspitz in Tomatensoße mit Semmelknödeln – war für ihn zwar ein wahrhaft paradiesisches Gericht, doch für Nichttschechen mochte es eine allzu abenteuerliche Kombination sein.
    Anděl trank seinen Wein aus. »Könnte ich wohl einen Kaffee haben?«, fragte er.
    »Natürlich. Was für einen möchten Sie?« Magda reichte ihm die Karte, doch Anděl winkte ab.
    »Wenn es möglich ist, hätte ich gerne einen einfachen Turek .«
    »Gerne«, sagte Magda und winkte der Kellnerin, die umgehend ein Glas brachte.
    Anděl löffelte ein paar Stücke Zucker in den Kaffee. Ein Segen, dass es noch solche Lokale gab, in denen man, ohne komisch angesehen zu werden, einen türkischen Kaffee im Glas bekommen konnte. Nicht dass er etwas gegen die allerorts inzwischen üblichen Latte macchiati, Espressi, Cappuccini und Caffè Latte oder wie sie alle hießen gehabt hätte, aber zu einem ernsthaften Gespräch gehörte ein ernsthafter Kaffee. Zwar war auch ein Espresso in diesem Sinne ernsthaft, aber für dieses Gespräch eindeutig zu klein.
    Er riss sich aus seinen abschweifenden Gedanken und sah Magda an. Sie saß zurückgelehnt in ihrem Stuhl, die langen Beine in der dünnen Baumwollhose übereinandergeschlagen, in einer Hand ihr Rotweinglas, während sie mit der anderen die Zigarette im Aschenbecher ausdrückte, und beobachtete ihn ebenso aufmerksam wie unergründlich. Schade, dass er seinen Partner mitgebracht hatte.
    »Lassen Sie mich das alles noch einmal wiederholen«, sagte er schließlich, nachdem er sich eine neue Zigarette angezündet hatte. »Ihre Freundin hat also heute Morgen eine nasse Mumie in ihrem Institut vorgefunden, von der unser geschätzter Oberst nichts wissen will, weil er sie für ein antikes Artefakt hält. Habe ich das so weit richtig verstanden?«
    »Absolut«, bestätigte Magda.
    »Und Ihre Freundin hat Sie gebeten, sich die Sache anzusehen. Am Oberst, dem Staatsanwalt und Ihrem eigenen Chef vorbei.«
    »Mhm.«
    »Sie haben sich die Mumie gemeinsam angesehen und sind zu dem Schluss

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