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Natascha

Natascha

Titel: Natascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»wenn eine Bedingung von mir sofort erfüllt wird!«
    Högönö kniff kritisch die Augen zusammen. »Bedingungen für Moskau? Wir sind nicht mehr in den Sümpfen, Natascha.«
    »Ich will sofort nach dem Konzert heiraten! Man soll es mir erlauben!«
    Högönö seufzte tief. Also doch, dachte er. Dieser Ingenieur Sedow. Gut wäre es gewesen, ihn gleich nach der Rettung Nataschas aus Saratow zu entfernen. Er hatte die Komplikationen vorausgeahnt, aber der Oberingenieur hatte ihn ausgelacht. Nun war es unaufhaltsam.
    »Ich werde einen Bericht nach Moskau schicken«, sagte der Mongole.
    »Keinen Bericht. Telefonieren Sie sofort!«
    »Das ist unmöglich.«
    »Gut.« Natascha winkte Luka zu. »Gehen wir, Luka. Ich habe ein schreckliches Jucken und Kratzen im Hals. Ich werde in vier Tagen meine Stimme verloren haben … keinen Ton werde ich singen können …«
    Ulan Högönö ließ sie gehen. Sein gelbgrünes Gesicht war fahl geworden. Zu gut wußte er, was Natascha vorhatte. Singen würde sie jetzt, bis die Stimmbänder hart wie Glas waren. Dann würde sie eiskaltes Wasser darauf trinken. Am nächsten Tag hatte sie keine Stimme mehr, nur ein aphonisches Krächzen und Hauchen.
    Eine Stunde später ließ er sich mit Moskau verbinden. Er sprach lange und eindringlich mit einem unbekannten Mann im Kreml. »Das wird das beste sein, Genosse«, sagte er am Schluß. »Und bitte, benachrichtigen Sie nicht den NKWD … er kann bei Heiserkeit auch nichts mehr machen …«
    Am Abend ging Högönö in Nataschas Zimmer. Sie war nicht dort, nur Luka saß allein am Fenster und las mühsam ein Buch von Paustowskij.
    »Wo ist Natascha?« fragte Högönö ahnungsvoll.
    Luka grinste. »Wo zwei Vögelchen sind, stört ein drittes –«
    »Du läßt sie so einfach allein mit Sedow?« rief Högönö entsetzt.
    »Warum nicht, Genosse? Heißt er nicht Luka wie ich?«
    »Ein Idiot bist du!«
    Luka nickte. »Das ist bekannt, Genosse. Was kann dem Täubchen schon passieren?«
    »Ein Kind kann sie bekommen, du Esel!«
    »Na und?« Luka beleckte sich die Finger und blätterte eine Seite des Buches um. »Ist's doch der natürliche Lauf auf dieser Welt, nicht wahr, Brüderchen …?«
    Ulan Högönö setzte sich erschüttert auf einen Stuhl. Plötzlich hatte er Angst, ganz gemeine Angst. Den Auftrag hatte er, aus Natascha Tschugunowa, wie sie wieder hieß, die größte Sängerin Rußlands zu machen. Ganz gleich, was auch um sie herum geschah … ein Auftrag war's, wie etwa der Befehl: Baut einen Panzer von 55 Tonnen!
    »Man wird uns liquidieren, wenn etwas passiert«, sagte Högönö dumpf.
    Luka ließ das Buch fallen. Wie ein Blitz schlug die gefährliche Wahrheit in ihm ein.
    »Natascha auch?« fragte er merkwürdig leise.
    »Sie auch! Zerrissene Fahnen wechselt man aus …«
    Luka sprang auf. Er stieß Högönö zur Seite, daß er wie ein Kreisel über den Boden rollte, dann rannte er aus dem Haus, hinunter zur Wolga und durch den Park der Villa, bis zu dem verfallenen Teehaus, in dem sich Natascha und Sedow trafen.
    »Auseinander!« brüllte er, als er sie eng umschlungen auf einem alten Sofa liegen sah. Er ergriff Sedow, hob ihn hoch und warf ihn wie ein Stück fauliges Holz in eine Ecke. »Schluß ist! Und heiser bist du nicht, sondern singen wirst du!« Er ergriff Natascha, zog sie zu sich hoch und starrte in ihre vor Wut flimmernden Augen. »Mein Täubchen«, sagte er leise, und es zog wie ein ungeheuer Frost durch den Körper Nataschas, »du wirst singen wie nie vorher … hörst du … und wenn ich dich auf die Bühne prügele, wenn ich dich an den Haaren hinter mir herziehe. Singen wirst du!«
    »Was … was hast du mit Sedow gemacht …?« stammelte Natascha. Luka sah zur Seite. Sedow lag ohnmächtig an der Wand. Ein dünner Blutfaden lief aus seiner Nase.
    »Er wird wieder aufwachen. Ist's so wichtig?« Luka hielt noch immer Natascha fest wie in eisernen Klammern. »Was aus dir wird, ist wichtig … ich habe es Fedja versprochen …«
    »Fedja ist tot!« schrie Natascha. »Ich liebe Luka Nikolajewitsch!«
    »Aber es ist zu früh für dich, Fedja zu folgen!« schrie Luka. Er packte Natascha wie ein längliches Paket, schob sie unter seinen rechten Arm und verließ so mit ihr das alte Teehaus.
    So kam er auch mit ihr ins Zimmer und blieb an der Tür stehen. Högönö saß noch immer auf dem Stuhl, nachdem er sich von dem Stoß erholt hatte.
    »Hier ist sie!« sagte Luka und nickte hinunter zu Natascha, die mit verbissenem Gesicht und lang

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