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Natascha

Natascha

Titel: Natascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Seufzer hörte. »Bist du krank?«
    »Ja, Täubchen«, brummte er.
    »Hast du Schmerzen?«
    »Ja, Täubchen …«
    »Ich lasse einen Arzt holen …«
    »Was soll ein Arzt?« Luka stützte den Kopf in die Hand und blickte Natascha wie ein müder Hund an. »Was soll er gegen Rimma und Senja tun?«
    »Wer sind Rimma und Senja?«
    »Zwei Weibchen, mein Täubchen! Oh, zwei Engelchen sind's! Sie machen einem das Herz schwer.«
    »Du bist verliebt, Luka?« Natascha lachte laut und riß ihn an den Haaren. »Du bist verliebt?! Gibt es das auch?«
    »Ich werde sie heiraten!« sagte Luka dumpf. »Es geht nicht anders mehr. Man gewöhnt sich dran … der Teufel hol's!«
    »Du bist verrückt! Rimma und Senja … wen willst du denn heiraten?«
    »Beide!« sagte Luka.
    »Idiot!« Natascha setzte sich ihm gegenüber. »Morgen zeigst du mir Rimma, und übermorgen Senja. Und dann sage ich dir: Die heiratest du!«
    Luka schüttelte den Kopf. »Eine ist nichts, Täubchen. Sie sind nur zusammen ein Ganzes! So verschieden sind sie, daß etwas fehlt, wenn eines nicht da ist. Ich muß beide heiraten!«
    »Aber das geht doch nicht! Man wird dich einsperren.«
    Luka sah sinnend aus dem Fenster auf die nächtliche, vereiste Wolga. Ein großer Gedanke schien in ihm geboren zu werden.
    »Zum Genossen Bürgermeister gehe ich!« sagte er plötzlich und sprang auf. »Beweisen will ich ihm etwas. Wie groß bist du?«
    »1,54 Meter«, sagte Natascha erstaunt.
    »Und ich?«
    »Doppelt so groß.«
    »Aha! Und Ulan Högönö, wie groß ist er?«
    »Vielleicht 1,70 Meter.«
    »Und ich?«
    »Doppelt so groß!«
    »Sieh, sieh! Und der Bürgermeister, und der Direktor und der Natschalnik, und alle, alle hier … alle sind nicht so groß wie ich! Ich bin doppelt so groß wie sie!« Luka reckte sich auf, es war, als wüchse er noch einmal um einen Meter.
    »Ein doppelter Mensch muß auch doppelte Frauen haben!« sagte er zufrieden. »Ich gehe morgen zum Bürgermeister … Beweisen will ich's ihm …«
    »Idiot«, sagte Natascha noch einmal. »Es gibt Gesetze, und du mußt dich schon entscheiden: Entweder Rimma oder Senja …«
    In der Dunkelheit schlich Luka zur Sowchose und beobachtete Rimma und Senja, wie sie das Schweinefutter für den nächsten Morgen kochten und die Ställe abschlossen. Schwer war's ihm ums Herz, als er sie so sah, hübsch, lustig und jung, eine Augenweide, die eines Mannes Herz hüpfen läßt.
    Es war unmöglich, sich zu entscheiden. Wenn er bei Rimma sein würde, würde er an Senja denken müssen, und hielt er Senja in seinen Armen, fehlten ihm die schlanken Glieder Rimmas. Ein Teufel hatte die Liebe erfunden, stellte Luka fest. Und so schlich er wieder nach Hause, lag die ganze Nacht über wach und entschloß sich endlich gegen Morgen, weder Rimma noch Senja zu heiraten, sondern auf eine dritte zu warten, die die Vorzüge beider in sich vereinigte.
    In aller Stille fand die Verlobung zwischen Natascha und dem Ingenieur Luka Nikolajewitsch Sedow statt. Man feierte sie bescheiden in Nataschas Zimmer in der weißen Villa, und Ulan Högönö hielt eine kleine Rede über die sinnvolle Verbindung von realem, mathematischem Geist mit der Zauberwelt der Kunst. Er konnte dies mit Schwung vortragen, denn über den Distriktkommissar lief bereits ein Antrag nach Moskau, den Ingenieur Sedow in eine andere Forschungsstelle zu versetzen.
    Ulan Högönö hielt noch eine andere Überraschung in der Tasche, die er noch nicht verkündete. Was Waleri Tumanow schon in Moskau angedeutet hatte, war Gewißheit geworden: Natascha würde mit dem Beginn des Frühjahres Saratow verlassen und auf die Insel Khuzhir im Baikalsee kommen. Dort gab es ein Schloß, direkt am Wasser, wo Natascha zwei Jahre lang bleiben würde, um fünfzehn vollständige Opernpartien zu studieren.
    Nach einem genauen Plan sollte sie ausgebildet werden. Zuerst das Studium der Partie, dann Auftritt in der Oper von Irkutsk, unter einem anderen Namen. Zehnmal, zwanzigmal, fünfzigmal würde sie die gleiche Oper singen müssen, bis jeder Ton in ihr eingegraben war und unauslöschbar wurde. Nach diesen zwei Jahren sollte sie dann zuerst in Charkow und dann in Moskau dem großen Publikum vorgestellt werden. Was weiter folgte, war nur eine logische Entwicklung des sicheren Triumphes: Gastspiele an europäischen Opernhäusern, Opernabende in den großen Konzerthäusern, Teilnahme an Festspielen, Eroberung der Welthäuser – Metropolitan in New York, Covent Garden in London, Wiener Staatsoper,

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