Natascha
begrüßte und Natascha neugierig betrachtete, denn ein Mädchen, das solche Protektion erhält, muß etwas ganz Besonderes sein, eben dieser Direktor öffnete den Mund weit wie zu einem Schrei.
Luka wurde herangefahren. Ein altes Auto war's, klapprig und schnaufend, mit wippenden Kotflügeln und einer zerbrochenen Frontscheibe, und Luka stand draußen auf dem Trittbrett und hatte eine Hand auf den Kopf des bleichen, bebenden Fahrers gelegt.
»Gleich sind wir da, mein Herzchen!« schrie Luka. »Hab' ich nicht gesagt, daß dein Wagen mich tragen kann? Nicht glauben wollte er es, der ungläubige Floh! He, Genossen, was stiert ihr so?! Bewundert den Fahrer, Brüder … ein Künstler ist er, wirklich! Des Lobes ist er wert …!«
»Was ist das?« fragte der Direktor des Hotels. »Man sollte die Polizei rufen –«
»Das ist der Mieter des zweiten Zimmers, Genosse«, erklärte Tumanow und bemerkte, wie der Direktor gelb wurde im Gesicht. »Er heißt Luka, und ohne Luka gibt es keine Natascha Tschugunowa! Das ist nun einmal so. Der Wunsch des Genossen Berija ist es, daß auch Luka wie alle anderen Gäste behandelt wird –«
»Mein Hotel ist kein Urwald!« schrie der Direktor. »Er verjagt mir die Kommission! Sicherlich spuckt er in die Zimmer und schlägt sein Wasser in der Zimmerecke ab!«
»Schon möglich.« Tumanow betrachtete Luka, wie er dem Fahrer des Wagens aus dem Eßsack einen Kohlkopf in den Schoß warf und dem verstörten Mann ins Gesicht schrie: »Wie ein Natschalnik sollst du leben! Es ist bester Irkutsker Kohl!«
»Schon möglich«, wiederholte Tumanow. »Trotzdem ist es der Wille des Genossen Berija –«
Ein Wille aus dem Kreml ist auch einem Hoteldirektor heilig. Mit den Händen auf dem Rücken starrte er Luka an, der winkend über die Straße stampfte und Natascha an sich drückte, als habe man ihn monatelang von ihr getrennt.
»Benimm dich, Luka!« sagte Natascha leise. »In Moskau bist du wieder! So wie du benimmt sich kein guter Sowjetbürger. Soll ich mich schämen vor dir …?«
»Nataschka!« sagte Luka kläglich. Die Hand legte er aufs Herz, und er war zerknirscht wie ein zersprungenes Ei. »War ich zu laut? Die Freude war's nur, wieder hier zu sein. Und mein Pferdchen werd' ich wiedersehen … da läuft einem der Mund über …«
»Komm jetzt mit!« Natascha wandte sich ab. Luka senkte den Kopf. Unter seinen buschigen Augenbrauen verschwanden fast die Augen. Eine richtige vornehme Dame ist's geworden, dachte er. Der Teufel hol's … bewegen tut sie sich, als käme sie aus einem Schloß, und wie sie ihren Hintern schaukelt, Gott verdamm's! In den Sümpfen war sie mir lieber.
Er stampfte ihr nach, gesenkten Hauptes, wie ein getretener Hund. Die Koffer schleppte er nach, und er ärgerte sich, daß in der großen Halle die Gespräche verstummten und alle zu ihm hinstarrten, als wäre ein Ausstellungsstück des erdgeschichtlichen Museums lebendig geworden.
»Hallo!« sagte ein Amerikaner laut in die Stille hinein. »That is Russian …«
»Was sagt er?« brüllte Luka und blieb stehen.
»Dort hinauf … die Treppe, bitte, Genosse …«, sagte der Direktor bleich. »Ein amerikanischer Freund ist's, weiter nichts …«
Eine Stunde später betrachtete sich Luka ernst und kritisch im Spiegel. Er war rasiert worden, die Haare hatte man ihm geschnitten, einen Anzug, in Irkutsk angefertigt, hatte man aufgebügelt, und sogar ein Hemd mit Kragen trug Luka und eine Krawatte vor dem Hals, die ihm Natascha gebunden hatte.
»Ist es nicht besser so, na, du Bär?« fragte sie und lächelte hinter seinem Rücken in den Spiegel. »Selbst aus dir ist ein Mensch zu machen. Gefällst du dir nicht in einer ordentlichen Kleidung?«
»Schon, schon, Täubchen.« Luka strich über sein glattes Kinn, über die kurzen Haare, über die gestutzten Augenbrauen. »Fast möchte man sagen: Ich bin ein schöner Mann, was?«
Nataschas Lachen regte ihn an, auch zu lachen. Er lachte so, daß der Spiegel klirrte und der Knopf des Kragens absprang. Sofort war Luka ernst und starrte in den Spiegel.
»Man darf nicht lachen, wenn man vornehm ist, ist's so?« fragte er. »Was darf man sonst nicht, Täubchen?« Er zerrte den Schlips höher und bedeckte das unnütze Knopfloch im Kragen. »Wir werden jetzt ganz vornehm werden, was, mein Engelchen? Glaub nicht, daß Luka das nicht kann!«
»Du darfst nicht in der Nase bohren und auch nicht in die Hand schneuzen. Dafür gibt es ein Taschentuch! Und wenn man an einen Tisch
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