Nathan der Weise
Ein braver Mann!
Bei dem sich Recha gar nicht übel wird
Befinden.
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TEMPELHERR . Doch ein Christ! – Ich weiß zuzeiten
Auch gar nicht, was ich von Euch denken soll: –
Nehmt mir’s nicht ungut, Nathan. – Wird sie nicht
Die Christin spielen müssen, unter Christen?
Und wird sie, was sie lange g’nug gespielt,
Nicht endlich werden? Wird den lautern Weizen,
Den Ihr gesät, das Unkraut endlich nicht
Ersticken? – Und das kümmert Euch so wenig?
Dem ungeachtet könnt Ihr sagen – Ihr? –
Dass sie bei ihrem Bruder sich nicht übel
Befinden werde?
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NATHAN . Denk ich! hoff ich! – Wenn
Ihr ja bei ihm was mangeln sollte, hat
Sie Euch und mich denn nicht noch immer?
TEMPELHERR . Oh!
Was wird bei ihm ihr mangeln können! Wird
Das Brüderchen mit Essen und mit Kleidung,
Mit Naschwerk und mit Putz, das Schwesterchen
Nicht reichlich g’nug versorgen? Und was braucht
Ein Schwesterchen denn mehr? – Ei freilich: auch
Noch einen Mann! – Nun, nun; auch den, auch den
Wird ihr das Brüderchen zu seiner Zeit
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Schon schaffen; wie er immer nur zu finden!
Der Christlichste der Beste! – Nathan, Nathan!
Welch einen Engel hattet Ihr gebildet,
Den Euch nun andre so verhunzen werden!
NATHAN . Hat keine Not! Er wird sich unsrer Liebe
Noch immer wert genug behaupten.
TEMPELHERR . Sagt
Das nicht! Von
meiner
Liebe sagt das nicht!
Denn die lässt nichts sich unterschlagen; nichts.
Es sei auch noch so klein! Auch keinen Namen! –
Doch halt! – Argwohnt sie wohl bereits, was mit
Ihr vorgeht?
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NATHAN . Möglich; ob ich schon nicht wüsste,
Woher?
TEMPELHERR . Auch eben viel; sie soll – sie muss
In beiden Fällen, was ihr Schicksal droht,
Von mir zuerst erfahren. Mein Gedanke,
Sie eher wieder nicht zu sehn, zu sprechen,
Als bis ich sie die Meine nennen dürfe,
Fällt weg. Ich eile. . .
NATHAN . Bleibt! wohin?
TEMPELHERR . Zu Ihr!
Zu sehn, ob diese Mädchenseele Manns genug
Wohl ist, den einzigen Entschluss zu fassen
Der ihrer würdig wäre!
NATHAN .
Welchen
?
TEMPELHERR . Den:
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Nach Euch und ihrem Bruder weiter nicht
Zu fragen –
NATHAN . Und?
TEMPELHERR . Und mir zu folgen; – wenn
Sie drüber eines Muselmannes Frau
Auch werden müsste.
NATHAN . Bleibt! Ihr trefft sie nicht.
Sie ist bei Sittah, bei des Sultans Schwester.
TEMPELHERR . Seit wenn? warum?
NATHAN . Und wollt Ihr da bei ihnen
Zugleich den Bruder finden: kommt nur mit.
TEMPELHERR . Den Bruder? welchen? Sittahs oder Rechas?
NATHAN .
Leicht beide. Kommt nur mit! Ich bitt Euch, kommt!
(Er führt ihn fort.)
Sechster Auftritt
Szene: in Sittahs Harem.
SITTAH
und
RECHA
in Unterhaltung begriffen
.
SITTAH . Was freu ich mich nicht deiner, süßes Mädchen! –
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Sei so beklemmt nur nicht! so angst! so schüchtern! –
Sei munter! sei gesprächiger! vertrauter!
RECHA . Prinzessin …
SITTAH . Nicht doch! Prinzessin! Nenn
Mich Sittah, – deine Freundin, – deine Schwester.
Nenn mich dein Mütterchen! – Ich könnte das
Ja schier auch sein. – So jung! so klug! so fromm!
Was du nicht alles weißt! nicht alles musst
Gelesen haben!
RECHA . Ich gelesen? – Sittah,
Du spottest deiner kleinen albern Schwester.
Ich kann kaum lesen.
SITTAH . Kannst kaum, Lügnerin!
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RECHA . Ein wenig meines Vaters Hand! – Ich meinte,
Du sprächst von Büchern.
SITTAH . Allerdings! von Büchern.
RECHA . Nun, Bücher wird mir wahrlich schwer zu lesen!
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