Nathan King - der Rinderbaron
einhundert Jahren vorzuweisen. Und wenn ich richtig informiert bin, sind die Perlenfarmen in Broome schon eine ähnlich lange Zeit in der Hand ein und derselben Familie.”
“Die die gleichen Höhen und Tiefen durchlebt haben wie die Familien, die hier das Land bewirtschaftet haben”, warf Elizabeth lächelnd ein. “Als ich Lachlan geheiratet habe, lagen die Perlenfarmen in Broome schon seit Jahren praktisch brach. Perlmutt, die Haupteinnahmequelle, war durch das Aufkommen der Kunststoffknöpfe so gut wie verdrängt worden. Erst durch das Aufkommen der Perlenzucht wurden die Farmen zu den Millionengeschäften, die sie heute sind. Als Lachlan mich heiratete, bekam er … nur mich.”
Sie sah ihren ältesten Sohn eindringlich an. “Mein Leben war an der Seite deines Vaters. Er war genau da, wo ich sein wollte. Erst nach seinem Tod bin ich nach Broome zurückgekehrt und habe mich um die Perlenfarmen gekümmert. Du warst da schon alt genug, um die Rinderfarm zu übernehmen, Nathan, das weißt du genau. Und das war es, was ich nicht ertragen konnte … ‘King’s Eden’ ohne Lachlan.”
Miranda begriff, dass dies schon lange ein Thema zwischen Mutter und Sohn sein musste. Hatte Nathan seine Mutter vielleicht verurteilt, weil sie “King’s Eden” verlassen hatte? Hatte dies sein Misstrauen genährt, dass keine Frau auf Dauer hier draußen bleiben würde, wenn es nicht einmal seine Mutter geschafft hatte? Begnügte er sich deshalb mit bloßen Affären, anstatt eine ernstere Beziehung zu suchen?
Sie sah ihn verstohlen an. Seine Miene war unergründlich, während er seine Mutter immer noch unbewegt anblickte. Schließlich brach er das angespannte Schweigen.
“Du hast getan, was du tun wolltest”, sagte er ruhig. “Ich hege keinen Groll deswegen. Es ist dumm, zu versuchen, Menschen zu etwas zu bringen, was sie nicht wollen. Man erreicht nie das, was man sich wünscht.”
Miranda hatte das Gefühl, als wären diese Worte genauso sehr an sie gerichtet. Als wollte Nathan dadurch seine Behauptung unterstreichen, dass er niemals Druck auf sie ausüben würde, um das zu bekommen, was er von ihr wollte. Sie warf ihm erneut einen verstohlenen Blick zu, doch er sah immer noch seine Mutter an – ein stummer Gedankenaustausch, der vermutlich nichts mit ihr, Miranda, zu tun hatte.
“Entscheidungen werden immer von anderen Dingen beeinflusst”, erwiderte Elizabeth bedeutsam. “Deshalb gilt es, diese anderen Dinge von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand zu stellen.”
“Da stimme ich völlig mit dir überein.”
Nathan blickte Miranda an, und sie erkannte mit klopfendem Herzen, dass er sich der Wirkung seiner Worte auf sie durchaus bewusst war. “Ich habe den Eindruck, dass du auf uns ein Wertesystem überträgst, das für eine Gesellschaft gilt, die wesentlich komplizierter ist als unsere hier”, sagte er lächelnd. “Ist das so, Miranda?”
Wollte er damit andeuten, dass Reichtum und Macht in ihrem Leben hier, in ihren persönlichen Beziehungen keinen so hohen Stellenwert hatte? “Du kannst wohl kaum behaupten, der Name der Kings hätte in den Kimberleys kein besonderes Gewicht”, antwortete sie skeptisch.
Seine blauen Augen funkelten spöttisch. “Oh ja, er besitzt das Gewicht des Überlebens … was hier am meisten geschätzt wird.”
“Das ist wahr”, bekräftigte seine Mutter. “Die Kings, die Connellys und auch meine Familie … wir alle sind Überlebenskünstler. Es braucht schon einen besonderen Typ Menschen – ich nenne sie solche mit Mumm –, um in den Kimberleys zu bestehen, in guten wie in schlechten Zeiten. Hier wird einem kein roter Teppich ausgerollt, Miranda. Wenn ich geglaubt hätte, dass Sie einen solchen erwarten würden, hätte ich Sie nicht für ‘King’s Eden’ eingestellt.”
“Ich verstehe”, sagte sie leise und atmete erleichtert auf. Elizabeth King betrachtete sie also nicht als eine Außenseiterin, sondern als jemand, der sogar die nötigen Qualitäten besaß, um einmal dazuzugehören. “Ich nehme das als Kompliment.”
“Und ich möchte noch hinzufügen, dass nichts von dem, was wir jetzt haben, überleben wird, wenn es keine nächste Generation von Kings mehr gibt.” Elizabeth warf ihren Söhnen einen bezeichnenden Blick zu. “Was wird all eure Arbeit und Mühe dann noch wert sein?”
“He, so alt sind wir doch noch nicht”, protestierte Tommy spaßhaft.
“Die Zeit bleibt nicht stehen”, warnte ihn seine Mutter. “Die Menschen bilden sich immer ein, noch
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